Was ist los bei den Amis? Die älteste Demokratie der Welt kränkelt und bereitet so einigen Menschen Sorgenfalten. Seit 2016 hält ein Mann das Land auf Trab, er hat es verändert – tiefgreifend. Donald Trump ist es gelungen, die Vereinigten Staaten zu spalten.
Mit seiner Maga-Bewegung hat er einen Kult errichtet, die Menschen folgen ihm bedingungslos. Maga steht für Trumps bekannten Wahlspruch "Make America Great Again". Expert:innen zufolge spielen ihm hier vor allem die christlichen Nationalist:innen den Ball zu. Ihr Ziel: Die Errichtung einer christlichen Nation, basierend auf den Gesetzen der Bibel.
Damit handelt es sich laut des US-Soziologen Philip Gorski von der Universität Yale um eine anti-demokratische Bewegung, die sich gegen den Pluralismus und die Gleichheit richtet. In Trump sehen sie ihren "Führer", den US-Medien und Historiker:innen mit Adolf Hitler und Benito Mussolini vergleichen.
Laut US-Expert:innen ist es etwa Trumps Sprache, die ihm den Stempel eines Faschisten verpasst.
Trump nennt seine politischen Gegner "Ungeziefer", das es "auszurotten" gilt. Migrant:innen würden das "Blut des Landes vergiften". "Hier handelt es sich um Echos einer faschistischen Rhetorik, und sie sind sehr präzise", sagt Ruth Ben-Ghiat, Professorin an der New York University, gegenüber der "New York Times". Ihr Fachgebiet: Faschismus.
Sie führt aus:
Und dennoch schafft es Trump erneut, seine Anhänger:innen zu mobilisieren. Die republikanische Partei schickt ihn höchstwahrscheinlich wieder in den Ring, zum Kampf ums Weiße Haus gegen Joe Biden. Falls er das Duell gewinnen sollte, drohen der Demokratie in den USA wohl düstere Tage.
"Dabei deutet vieles darauf hin, dass Trump und die Maga-Republikaner nach dem 'Playbook' des ungarischen Premiers Viktor Orbán vorgehen wollen", sagt Thomas Greven auf watson-Anfrage. Er ist Privatdozent für Politikwissenschaft am Kennedy-Institut der FU Berlin. Dazu zählt unter anderem laut ihm:
"Die US-amerikanische Demokratie, die ohnehin große demokratische Defizite aufweist, und der Rechtsstaat sind extrem gefährdet", warnt Greven. Allerdings sei im US-amerikanischen Föderalismus und angesichts der langen pluralistischen Demokratiegeschichte die Resilienz der USA größer als die Ungarns. "Insbesondere die Hochburgen der Demokraten werden sich wehren", meint er. Auch die US-Verfassung wird Trump wohl im Weg stehen.
Trump behaupte und verlange etwa unbeschränkte Macht des Präsidentenamts. Das gebe die Verfassung aber nicht her, meint Greven. "Auch verlangt Trump absolute persönliche Loyalität. Er spielt sich als Verkörperung des wahren Volkswillens auf", führt der USA-Experte aus. Laut ihm ist der Ex-Präsident bereit, Gewalt anzuwenden, um an die Macht zu gelangen, diese zu bewahren, und um sich zu rächen.
Allerdings rät Greven davon ab, die Debatte über den Faschismus-Begriff auf einer wissenschaftlich-definitorischen Ebene zu führen – also anhand der Frage, ob Trump und die Maga-Bewegung genug Ähnlichkeiten mit dem historischen Faschismus aufweisen, um als dessen Wiedergänger gelten zu können.
Laut Greven ist die Debatte eine politische. Er meint: Trump ist ein Möchtegern-Autokrat. Die Maga-Bewegung folgt einem ihm weitgehend hörigen Personenkult. Die Vorstellung des Staatsvolks ist zunehmend "ethnisiert und religiös". Sprich, "nur weiße Christen können richtige Amerikaner sein". Greven zufolge reicht das, um Trump und Maga politisch einzuordnen, und man kann das durchaus faschistisch nennen.
Dennoch planen viele US-Amerikaner:innen, erneut für Trump zu stimmen und damit für seinen autokratischen Führungsstil. Wie kann das sein, im Land der Freiheit?
Laut des britischen Kolumnisten Simon Tisdall vom "Guardian" hat sich die Demokratie für viele US-Bürger:innen nicht bewährt. So jedenfalls würden sie es kommunizieren. Dazu tauchten sie in die Lügen Trumps ein, ohne seine Worte zu hinterfragen. Tisdall zufolge nehmen sie Trump ab, er wäre ein Opfer falscher Verleumdungen, die von Gegner:innen des "deep states" erfunden wurden. Die "woken" Demokraten hätten Angst vor Trumps rechtschaffenen Kreuzzug zur Rettung US-Amerikas vor sich selbst.
Manche US-Amerikaner:innen sehen ihn als Gesandten Gottes. Nur er könne das Land noch retten und sich an den "Verrätern" rächen.
Tisdall hat dazu ein passendes Zitat von Trump:
Laut Tisdall ist das eine klassische, kultische Verschwörung der Unwahrheit, die bereits Autokraten wie Stalin, Mao oder Ludwig XIV. beherrschten. "Wie sie strebt Trump nach absoluter Herrschaft", schreibt er.
Auch Biden warnt immer wieder davor, dass Trump eine Gefahr für die Demokratie darstellt.
Noch habe er damit aber keinen Erfolg, meint Greven. Dennoch: Bidens berechtigte Hoffnung sei, dass sich die US-Amerikaner:innen im Angesicht der Frage, wer das "geringere Übel" ist, am Ende doch für ihn entscheiden. Dazu halte er Greven zufolge an der Aussicht fest, dass die Menschen im Land bis zur Wahl im November auch die Resultate seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik zu schätzen lernen.
Auf jeden Fall muss Biden einiges aufholen. In den aktuellen Umfragen des US-Senders NBC führt Trump mit 47 Prozent, Biden kommt auf 42 Prozent. Blickt man auf die Umfragen in den vergangenen Monaten fällt Biden zurück, während Trumps Ergebnisse weitgehend konstant bleiben. So lag Biden im Juli 2023 mit 49 Prozent noch vor Trump (45 Prozent).