Wie Theresa May sich durch die Brexit-Machtprobe im Parlament gewuselt hat
Die Furcht vor einer Niederlage war groß. Doch der ist die britische Premierministerin Theresa May im Streit um den Brexit-Kurs des Landes im Parlament diese Woche entgangen. Zwei Tage dauerte die Debatte über Änderungen des Oberhauses am EU-Austrittsgesetzes. Sie endete am Mittwoch schließlich ohne eine größere Schlappe für die Regierung.
Das ergaben die Abstimmungen:
- Die Abgeordneten lehnten Zusätze ab, die eine Mitgliedschaft Großbritanniens in der Zollunion mit der EU vorsahen.
- Sie lehnten ebenfalls Pläne ab, das Land im europäischen Binnenmarkt zu halten.
- Die Abstimmung über eine Zollunion mit der EU fiel mit 298 zu 325 Gegenstimmen äußerst knapp aus.
Was die Debatte gezeigt hat:
- May kann dennoch nicht in jedem Fall auf eine Mehrheit für ihren Brexit-Kurs setzen.
- Medien berichteten, dass etwa 14 Abgeordnete ihrer konservativen Fraktion für eine Mitgliedschaft des Landes im Binnenmarkt stimmten – theoretisch genug, um die Regierung gemeinsam mit der Opposition zu besiegen (die ist aber zerstritten).
- Berichten zufolge stimmten 75 Labour-Abgeordnete für den Binnenmarkt, 15 dagegen. Obwohl Labour-Chef Jeremy Corbyn seine Fraktion zur Enthaltung aufgerufen hatte.
May regiert seit der vorgezogenen Parlamentswahl im vergangenen Jahr mit hauchdünner Mehrheit.
Mays Ausgangsposition in der Debatte:
May hatte mit einer entschärften Version des Gesetzestextes zumindest ein "Zollabkommen" mit der EU in Aussicht gestellt und so die proeuropäischen Rebellen vorerst besänftigt.
Bereits am Dienstag war May nur haarscharf einer Niederlage gegen die Opposition und EU-freundliche Rebellen aus ihrer Konservativen Partei entgangen. Hintergrund war die Frage, ob das Parlament die Regierung an den Verhandlungstisch zurückschicken kann, sollte das Brexit-Abkommen bei den Abgeordneten durchfallen oder kein Abkommen zustande kommen.
Berichten zufolge machte May den Rebellen in ihrer Partei im letzten Moment große Zugeständnisse. Tags darauf säte sie jedoch Zweifel daran, wie weitgehend die Konzessionen waren. "Die Hände der Regierung in Verhandlungen können nicht vom Parlament gebunden werden, aber wir müssen dem Parlament Rechenschaft ablegen", sagte sie.
Das EU-Austrittsgesetz ist das Herzstück der Brexit-Gesetzgebung. Mit dem Gesetz soll die Geltung von EU-Recht in Großbritannien beendet werden. Gleichzeitig sollen alle EU-Bestimmungen in nationales Recht übertragen werden, damit am Brexit-Tag kein Chaos entsteht.
Der Gesetzentwurf geht derzeit im sogenannten Ping-Pong-Verfahren so lange zwischen Oberhaus und Unterhaus hin und her, bis sich beide Häuser über den genauen Wortlaut einig sind. Bereits am Montag nächster Woche soll der Gesetzentwurf wieder im Oberhaus bei den Lords liegen. Das Ringen um den richtigen Brexit-Kurs ist noch lange nicht zu Ende.
(sg/dpa)