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USA: Michelle Obama als Alternative für Joe Biden ist "realitätsfern"

President Joe Biden walks out to speak at the Abbots Creek Community Center in Raleigh, N.C., Thursday, Jan. 18, 2024. Biden is visiting North Carolina to highlight $82 million in new spending to conn ...
Mit 81 Jahren will es Joe Biden nochmal wissen und nimmt es höchstwahrscheinlich erneut mit Ex-Präsident Donald Trump auf. Bild: AP / Manuel Balce Ceneta
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Warum Biden keine "lahme Ente" sein will und Michelle Obama ihn nicht ablöst

26.02.2024, 19:31
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Ein Rennen der Greise. So empfinden wohl viele Menschen das mögliche Duell um die Präsidentschaft in den USA im November. Die Zeichen deuten darauf hin, dass erneut Joe Biden und Donald Trump in den Ring steigen werden.

Allerdings entfacht das Alter der Kandidaten eine hitzige Diskussion in den USA – aber wohl auch weltweit: Sind die beiden Männer mental und körperlich fit für den stressigen Wahlkampf und das noch kräftezehrendere Amt des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika?

Darum will Biden eine zweite Runde als Präsident der USA

Mit 81 und 77 Jahren ziehen sich viele Menschen zurück – ein so anspruchsvoller Job wie den Posten des US-Präsidenten könnten sich wohl viele in diesem hohen Alter nicht vorstellen. Überstunden, wenig Schlaf, viele Reisen, Entscheidungen treffen, welche die ganze Welt beeinflussen könnten. Gerade jetzt in Zeiten der Krisen und Kriege lastet eine große Verantwortung auf den Schultern des Führers "der freien Welt".

Expertenstimmen warnen vor Trump, der zu einer Gefahr der Demokratie in den USA und in der Welt werden könnte. Und genau das sei wohl auch der Antrieb von Biden, trotz seines Alters erneut anzutreten, meint Thomas Greven auf watson-Anfrage. Er ist Privatdozent für Politikwissenschaft am Kennedy-Institut der FU Berlin.

Greve sagt, Biden sei überzeugt, dass er Trump erneut schlagen könnte wie bereits 2020 – wenn auch nur äußerst knapp. "Biden hält sich für die beste Wahl. Wohl auch deshalb, weil mit ihm als Amtsinhaber sich die Demokraten nicht gegenseitig bekämpfen müssen", führt er aus.

Viele fragen sich dennoch: Gibt es denn wirklich keine Alternative zu Biden bei den Demokraten?

Harris, Newsom und Whitmer – Nachfolger für Biden gibt es wohl genug

"Wenn Biden zurücktreten würde, gäbe es viele glaubwürdige Kandidaten, die ihn ersetzen könnten", meint Politikwissenschaftler Paul Quirk auf watson-Anfrage. Er forscht und lehrt an der kanadischen Universität British Columbia mit Fokus auf die US-Politik.

Laut Quirk wären Vize-Präsidentin Kamala Harris und Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom gute Optionen, aber auch mehrere von Bidens Konkurrent:innen um die Nominierung für 2020 könnten wieder auftauchen. Als Beispiel nennt er die Demokraten Pete Buttigieg und Elizabeth Warren.

19.06.2023, USA, Moffett Federal Airfield: Joe Biden (r), Präsident der USA, spricht mit Gavin Newsom, Gouverneur von Kalifornien, bei seiner Ankunft auf dem Moffett Federal Airfield. Biden verstärkt  ...
Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom (l.) könnte Joe Biden ablösen.Bild: AP / Susan Walsh

Greven fügt aber an: Bei den Demokraten gebe es nicht den einen offensichtlichen Kronprinzen oder die eine offensichtliche Kronprinzessin. Biden möchte mit seiner Kandidatur demnach wohl auch einen Machtkampf innerhalb seiner Partei vermeiden.

Laut ihm wird Harris mutmaßlich loyal bleiben; ihre besten Aussichten, Präsidentin zu werden, bestehen darin, als Vize gewählt zu werden und Biden während seiner zweiten Amtszeit abzulösen. Greven zufolge sind Gavin Newsom oder Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer die "rising stars"; werden Biden aber auch nicht herausfordern.

Michigan Gov. Gretchen Whitmer delivers her State of the State address to a joint session of the House and Senate, Wednesday, Jan. 24, 2024, at the state Capitol in Lansing, Mich. (AP Photo/Al Goldis)
Michigans Gouverneurin Gretchen Whitmer gehört zu den "rising stars" bei den Demokraten.Bild: AP / Al Goldis

"Biden müsste schon selbst aufgeben und das wird er wohl nicht tun", meint der USA-Experte. Hier sei sicherlich auch sein "big ego" im Spiel.

Aber: Biden hätte wohl das Feld für andere überlassen, wäre Trump nicht als republikanischer Kandidat angetreten, vermutet Greven. Denn auch Trump leide unter Alterserscheinungen und ist bei einem großen Teil der US-Bevölkerung äußerst unbeliebt. "Aus Bidens Sicht läuft es auf ein 'lesser of two evils'-Szenario hinaus, und das kann er gewinnen", meint Greven.

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Dennoch häufen sich Gerüchte, dass die Demokraten angeblich einen Plot gegen Biden planen, um ihn doch noch als Kandidaten abzusägen.

86 Prozent der US-Amerikaner finden Biden zu alt

Laut einer Umfrage des US-Senders ABC im Februar sind die meisten US-Amerikaner:innen (86 Prozent) der Meinung, dass Biden zu alt für eine weitere Amtszeit als Präsident ist. Weiteres Öl goss auch ein Bericht ins Feuer. Dieser beschreibt das Gedächtnis des 81-Jährigen als "verschwommen", "unscharf" und mit "erheblichen Einschränkungen". Ein vernichtendes Urteil, das Biden abstreitet. Laut ihm funktioniert sein Gedächtnis wunderbar.

Allerdings häufen sich seine Auftritte als US-Präsident, bei denen er desorientiert wirkt, Fakten und Namen vertauscht oder vor der Weltöffentlichkeit stolpert. Laut Quirk halten die Demokraten dennoch an Biden fest.

Denn: Ein "Biden-Putsch" sei heimlich gar nicht planbar.

President Joe Biden falls on stage during the 2023 United States Air Force Academy Graduation Ceremony at Falcon Stadium, Thursday, June 1, 2023, at the United States Air Force Academy in Colorado Spr ...
US-Präsident Joe Bidens Stürze in der Öffentlichkeit sind ein gefundenes Fressen für die Republikaner. Bild: AP / Andrew Harnik

Demokraten wollen und können Biden nicht "austauschen"

"Es gibt keine Gruppe von Demokraten, die klein genug ist, um heimlich zu planen, und doch groß genug, um die Nominierung Bidens zu verweigern", sagt der Kanadier. Am Ende werden die Wählerstimmen in den Vorwahlen entscheidend sein.

Einstweilen halten die Demokraten laut Greven den Kurs. "In den bisherigen Vorwahlen habe Biden gut abgeschnitten. Seiner Meinung nach gibt es keine aussichtsreichen Gegenkandidat:innen. Sollte Biden aus gesundheitlichen Gründen doch zurücktreten müssen, wäre Harris die einzige denkbare Alternative, meint US-Experte Andrew Denison auf watson-Anfrage.

"Von allen Demokraten verfügt sie als einzige nicht nur über eine regionale, sondern auch über eine nationale Basis, vor allem wenn es um die entscheidenden politischen Streitfragen Frauenrechte und Abtreibung geht", führt der Direktor des Transatlantic Networks aus.

Denison betont, dass die Gerüchte, die Demokraten könnten Biden fallen lassen, nicht der politischen Realität entsprechen. "Sie ignorieren die Sachzwänge, die einen Präsidenten zwingen, eine zweite Amtszeit anzustreben; die eine Partei zwingen, ihren Mann im Weißen Haus zu unterstützen", sagt er.

Außerdem: Würde Biden jetzt auf eine Wiederwahl verzichten, wäre er laut Denison eine "lahme Ente". Sprich, ohne Einfluss, ohne politische Freunde, weil sie ihre Aufmerksamkeit dem oder der neuen Kandidat:in zuwenden würden.

Als Alternative rückt auch immer wieder ein anderer bekannter Name in den Fokus: die ehemalige First Lady Michelle Obama.

Michelle Obama for president? Das sei "realitätsfern"

Es heißt, Michelle könnte für die Demokraten kurzfristig ins Rennen gehen. Von diesem Gerücht halten die Experten aber so gar nichts. Laut Denison streuen seit Langem und immer wieder die Rechten in den USA dieses Gerücht. "Sie glauben, dass eine Kandidatur von Michelle Obama ihre Anhänger mobilisieren würde. Aber Michelle Obama hasst Politik, und jeder, der ihre Autobiografie gelesen hat, weiß, wie realitätsfern eine Kandidatur von ihr ist", sagt der US-Amerikaner.

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Auch Quirk und Greven sehen keine Anzeichen dafür, dass Michelle in die Politik einsteigen werde. Laut Greven klingt der Gedanke zunächst gut, weil sie beliebt ist. "Aber sie ist auch deshalb beliebt, weil sie nicht im Feuer der politischen Auseinandersetzung steht. Da wird sie meiner Meinung nach auch bleiben", sagt er.

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