Rafael ist 24 Jahre alt und Russe. Vor sechs Monaten ist er aus seinem Land ausgewandert. Er lebt heute in der polnischen Hauptstadt Warschau, weil er die Politik in Russland nicht mehr aushielt, es für ihn – so sagt er – nicht mehr sicher in seinem Heimatland war.
Bei einer Friedensdemonstration am Montag in Warschau setzte er ein Zeichen: Er verbrannte seinen russischen Pass.
Das passiert gerade weltweit: Russische Staatsbürger wollen nicht mehr dazugehören. Um Solidarität mit der Ukraine zu zeigen, verbrennen sie ihre Pässe.
Hier erzählt Rafael seine Geschichte:
"Ich ging zu dieser Demonstration, weil ich nicht zu Hause bleiben konnte. Ich wusste, dass die Menschen, die Ukrainer, bei dieser Kundgebung meine Unterstützung brauchten. Also packte ich den Pass ein, der meine russische Staatsbürgerschaft bestätigt. Und ich beschloss, ihn zu verbrennen.
Ich wollte, dass jeder Ukrainer das sehen kann. Dass jeder Russe sehen kann, wie ein solches Signal den Geist der Ukraine hebt – und ich wollte sie alle zum Nachdenken anregen.
Ich lebe in Polen, in diesem wunderschönen Land. Ich liebe die Stadt Warschau. Seit sechs Monaten lebe ich hier, denn mir wurde klar, dass Russland keine Zukunft hat.
Ich habe also beschlossen, mir ein neues Zuhause zu suchen. Ohne, dass ich einen Fulltime-Job hätte oder so, ich arbeite gerade nur in einem Nebenjob.
Ich werde nie nach Russland zurückkehren. Das Land ist ein Aggressor-Land. Dort ist es nie sicher!
Dass ich meinen Pass verbrannt habe, war ein Signal. Und die Bedeutung des Signals war, die Leute zum Nachdenken zu bringen. Klar, die russischen Behörden mögen solche Massenverbrennungen von Pässen nicht. Und gleichzeitig wird das auch ein Problem für mich. Auch in Polen beginnen die Leute, die Russen auszugrenzen. Aber im Moment weiß ich einfach nicht, was ich mit diesen Dokumenten machen soll: Gestern weigerte man sich zum Beispiel, es mir zu ermöglichen, ein Bankkonto zu eröffnen.
Die Menschen waren schockiert, meine ukrainischen Freunde freuten sich und so stärkte ich ihre Geisteskraft, viele unterstützten mich.
Aber ich bekam auch viel Hass ab."
Hinter jeder Katastrophe stecken eigene Geschichten. Wir lassen sie von denen erzählen, die sie erleben.