Nach dem schweren Anschlag in
Straßburg jagt die Polizei in Frankreich und Deutschland den Attentäter.
Diese Fragen sind noch unbeantwortet:
Wohin verschwand der Straßburg-Attentäter?
Hatte er Komplizen?
Wie konnte er so schnell verschwinden, obwohl er mindestens einmal angeschossen worden sein soll?
Warum wählte er ausgerechnet den Weihnachtsmarkt für den Anschlag?
Wer rief ihn unmittelbar nach der Tat aus Deutschland an?
Warum lief ein Täter, der 27 Mal verurteilt und mehr als 60 Mal erkennungsdienstlich behandelt wurde, so lange frei herum?
Was wir über den Fall schon wissen:
Der polizeibekannte Gefährder Chérif Chekatt war am
Dienstagabend auf der Flucht vor der Polizei von Soldaten verletzt
worden und schließlich spurlos verschwunden.
"Der Terrorismus hat erneut unser Gebiet getroffen."
Rémy Heitz, Pariser Antiterror-Staatsanwalt
Zeugen hätten den Angreifer
"Allahu Akbar" (Allah ist groß) rufen hören, hieß es. Der Täter entkam mit einem Taxi, ließ sich vom Taxifahrer etwa
zehn Minuten herumfahren und stieg dann aus, berichtete der fanzösische Anti-Terror-Staatsanwalt. Mit
einem Großaufgebot hatten Beamten in und um die elsässische Metropole
und an der nahe gelegenen Grenze zu Deutschland versucht, den
Angreifer zu stoppen – ohne Erfolg. Chérif Chekatt blieb auch am
Mittwoch verschwunden.
Frankreichs Innenminister Castaner un der Antiterror-Staatsanwalt Heitz besichtigen den Tatort.Bild: reuters
Die französische Polizei veröffentlichte ein Fahndungsfoto des
Attentäters samt Täterbeschreibung. Auch süddeutsche
Bundespolizei-Stationen, das Bundeskriminalamt und die Schweizer
Bundespolizei verbreiteten am Mittwochabend auf Twitter den Aufruf
der Police National. Die Polizei sucht Zeugen.
In dem Aufruf heißt es: "Der Mann ist gefährlich, bitte nicht
selbst eingreifen". Der Gesuchte sei 29 Jahre alt, 1,80 Meter groß,
habe kurze Haare, sei vielleicht Bartträger und habe eine Narbe auf
der Stirn. Der mehrfach vorbestrafte Angreifer soll sich im Gefängnis
radikalisiert haben. Der gebürtige Straßburger saß wegen schweren Diebstahls auch in Deutschland in Haft.
Der Verdächtige ist möglicherweise in Deutschland
Schwer bewaffnete Einheiten sichern die Europabrücke zwischen Straßburg und Kehl. Dass Chekatt sich nach Deutschland abgesetzt hat, ist möglich.Bild: reuters
Die Chance besteht auf jeden Fall. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl hatte zwar am Mittwoch verkündet, außer der Haft und der in Deutschland verübten Verbrechen bestünde kein Kontakt nach Deutschland. Das stimmt jedoch so offenbar nicht. Das RBB-Inforadio berichtete unter Berufung auf Sicherheitskreise, Chekatt sei unmittelbar vor der Tat aus Deutschland angerufen worden. Er habe den Anruf jedoch nicht angenommen. Unklar sei, wer ihn angerufen habe und warum. Dieser Frage gehen deutsche Ermittler nun intensiv nach, wie der Sender weiter berichtete.
Was weiß man über Chekatts Zeit in Deutschland?
Der deutschen Justiz ist Chekatt gut bekannt – nach Angaben des Innenministeriums in Stuttgart war er in Baden-Württemberg 2016 wegen zweifachen Einbruchdiebstahls zu zwei Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Ein Jahr später wurde er nach Frankreich abgeschoben und erhielt ein Einreiseverbot für Deutschland. Insgesamt wurde der Mann nach Angaben der französischen Justizbehörden 27 Mal wegen Einbrüchen und ähnlicher Straftaten verurteilt – in Frankreich, Deutschland und der Schweiz.
Und die Bundespolizei Baden-Württemberg twitterte am Abend: "Unsere
Einsatzmaßnahmen nach der Attacke in #Straßburg werden auch über die
Nacht andauern." Das Innenministerium in Paris schloss nicht aus,
dass der Täter nach Deutschland geflüchtet sein könnte. Gesucht werde
auch der Bruder des Attentäters. Die Schweizer Bundespolizei schrieb
per Twitter, die nördliche Grenze werde stärker kontrolliert.
Straßburg will zur Normalität zurückkehren
Der Weihnachtsmarkt blieb am Mittwoch nach dem Anschlag geschlossen. Am Donnerstag soll er wieder öffnen.Bild: reuters
Unklar ist, ob der Angreifer sich noch in der Elsass-Metropole
aufhält. Daher bleibt auch der Weihnachtsmarkt am Donnerstag noch
geschlossen. Der örtliche Präfekt habe festgestellt, dass die
Sicherheitsbedingungen bisher nicht erfüllt seien, denn der
Tatverdächtige sei noch nicht gefasst. Das sagte Straßburgs
Bürgermeister Roland Ries im Nachrichtensender BFMTV.
Das kulturelle Leben mit Konzerten und anderen Veranstaltungen
solle – soweit wie möglich – wieder anlaufen. Der Weihnachtsmarkt,
eine bekannte Touristenattraktion, war bereits am Mittwoch
geschlossen.
Frankreich verstärkt Sicherheitsvorkehrungen
Die französische Regierung verstärkt außerdem die Soldaten im
Anti-Terror-Einsatz – rund 1300 weitere Soldaten sollen sich in den
kommenden Tagen der sogenannten Operation Sentinelle (Wache)
anschließen, wie Premierminister Édouard Philippe am Mittwochabend
ankündigte. Dabei handelt es sich um eine Einsatztruppe, die nach dem
islamistischen Anschlag auf das Satiremagazin "Charlie Hebdo" im
Januar 2015 ihre Arbeit aufnahm.
Experte rechnet mit weiteren Anschlägen
Der deutsche Terrorismusexperte Peter Neumann warnte vor der
Gefahr weiterer Anschläge auch in anderen Ländern. "Auf einen
Anschlag folgt oft ein ähnlicher Anschlag. Das liegt daran, dass eine
Tat andere dschihadistische Trittbrettfahrer inspiriert", sagte er
der "Neuen Osnabrücker Zeitung".
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