Fast vier Monate sind seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine vergangen. Militärexperten warnen vor einem Abnutzungskrieg, dessen Ende nicht absehbar ist.
Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg und der britische Premierminister Boris Johnson haben an die Verbündeten der Ukraine appelliert, in der Unterstützung des Landes gegen den russischen Angriffskrieg nicht nachzulassen. In einem Gastbeitrag für die Zeitung "The Sunday Times" schrieb Johnson, Kiews Unterstützer müssten sicherstellen, dass die Ukraine "die strategische Ausdauer hat, um zu überleben und schließlich zu gewinnen". Stoltenberg sagte der "Bild am Sonntag", der Krieg könnte "Jahre dauern".
"Wir dürfen nicht nachlassen, die Ukraine zu unterstützen", sagte Stoltenberg weiter. Steigende Energie- und Lebensmittelpreise infolge des russischen Angriffskriegs seien "kein Vergleich zu dem Preis, den die Ukrainer jeden Tag mit vielen Menschenleben zahlen müssen". Sollte der russische Präsident Wladimir Putin aus dem Krieg "die Lehre ziehen, dass er einfach so weitermachen könne, wie nach dem Georgien-Krieg 2008 und der Besetzung der Krim 2014", dann bezahlten die Nato-Staaten "einen viel höheren Preis". Stoltenberg betonte allerdings auch, dass das westliche Verteidigungsbündnis nicht in die Kämpfe eingreifen werde. "Wir helfen dem Land, aber wir werden keine Nato-Soldaten in die Ukraine senden", sagte er.
Der britische Premier Johnson schrieb in seinem am späten Samstagabend online veröffentlichten Artikel, Zeit sei "jetzt der entscheidende Faktor". Alles werde jetzt davon abhängen, "ob die Ukraine ihre Verteidigungsfähigkeit schneller stärkt, als Russland seine Angriffsfähigkeit erneuert". Aufgabe der Verbündeten sei es, "dafür zu sorgen, dass die Zeit für die Ukraine spielt".
Nach der Rückkehr von seiner Reise in den Süden Landes hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj den bedrohten Regionen dort Schutz versprochen und die Rückeroberung der bereits von russischen Truppen besetzten Gebiete angekündigt. "Wir werden niemandem den Süden abgeben. Alles, was uns gehört, holen wir zurück", sagte Selenskyj in einer Videoansprache in der Nacht zum Sonntag. Die Ukraine werde dabei auch den sicheren Zugang zum Meer wiederherstellen, versicherte er.
In den Ukrainern stecke mehr Lebenswille als Russland Raketen habe, sagte Selenskyj. Die Ukraine werde alles tun, um die Lebensmittelexporte über die Häfen wieder aufzunehmen, sobald dies mit internationaler Hilfe sicher zu bewerkstelligen sei.
Die russische Armee hat Geländegewinne in der Nähe des schwer umkämpften Verwaltungszentrums Sjewjerodonezk erzielt, die einstige Großstadt selbst aber weiterhin nicht einnehmen können. "Durch den Beschuss und Sturm hat der Feind in der Ortschaft Metjolkine einen Teilerfolg erzielt und versucht sich dort festzusetzen", teilte der ukrainische Generalstab in seinem Lagebericht am Samstagabend mit. Metjolkine liegt südöstlich von Sjewjerodonezk.
Der tschetschenische Machthaber Ramsan Kadyrow hatte zuvor erklärt, die russischen Kräfte hätten die Ortschaft eingenommen. In der russischen Streitmacht in der Ukraine kämpfen Tausende Tschetschenen.
Die Kämpfe um Sjewjerodonezk selbst halten nach ukrainischen Angaben weiter an. Demnach beschießen die russischen Truppen das Verwaltungszentrum des Gebiets Luhansk im Osten der Ukraine mit schwerer Artillerie. Ein versuchter Sturm der ukrainischen Stellungen im Industriegebiet der Stadt sei aber gescheitert. Auch in Syrotyne, einem Dorf westlich von Metjolkine, blieben die russischen Sturmversuche erfolglos.
An anderen Frontabschnitten waren vor allem schwere Waffen im Einsatz, meist ohne den Versuch einer Bodenoffensive. So wurde die Ortschaft Berestowe im Raum Bachmut westlich von Sjewjerodonezk von Luftangriffen getroffen. In Richtung Awdijiwka, Nowopawliwka und Saporischschja übten die Russen ständigen Artilleriebeschuss aus, um eine Umgruppierung der ukrainischen Kräfte zu verhindern.
Russische Truppen setzten zudem auch im Gebiet Charkiw gegen eine Reihe von Ortschaften Artillerie ein. In Richtung Slowjansk versuche der Feind durch den Einsatz schwerer Waffen günstige Voraussetzungen für eine Offensive zu schaffen, heißt es in dem Lagebericht. Gleichzeitig betonte die ukrainische Militärführung, dass russische Versuche, gewaltsame Aufklärung im Gebiet Krasnopillja zu betreiben, mit hohen Verlusten für die Angreifer endete. Der russische Vormarsch auf den Raum Slowjansk - Kramatorsk, in dem das Hauptquartier der ukrainischen Streitkräfte im Donbass liegt, stockt damit weiterhin.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat offiziellen Angaben nach eine weitere Frontregion besucht - Mykolajiw im Süden des Landes. Auf einem am Samstag erschienenen Video in seinem Telegram-Kanal ist zu sehen, wie Selenskyj Ruinen in der Stadt in Augenschein nimmt und nach einer Lagebesprechung Orden verteilt.
Er habe an einem Treffen zu wichtigen Themen in der Region teilgenommen. "Wir haben den Zustand der Wirtschaft, die Wiederherstellung der Wasserversorgung und die Situation in der Landwirtschaft besprochen. Besonderes Augenmerk wurde auf Bedrohungen von Land und Meer gelegt", heißt es in der Beschreibung des Videos.
Unter anderem ist zu sehen, wie Selenskyj den Militärgouverneur des Gebiets Mykolajiw, Witali Kim, und den Bürgermeister Olexander Senkewitsch mit Orden auszeichnet. Kurz nach Kriegsbeginn hatten russische Truppen bei Cherson den Fluss Dnipro überschritten. In der Zeit schien auch das benachbarte Mykolajiw kurz vor dem Fall. Doch die ukrainischen Truppen konnten den russischen Vormarsch stoppen und teilweise sogar zurückdrängen. Derzeit laufen die Kämpfe entlang der Gebietsgrenzen zwischen Cherson und Mykolajiw.
Zivilisten in der schwer umkämpften ukrainischen Stadt Sjewjerodonezk müssen nach Einschätzung britischer Geheimdienstexperten sehr schwierige Abwägungen treffen. Einerseits gebe es angesichts zerstörter Brücken außer den von Russland und seinen Verbündeten einseitig ausgegebenen humanitären Korridoren kaum Wege, um aus der Stadt zu kommen. Andererseits habe Moskau schon in früheren Fällen in der Ukraine und auch in Syrien solche Korridore als Mittel missbraucht, um sich Vorteile auf dem Schlachtfeld zu verschaffen und Menschen zwangsweise umzusiedeln, hieß es in einer Mitteilung des britischen Verteidigungsministeriums am Samstag.
Russlands vorgeschlagene Route würde die Menschen in Richtung des Orts Swatowe führen, weiter in das von Russland besetzte Gebiet, so die britischen Experten. Sie warnten jedoch: "Wenn eingeschlossene Zivilisten das Angebot ablehnen, durch einen Korridor hinauszugehen, wird Russland das wahrscheinlich als Rechtfertigung nehmen, um weniger Unterschied zwischen ihnen und irgendwelchen militärischen ukrainischen Zielen zu machen."
Nach Einschätzung der Briten haben russische Truppen in den vergangenen 48 Stunden erneut versucht, südlich von Isjum vorzustoßen, um den Kessel von Sjewjerodonezk vom Norden her einzukreisen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat der Ukraine weitere Hilfen im Kampf gegen Russland zugesichert. Der SPD-Politiker sagte in einer am Samstag erstmals veröffentlichten Videobotschaft: "Wir werden weiter finanzielle Mittel zur Verfügung stellen. Wir werden beim Wiederaufbau helfen. Wir werden weiter Waffen liefern, die dringend notwendig sind für die Verteidigung der Unabhängigkeit der Ukraine."
Unter dem Namen "Kanzler kompakt" soll laut Bundesregierung künftig wöchentlich ein Video von Scholz zu einem zentralen Thema erscheinen - auch seine Vorgängerin Angela Merkel (CDU) hatte immer samstags eine Videobotschaft veröffentlicht.
Scholz betonte, Russland habe die Ukraine überfallen. Viele Menschen seien schon gestorben, viele Häuser, viele Städte und Dörfer seien zerstört. "Ich habe mich jetzt in Polen zusammen mit dem italienischen Ministerpräsidenten (Mario) Draghi und dem französischen Präsidenten (Emmanuel) Macron in einen Zug gesetzt und bin nach Kiew gefahren. Wir haben uns in der Nähe von Kiew die Zerstörung in Irpin angeschaut. Furchtbar." Scholz war am Donnerstag in Kiew.
Der Kanzler sagte, es gehe nun darum, die Solidarität auch mit einer Perspektive zu verbinden. "Denn viele kämpfen in der Ukraine für Freiheit und Demokratie, sie wollen wissen, dass das nach Europa führt." Ein EU-Beitrittskandidatenstatus sei notwendig für die Ukraine. "Darüber werden wir nun in Brüssel sprechen. Am Donnerstag schon. Und versuchen, 27 Mal ein "Ja" zu bekommen, zu einem konkreten Beschluss, einem gemeinsamen Beschluss der Europäischen Union, die diese Perspektive auch eröffnet."
Der Kanzler hatte sich bei seinem Besuch in Kiew dafür ausgesprochen, dass die Ukraine Beitrittskandidat wird. Am Freitag zeigte sich Scholz in einem auf Englisch geführten TV-Interview der Deutschen Presse-Agentur zuversichtlich, dass die EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Position zum Beitrittsgesuch der Ukraine finden werden.
Der ukrainische Chefunterhändler David Arachamija will erst Ende August nach der Durchführung von Gegenangriffen die Friedensverhandlungen mit Moskau wieder aufnehmen. Ende August werde die Ukraine eine bessere Verhandlungsposition haben, sagte er in einem am Samstag erschienenen Interview mit dem Sender Voice of America. "Ich denke, wir werden eine Operation mit Gegenangriffen an verschiedenen Orten führen", erklärte Arachamija, ohne Details zu nennen.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Empfehlung der EU- Kommission zu einem EU-Beitrittsverfahren für sein Land begrüßt. "Die Ukraine verdient diese guten Nachrichten", sagte Selenskyj am Freitagabend in seiner Videobotschaft. Die Empfehlung der EU-Behörde sei ein "historischer Erfolg für alle, die für unseren Staat arbeiten". Die Kämpfe im Osten der Ukraine um die Städte Sjewjerodonezk und Lyssytschansk gingen indessen unvermindert weiter.
Selenskyj sagte zu einem möglichen Beitrittsprozess, die Annäherung der Ukraine an die EU sei "nicht nur positiv für uns". Sie sei "der größte Beitrag zu Europas Zukunft seit vielen Jahren".
Die von Deutschland zugesagten Lieferungen schwerer Waffen an die Ukraine werden laut Bundeskanzler Olaf Scholz rechtzeitig eintreffen, um das angegriffene Land im Kampf um den Donbass zu unterstützen. "Sie werden rechtzeitig ankommen", sagte Scholz am Freitag im TV-Interview der Deutschen Presse-Agentur.
Die Industrie arbeite daran, dass die Waffen geliefert werden könnten. Es sei aber essenziell, dass ukrainische Soldaten an den modernen Systemen trainiert würden, so Scholz. "Ohne das Training kann man die Waffen nicht benutzen." Der Kanzler sagte, angesichts massiver Kämpfe im Osten der Ukraine sei vor allem Artillerie notwendig. Es sei wichtig, dass die Ukraine gegen Drohnen, Hubschrauber und Flugzeuge kämpfen könne.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat direkte Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin verteidigt und weitere angekündigt. "Es ist absolut notwendig, mit Putin zu sprechen", sagte Scholz am Freitag in einem TV-Interview der Deutschen Presse-Agentur. "Ich werde dies auch weiterhin tun, ebenso wie der französische Präsident." Es sei notwendig, dass einige Länder und einige Führungspersönlichkeiten mit Putin sprechen.
Es sei auch nötig, dass diese Gespräche mit dem russischen Präsidenten klar seien. "Ich sage zum Beispiel dieselben Dinge, die ich Ihnen sage", sagte Scholz an die Reporterin, mit Blick auf Putin: "Verstehen Sie bitte, dass es keinen Diktatfrieden geben wird. Und wenn Sie glauben, Sie könnten Land rauben und dann hoffen, dass sich die Zeiten ändern und Dinge wieder normal werden, dann ist es ein Irrtum." Er fordere Putin auch auf, seine Truppen aus der Ukraine abzuziehen und eine Vereinbarung mit der Ukraine zu erzielen, die akzeptabel und richtig für die Ukraine sei, sagte Scholz.
Russland hat Aussagen von Kremlchef Wladimir Putin zufolge grundsätzlich keine Einwände gegen einen EU-Beitritt der Ukraine, gegen die es seit fast vier Monaten Krieg führt. "Wir haben nichts dagegen. Es ist die souveräne Entscheidung jedes Landes, Wirtschaftsbündnissen beizutreten oder nicht beizutreten", sagte Putin am Freitag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg.
"Die EU ist im Gegensatz zur Nato keine militärische Organisation, kein politischer Block." Ob eine Mitgliedschaft der Ukraine im Sinne der EU sei, müsse sie selbst wissen, meinte er. "Aber die Wirtschaftsstruktur der Ukraine ist so, dass sie sehr große Substitutionen brauchen wird."
Bundeskanzler Olaf Scholz hat sich zuversichtlich gezeigt, dass die EU-Mitgliedstaaten eine gemeinsame Position zum Beitrittsgesuch der Ukraine finden werden. Nachdem sich die EU-Kommission am Freitag dafür aussprach, die Ukraine offiziell zum Kandidaten für den Beitritt zur EU zu ernennen, sagte Scholz in einem auf Englisch geführten TV-Interview der Deutschen Presse-Agentur: "Wir müssen akzeptieren, dass dies ein einstimmiges Votum von 27 Mitgliedstaaten ist, und wir werden einen gemeinsamen Ansatz finden müssen, aber ich bin recht optimistisch, dass wir das schaffen werden." Die EU habe infolge der russischen Aggression gegen die Ukraine geschlossen gehandelt, "und wir werden das weiterhin tun", sagte der SPD-Politiker.
Russlands Präsident Wladimir Putin hat den seit fast vier Monaten andauernden Krieg gegen die Ukraine erneut als alternativlos gerechtfertigt. "In der aktuellen Situation, vor dem Hintergrund zunehmender Risiken und Bedrohungen für uns, war die Entscheidung Russlands, eine militärische Spezial-Operation durchzuführen, (...) erzwungen und notwendig", sagte Putin am Freitag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg. Der Westen habe die Ukraine zuvor "buchstäblich mit seinen Waffen und seinen Militärberatern aufgepumpt", meinte der Kremlchef.
Die Niederlande haben ihre Bedenken gegen einen EU-Kandidatenstatus der Ukraine aufgegeben. Die Regierung entschied am Freitag, dem Vorschlag der EU-Kommission zuzustimmen. Außenminister Wopke Hoekstra sagte in Den Haag. "Hiervon geht das Signal aus: Wir lassen die Ukraine nicht sitzen." Der Vorschlag der Kommission sei ausgewogen und trage der besonderen Situation der Ukraine Rechnung, sagte der Minister.
Der pro-russische Separatistenführer in der ostukrainischen Region Donezk, Denis Puschilin, hat sich für eine Eroberung der gesamten Ukraine durch die russische Armee ausgesprochen. Puschilin sagte der russischen Nachrichtenagentur Tass am Freitag auf dem Wirtschaftsforum in St. Petersburg, die gesamte Ukraine einschließlich der "russischen Stadt Kiew und der Westukraine" sollten "befreit" werden. So würde diese "schwere Verantwortung nicht auf die folgende Generation übertragen", fügte Puschilin hinzu.
Der Kreml hat sich zur EU-Perspektive der Ukraine zurückhaltend gezeigt. Es handele sich hier nicht um eine militärpolitische Ebene, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Freitag der Agentur Interfax zufolge als Reaktion auf die Empfehlung der EU-Kommission, die Ukraine offiziell zur EU-Beitrittskandidatin zu ernennen.
Trotzdem erfordere diese Entwicklung Russlands erhöhte Aufmerksamkeit, weil man über die "Stärkung der Verteidigungskomponente der Europäischen Union" Bescheid wisse, sagte Peskow. "Es finden verschiedene Transformationen statt, die wir natürlich sehr genau beobachten." Moskau hatte der EU bereits in der Vergangenheit vorgeworfen, sich aus einem Wirtschaftsbündnis in "einen aggressiven militanten Akteur" verwandelt zu haben.
Die Ukraine wird wegen Russlands Angriffskrieg eine Visumspflicht für russische Staatsbürger einführen. Die Regelung trete am 1. Juli in Kraft, erklärte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am Freitag im Online-Dienst Telegram. Die Ukraine müsse "den beispiellosen Bedrohungen ihrer nationalen Sicherheit, Souveränität und territorialen Integrität" entgegenwirken. Die Regierung soll demnach im Laufe des Tages einen entsprechenden formellen Beschluss fassen.
Die EU-Kommission spricht sich dafür aus, die Ukraine und Moldau offiziell zu Kandidaten für den Beitritt zur Europäischen Union zu ernennen. Das erfuhr die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Kommissionskreisen.
Die Behörde legt damit die Grundlage für einen möglichen Beschluss der EU-Mitgliedstaaten. Die Staats- und Regierungschefs wollen bereits bei einem Gipfeltreffen Ende kommender Woche über das Thema beraten.
Die mehr als 40 Millionen Bürger zählende Ukraine hatte vor rund dreieinhalb Monaten kurz nach Beginn des russischen Angriffs gegen sie die Aufnahme in die EU beantragt. Kurz darauf reichten auch der kleine Nachbar Moldau sowie das im Südosten Europas gelegene Georgien Beitrittsanträge ein. Moldau hatte zuletzt rund 2,6 Millionen Einwohner, Georgien rund 3,7 Millionen.
Das nun von der EU-Kommission vorgeschlagene Vorgehen sieht vor, der Ukraine und Moldau den Status als EU-Beitrittskandidaten zu geben. Zugleich sollten nach Ansicht der Behörde weitere Fortschritte im Beitrittsprozess an konkrete Bedingungen geknüpft werden. In beiden Ländern gibt es unter anderem Defizite im Bereich der Rechtsstaatlichkeit und im Kampf gegen Korruption.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat sich erfreut über die Empfehlung der EU-Kommission gezeigt. "Das ist der erste Schritt zur Mitgliedschaft in der EU", schrieb Selenskyj am Freitag beim Kurznachrichtendienst Twitter.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi sind nach ihrem Besuch in Kiew am Freitag wieder in Polen eingetroffen. Ihr Sonderzug kam am Morgen im polnischen Przemysl an, wie eine AFP-Reporterin berichtete. Von Polen aus waren die europäischen Staats- und Regierungschefs am Donnerstag auch in die Ukraine aufgebrochen.
Die russischen Truppen in der Ukraine haben nach Einschätzung britischer Geheimdienst-Experten ihre Bemühungen fortgesetzt, den Ring um die Stadt Sjewjerodonezk von Süden zu schließen. "In den vergangenen 24 Stunden haben russische Kräfte wahrscheinlich weiterhin versucht, auf der Popasna-Achse die Oberhand zu bekommen, von der sie den Kessel von Sjewjerodonezk vom Süden her einkreisen wollen", hieß es in dem täglichen Update zum Ukraine-Krieg auf der Webseite des britischen Verteidigungsministeriums am Freitagmorgen.
Trotz Umfragen, die nahelegten, dass die Mehrheit der Russen den Krieg in der Ukraine unterstützt, gebe es "Elemente" in der russischen Bevölkerung, die aktiv und passiv ihre Opposition zum Ausdruck brächten, so die britischen Experten weiter. Eine aus Russen rekrutierte Einheit namens Freiheit-für-Russland-Legion nehme beinahe sicher an Kampfhandlungen auf Seiten der ukrainischen Streitkräfte teil.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj sprach nach dem Treffen in seiner abendlichen Videoansprache von einem "historischen Tag" für sein Land. Noch nie seit ihrer Unabhängigkeit sei die Ukraine so dicht an die Europäische Union herangerückt. Dank des Mutes ukrainischer Männer und Frauen könne Europa eine neue Geschichte der Freiheit schreiben "und endlich die Grauzone zwischen der EU und Russland in Osteuropa beseitigen".
Scholz sagte am Donnerstagabend im ZDF-"heute journal", der Weg der Ukraine in die EU sei "ein sehr voraussetzungsvoller", der auch "sehr lange Zeit" in Anspruch nehmen könne. Der Status als Beitrittskandidat bedeute aber, dass die Hoffnung auf dem Weg nach Europa für die Menschen der Ukraine konkret werde. Zum Zeithorizont sagte der SPD-Politiker, das könne niemand seriös beantworten. "Aber es lohnt sich, das ist doch die Botschaft."
Als Voraussetzungen für einen EU-Beitritt nannte der Kanzler in ZDF und ARD Fortschritte etwa bei der Rechtsstaatlichkeit und der Korruptionsbekämpfung. Scholz und Macron waren am Donnerstag mit Italiens Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Iohannis nach Kiew gereist.
Scholz sicherte der Ukraine bei seinem Besuch im Kriegsland weitere Waffenlieferungen zu. "Wir werden das weiterhin tun, solange die Ukraine diese Unterstützung benötigt", sagte er. Neue Zusagen für Waffensysteme machte er nicht, sondern verwies auf die angekündigten Lieferungen von Gepard-Flugabwehrpanzern, des Luftabwehrsystems Iris-T, des Ortungsradars Cobra und von Mehrfachraketenwerfern.
Von einer Friedensvereinbarung mit Russland "sind wir noch sehr, sehr weit entfernt", sagte Scholz weiter. Voraussetzung dafür sei, dass "Russland seine Truppen zurückzieht und sein Vorhaben aufgibt". Deutschland werde sich dafür einsetzen, dass Moskau "keinen Diktatfrieden durchsetzen kann".
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich bei seinem Besuch in Kiew dafür ausgesprochen, der Ukraine den Status eines EU-Beitrittskandidaten zuzuerkennen. "Deutschland ist für eine positive Entscheidung zugunsten der Ukraine. Das gilt auch für die Republik Moldau", sagte Scholz am Donnerstag bei einer Pressekonferenz zusammen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron, Italiens Regierungschef Mario Draghi und dem rumänischen Präsidenten Klaus Johannis. Macron sagte, "alle vier" würden einen "sofortigen" Kandidatenstatus für die Ukraine unterstützen.
Beim Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Kiew ist in der ukrainischen Hauptstadt zum zweiten Mal Luftalarm ausgelöst worden. Das berichtete ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort. Gemeinsam mit Scholz waren unter anderem auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der italienische Ministerpräsident Mario Draghi in der Hauptstadt. Schon nach ihrer Ankunft am Morgen hatte es einen Luftalarm gegeben.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj hat die Einladung der Bundesregierung zum G7-Treffen Ende Juni in Bayern angenommen. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) teilte dies am Donnerstag während seines Besuchs in der Ukraine per Twitter mit. Er dankte darin Selenskyj dafür, die Einladung angenommen zu haben, und auch für das "offene Gespräch" in Kiew.
Nach der Reduzierung von russischen Gaslieferungen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 ist wohl auch ein komplettes Runterfahren der wichtigsten Versorgungsleitung für Deutschland nicht ausgeschlossen. Russlands EU-Botschafter meinte am Donnerstag beim Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg, wegen der Probleme bei der Reparatur von Turbinen in Kanada könne die Leitung komplett stillgelegt werden. "Ich denke, das wäre eine Katastrophe für Deutschland", sagte er nach Angaben der russischen Zeitung "Kommersant".
Russlands früherer Präsident Dmitri Medwedew hat die gemeinsame Kiew-Reise von Bundeskanzler Olaf Scholz, dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron und dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi als nutzlos kritisiert. "Die europäischen Fans von Fröschen, Leberwurst und Spaghetti lieben es, Kiew zu besuchen", schrieb Medwedew am Donnerstag auf seinem Twitter-Account. "Mit null Nutzen."
Die Politiker müssten mit dem Zug reisen wie vor 100 Jahren. Sie stellten der Ukraine eine EU-Mitgliedschaft und "alte Haubitzen" in Aussicht, meinte Medwedew, der mittlerweile stellvertretender Vorsitzender des russischen Sicherheitsrates ist. "Das ist alles gut. Aber es wird die Ukraine nicht näher in Richtung Frieden bringen. Die Uhr tickt." Scholz, Macron und Draghi waren in der Nacht nach Kiew gereist, um sich dort mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj zu treffen.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat im teils zerstörten Kiewer Vorort Irpin die "Brutalität" des russischen Angriffskriegs verurteilt. Scholz sprach am Donnerstag von sinnloser Gewalt. Es seien unschuldige Zivilisten getroffen und Häuser zerstört worden. Es sei eine ganze Stadt zerstört worden, in der es überhaupt keine militärischen Strukturen gegeben habe. "Das sagt sehr viel aus über die Brutalität des russischen Angriffskriegs, der einfach auf Zerstörung und Eroberung aus ist." Die Zerstörungen in Irpin seien ein "ganz wichtiges Mahnmal" dafür, dass etwas zu tun sei.
Es sei ein furchtbarer Krieg, sagte der Kanzler. "Russland treibt ihn mit größter Brutalität ohne Rücksicht auf Menschenleben voran. Und das ist das, was auch zu Ende gehen muss." Scholz versicherte der Ukraine die internationale Solidarität
Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Donnerstag das ukrainische Irpin besucht. Der SPD-Politiker traf am späten Vormittag in dem teils zerstörten Kiewer Vorort ein. Ähnlich wie im benachbarten Butscha wurden dort nach dem Rückzug der russischer Truppen Ende März knapp 300 teils hingerichtete Zivilisten gefunden.
Scholz wurde begleitet vom französischen Präsidenten Emmanuel Macron, dem italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi und dem rumänischen Staatschef Klaus Iohannis. Der Sondergesandte des ukrainischen Präsidenten Wolodomyr Selenskyj für eine EU-Beitrittsperspektive, Oleksij Tschernyschow, führte die vier Spitzenpolitiker in Irpin an Ruinen von Häusern vorbei, die bei russischem Beschuss beschädigt wurden.
In Irpin lebten vor dem Krieg knapp 60.000 Einwohner. Die russischen Truppen konnten die Ortschaft nicht vollständig erobern, näherten sich hier aber der Stadtgrenze der Hauptstadt bis auf wenige Kilometer.
In Irpin ist das normale Leben weitestgehend wieder aufgenommen worden. Bus- und Eisenbahnverbindungen wurden wiederbelebt, eine Behelfsbrücke ersetzt die auf dem Rückzug der Ukrainer gesprengte Flussquerung, die Einwohner kehrten zurück und allerorts finden Aufräumarbeiten statt. Die durch den russischen Angriff entstandenen Zerstörungen sind jedoch weiter unübersehbar.
Kurz nach der Ankunft von Bundeskanzler Olaf Scholz am Donnerstag in Kiew ist in der ukrainischen Hauptstadt Luftalarm ausgelöst worden. Das bestätigte ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur vor Ort. Gemeinsam mit Scholz waren auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der italienische Ministerpräsident Mario Draghi mit einem Zug in Kiew eingetroffen. Auch in zahlreichen weiteren Landesteilen gab es Luftalarm.
Der Luftalaram ist nach rund einer halben Stunde wieder aufgehoben worden. Das bestätigte ein Reporter der Deutschen Presse-Agentur am Donnerstag vor Ort.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Mario Draghi sind in Kiew eingetroffen. Die Staats- und Regierungschefs erreichten die ukrainische Hauptstadt mit dem Zug am Donnerstag gegen 09.30 Uhr (Ortszeit), wie AFP-Reporter berichteten. Es ist der erste Besuch der drei Politiker in der Ukraine seit Beginn des russischen Angriffskriegs am 24. Februar.
er ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat den Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz in seinem Land als "wichtiges Signal" bezeichnet. Es sollte "ein neues Kapitel deutscher Unterstützung für die Ukraine aufschlagen", sagte Melnyk am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur. Es brauche dringend eine neue Weichenstellung.
Der ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) zu dessen Besuch in Kiew zu weitreichenden Zusagen bei Waffenlieferungen aufgefordert. "Die Ukrainer erhoffen sich, dass der bevorstehende Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz nicht nur von symbolischer Bedeutung, sondern bahnbrechend sein wird", sagte Melnyk der Online-Ausgabe der "Rheinischen Post". Die militärische Hilfe Deutschlands müsse "auf ein qualitativ neues Niveau" gehoben werden.
Es sei "ganz wichtig, dass der deutsche Regierungschef mit eigenen Augen die Verwüstungen der russischen Aggression sieht, mit Kriegsopfern spricht", sagte Melnyk. Er müsse "die Dringlichkeit" erkennen, "warum die Ukraine mit voller Kraft viel stärker und umfangreicher mit schweren Waffen unterstützt werden muss". Kiew erwarte vor allem, dass Scholz endlich grünes Licht für die erbetenen 88 Leopard-1-Kampfpanzer und 100 Marder-Schützenpanzer gebe. Zudem solle Scholz schwere Waffen aus den Beständen der Bundeswehr freigeben. Dies würde "die Verteidigungsfähigkeit der Bundesrepublik nicht schmälern", sagte Melnyk. "Nichts steht im Weg, dass Deutschland einen erheblichen Teil von eigenen 800 Transportpanzern Fuchs, 325 Leopard-2-Panzern oder 380 Marder-Panzern der ukrainischen Armee zur Verfügung stellt, um die russischen Truppen zu zerschlagen." Mittelfristig braucht die Ukraine nach Worten von Melnyk auch deutsche U-Boote, Korvetten, Patrouillen- und Kampfboote, "um die lange Schwarzmeerküste zu verteidigen und russische Überlegenheit auf See zu eliminieren". Dies würde auch die Ernährungssicherheit garantieren.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), der französische Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Mario Draghi sind gemeinsam an Bord eines Sonderzuges auf dem Weg nach Kiew. Ein Video der Nachrichtenagentur AFP zeigte die drei Politiker am Donnerstag zusammen in einem Abteil des Zuges. Der Elysée-Palast bestätigte den Beginn der Reise.
Die Staats- und Regierungchefs hatten den Zug in Polen bestiegen und wurden am Donnerstagmorgen in Kiew in der Ukraine erwartet, wie die italienische Tageszeitung "La Repubblica" berichtete. Laut dem ZDF waren die Staats- und Regierungschefs in der Nacht vom polnischen Rzeszow aus aufgebrochen.
Die Reise soll ein Zeichen der Unterstützung der EU für die Ukraine im Kampf gegen Russland sein. Macron hatte am Vortag bei seinem Besuch auf einem Nato-Stützpunkt in Rumänien gesagt: ""Wir müssen als EU politische Signale an die Ukraine senden (...) und zwar noch vor dem EU-Gipfel, der wichtige Dinge zu beschließen hat." Bei dem Gipfeltreffen in der kommenden Woche werden die EU-Staats- und Regierungschefs voraussichtlich über den Beitrittsantrag der Ukraine beraten. Mit einer Empfehlung der EU-Kommission zur Frage, ob die Ukraine den Status eines Beitrittskandidaten erhält, wird noch in dieser Woche gerechnet
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird die Interessen seines kriegsgeplagten Landes bei den Gipfeln von G7 und Nato Ende Juni vertreten. Er habe dankbar die Einladungen zu den Spitzentreffen angenommen, teilte Selenskyj am Mittwochabend auf Twitter mit. Unklar blieb zunächst, ob der ukrainische Staatschef dafür sein Land verlassen wird oder wie bei anderen Treffen per Video zugeschaltet wird. Selenskyj sah insgesamt große Fortschritte bei der internationalen Unterstützung für sein Land, wie er in seiner abendlichen Videoansprache sagte.
Die militärische Lage - vor allem in der Ostukraine - bleibt angespannt. "Der erbitterte Kampf um das Gebiet Luhansk geht weiter", teilte der ukrainische Oberkommandierende Walerij Saluschnyj mit. Die russischen Truppen griffen dort aus neun Richtungen zugleich an, schrieb er auf Facebook. Die EU-Kommission will am Donnerstag in Brüssel ihre Empfehlung abgeben, ob die Ukraine den erhofften Status als Beitrittskandidatin erhält.
Die Vereinten Nationen gehen nach eigenen Angaben Berichten nach, wonach ukrainische Kinder nach Russland gebracht und dort zur Adoption durch russische Familien freigegeben werden. Dies sagte am Mittwoch Menschenrechtskommissarin Michelle Bachelet vor dem Menschenrechtsrat in Genf. Die UNO "beugt sich über Anschuldigungen, dass Kinder aus der Ukraine mit Zwang in die Russische Föderation gebracht werden".
Die Vereinten Nationen hatten sich bereits Anfang März besorgt über mögliche Zwangsadoption ukrainischer Kinder geäußert. Es wird vermutet, dass mehrere tausend Kinder aus ukrainischen Kriegsgebieten nach Russland gebracht worden sind. Allerdings betonte Bachelet am Mittwoch, dass das Menschenrechtskommissariat diese Vorwürfe derzeit nicht bestätigen oder mögliche Zahlen nennen könne. Am Dienstag hatte bereits das UN-Kinderhilfswerk Unicef Russland aufgefordert, Adoptionen ukrainischer Kinder zu unterlassen.
Der russische Energiekonzern Gazprom reduziert die maximalen Gasliefermengen durch die Ostseepipeline Nord Stream 1 nach Deutschland erneut. Von Donnerstagfrüh an werden täglich nur noch maximal 67 Millionen Kubikmeter durch die Leitung gepumpt, kündigte Gazprom am Mittwoch an. Erneut begründete das russische Staatsunternehmen diesen Schritt mit Verzögerungen bei Reparaturarbeiten durch die Firma Siemens. Deshalb müsse eine weitere Gasverdichtungsanlage abgestellt werden, hieß es. Der Energietechnikkonzern Siemens Energy hatte am Vortag die Überholung einer Gasturbine bestätigt. Aufgrund der von Kanada verhängten Sanktionen könne sie derzeit nicht aus Montréal zurückgeliefert werden.
Bereits am Dienstag hatte Gazprom die Reduktion der maximalen Liefermenge auf zunächst bis zu 100 Millionen Kubikmeter Gas pro Tag verkündet. Das entspricht rund 60 Prozent des bisher geplanten Tagesvolumens von 167 Millionen Kubikmeter Gas. Die Bundesnetzagentur wies die Angaben von Gazprom, wonach Verzögerungen bei Reparaturen an einem Gasverdichteraggregat der Grund für die reduzierten Gasliefermengen seien, jedoch wenig später zurück. Für Deutschland ist Nord Stream 1 die Hauptversorgungsleitung mit russischem Gas.
Die CDU hat von Kanzler Olaf Scholz (SPD) ein klares Bekenntnis zum EU-Beitrittsstatus für die Ukraine verlangt. Der EU-Gipfel am 23. und 24. Juni werde dazu eine Entscheidung treffen, sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja am Mittwoch nach Beratungen der Parteispitze in Berlin. Scholz sei bei der Frage "bislang ausgewichen, hat nicht klar gesagt, was er da tun will". Es sei gut, dass Scholz nun endlich nach Kiew reise. "Die Erwartungen an diese Reise sind natürlich auch sehr hoch." Scholz selbst habe "ja auch immer eine sehr hohe Erwartungshaltung an solche Auslandsreisen insbesondere nach Kiew gestellt".
Es wird erwartet, dass Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und der italienische Regierungschef Mario Draghi in dieser Woche gemeinsam Kiew besuchen. Für die Reise ist offiziell noch kein Termin mitgeteilt.
Russland und China wollen nach Kreml-Angaben angesichts der westlichen Sanktionen ihre wirtschaftliche Zusammenarbeit verstärken. Dies sei bei einem Telefongespräch zwischen den Präsidenten Wladimir Putin und Xi Jinping vereinbart worden, teilte das russische Präsidialamt am Mittwoch in Moskau mit. Die Zusammenarbeit solle "angesichts der weltweiten Wirtschaftssituation, die sich durch die unrechtmäßigen Sanktionen des Westens verkompliziert hat", verstärkt werden.
Ungeachtet der zutiefst belasteten Beziehungen will der Kreml den Dialog mit westlichen Staaten nicht völlig aufgeben. "Kommunikation ist notwendig, wir werden auch in Zukunft kommunizieren müssen", sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow am Mittwoch der Agentur Interfax zufolge. "Amerika wird sich nirgendwo hinbewegen, Europa wird sich nirgendwo hinbewegen, also müssen wir irgendwie mit ihnen kommunizieren." Die Kommunikation müsse aber auf gegenseitigem Respekt und der Wahrung von Sicherheitsinteressen beruhen, fügte Peskow hinzu. Dies sei derzeit aber nicht absehbar.
Die Nato hat den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Gast zu ihrem Gipfeltreffen in Madrid eingeladen. Wie Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg am Mittwoch mitteilte, ist allerdings noch nicht klar, ob Selenskyj wirklich anreist oder aus seinem Amtssitz in Kiew zugeschaltet wird. "Er ist willkommen, persönlich zu kommen. Wenn das für ihn nicht möglich ist, wird er per Videokonferenz zu uns sprechen", sagte Stoltenberg.
Bei dem am 28. Juni in der spanischen Hauptstadt beginnenden Gipfeltreffen der westlichen Militärallianz wollen die Staats- und Regierungschefs der 30 Nato-Staaten entscheiden, wie das Bündnis mittel- und langfristig auf die Bedrohungen durch Russlands Kriegspolitik reagiert. Konkret geht es dabei zum Beispiel um die Verstärkung der Ostflanke durch zusätzliche Nato-Truppen. Vor allem die baltischen Staaten dringen seit Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine auf eine deutlich größere Unterstützung durch Bündnispartner. Bundeskanzler Olaf Scholz kündigte bereits in der vergangenen Woche an, dass Deutschland seine Truppen in Litauen noch einmal verstärken werde.
Im Osten der Ukraine dauern die Gefechte um die Großstadt Sjewjerodonezk und weitere Orte im Gebiet Luhansk an. "Es wird schwieriger, aber unsere Soldaten halten den Feind gleich an drei Seiten auf. Sie schützen Sjewjerodonezk und erlauben keinen Vormarsch nach Lyssytschansk", teilte der Gouverneur des Luhansker Gebiets, Serhij Hajdaj, am Mittwoch in seinem Blog des Nachrichtenkanals Telegram mit.
Lyssytschansk, wo es laut Hajdaj viele Verletzte gibt, liegt an einem Fluss gegenüber von Sjewjerodonezk, das bereits zum großen Teil von russischen Truppen kontrolliert wird. Die Brücken zwischen beiden Städten sind zerstört.
Die Russen beschössen weiter Häuser und hätten in Sjewjerodonezk erneut das Chemiewerk Azot angegriffen, sagte Hajdaj. "Der Gegner ist schwächer in den Straßenkämpfen, deshalb eröffnet er das Feuer aus Artillerie, wodurch unsere Häuser zerstört werden", sagte er. Auch in den umliegenden Ortschaften gebe es schwere Schäden. Vielerorts habe es zudem russische Luftschläge gegeben.
Der Gouverneur äußerte sich zunächst nicht zu dem von der russischen Seite für den Mittwochmorgen angekündigten humanitären Korridor zur Evakuierung des Chemiewerks Azot.
Die Ukraine hat von ihren ausländischen Partnern erneut moderne Raketenabwehrwaffen angefordert, um russische Angriffe aus der Distanz zurückschlagen zu können. Präsident Wolodymyr Selenskyj kündigte noch für diese Woche wichtige Gespräche über die Beschaffung solcher Systeme an. Er sagte nicht, mit wem er sprechen werde - es seien aber nicht nur europäische Politiker. "Wir wiederholen gegenüber unseren Partnern, dass die Ukraine moderne Raketenabwehrwaffen benötigt", sagte er. In der Ostukraine dauerten die erbitterten Kämpfe um die Großstadt Sjewjerodonezk an.
Selenskyj verwies darauf, dass die Ukraine bei russischen Angriffen am Dienstag zwar einige Raketen habe abschießen können, aber nicht alle. Die Ziele des Beschusses lagen in den westukrainischen Gebieten Lwiw und Ternopil. Nach Angaben örtlicher Behörden wurden sechs Menschen verletzt. Die Trümmer einer abgeschossenen Rakete trafen demnach eine Ziegelei in Solotschiw im Gebiet Lwiw.
Die Ukraine habe schon vor der russischen Invasion vom 24. Februar um moderne Raketenabwehr gebeten, sagte der Präsident am Dienstagabend in Kiew. Ein Aufschub sei nicht zu rechtfertigen. Die Ukraine habe derzeit "den größten Bedarf an solchen Waffen in Europa".
Die Ukraine hat nach Angaben ihrer Militärführung aus dem Ausland bislang nur ein Zehntel der notwendigen Waffenhilfe bekommen. "Von dem, was die Ukraine gesagt hat, dass sie es braucht, haben wir bis heute etwa zehn Prozent", sagte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar im ukrainischen Fernsehen. Russland sei an Rüstung und Zahl der Soldaten unendlich überlegen. "Egal wie die Ukraine sich anstrengt, egal wie professionell unsere Armee ist, ohne Hilfe von Partnern werden wir diesen Krieg nicht gewinnen können."
Russland hat für Mittwoch die Schaffung eines humanitären Korridors angekündigt. Durch diesen sollen sich Zivilisten in Sicherheit bringen können, die im örtlichen Chemiewerk Azot Zuflucht gesucht haben. In den Kellern unter dem Werk werden dem Verteidigungsministerium in Moskau zufolge 540 bis 560 Zivilisten vermutet. Der Fluchtweg soll nach Moskauer Angaben am Mittwoch von 7.00 bis 19.00 Uhr MESZ (Ortszeit: 8.00 bis 20.00 Uhr) offen sein. Er führe in nördlicher Richtung in die Stadt Swatowe (Swatowo), sagte der General Michail Misinzew vom russischen Verteidigungsministerium.
Swatowe liegt in der von prorussischen Separatisten kontrollierten und von Russland als Staat anerkannten Volksrepublik Luhansk. Moskau lehnte den ukrainischen Vorschlag ab, die Menschen auf von Kiew kontrolliertes Gebiet fliehen zu lassen. Die Ukraine wolle nur ihre Bewaffneten aus Sjewjerodonezk herausschleusen wie zuletzt beim Stahlwerk Azovstal in der Hafenstadt Mariupol, sagte Misinzew. Er forderte die ukrainischen Soldaten auf, sich zu ergeben.
Selenskyj rief dagegen angesichts der verlustreichen Abwehrschlacht im Osten seine Truppen zum Durchhalten auf. "Das ist unser Staat. Dort im Donbass durchzuhalten ist lebenswichtig", sagte er. "Es gibt Verluste, und sie sind schmerzhaft." Doch an der Front im Osten entscheide sich, welche Seite in den kommenden Wochen dominieren werde. Je höher die Verluste des Feindes dort seien, desto weniger Kraft habe er, die Aggression fortzusetzen, sagte der Präsident.
Viele ukrainische Flüchtlinge werden nach Einschätzung der Bundesregierung wohl auch nach einem Ende des Kriegs vorerst in Deutschland bleiben. Das machten Bundesinnenministerin Nancy Faeser und Arbeitsminister Hubertus Heil (beide SPD) am Dienstag beim Besuch einer Einrichtung für Flüchtlinge in Berlin deutlich. Berlins Sozialsenatorin Katja Kipping (Linke) hält auch ein erneutes starkes Anwachsen der Zahl ukrainischer Kriegsflüchtlinge in der Hauptstadt für möglich.
Momentan seien die Ankunftszahlen in Berlin wieder ein bisschen zurückgegangen auf 500 am Tag, "aber wir müssen jederzeit damit rechnen, dass es wieder zu einem sprunghaften Anstieg kommt", sagte Kipping. "Das hängt von der Entwicklung des Krieges ab." Es hänge auch von Entwicklungen in anderen Aufnahmeländern wie in Polen ab. "Also wenn beispielsweise die polnische Regierung die Sozialleistung deutlich herunterfährt, kann das zu einer Dynamik führen, dass beispielsweise die Zahlen Anfang Juli wieder nach oben gehen."
Faeser sagte hingegen: "Ich glaube nicht, dass wir einen sprunghaften Anstieg haben werden, ob unseres Nachbarlandes." So gewähre Polen den Ukrainerinnen und Ukrainern vollen Zugang zum Arbeitsmarkt und zu den Sozialversicherungssystemen. Auch Faeser wies allerdings darauf hin, dass die Entwicklung des Kriegs unvorhersehbar sei. Mehr als 850.000 Flüchtlinge aus der Ukraine hätten sich mittlerweile in Deutschland registriert. Viele von ihnen seien wohl inzwischen wieder in ihre Heimat zurückgekehrt.
Nach Einschätzung Heils geschieht die Integration der Geflüchteten in Deutschland "mit großen Schritten". Die Weichen entsprechend zu stellen, sei vernünftig. "Selbst wenn der Krieg bald zum Stillstand kommt und es Waffenstillstand gibt, wird die Zerstörung so heftig sein, dass eine Rückkehr vieler Menschen in kurzer Zeit nicht realistisch ist", sagte Heil. "Deshalb werden wir in Deutschland die Großherzigkeit länger brauchen."
Russland drosselt die Gaslieferungen über die Ostsee-Pipeline Nord Stream nach Deutschland um gut 40 Prozent. Es könne nur noch eine Durchleitung von 100 Millionen Kubikmetern Gas am Tag anstelle der üblichen 167 Millionen Kubikmeter sichergestellt werden, teilte der Energiekonzern Gazprom am Dienstag mit. Hintergrund seien fehlende Teile, die vom deutschen Siemens-Konzern hätten geliefert werden sollen.
Bundeskanzler Olaf Scholz wird laut "Tagesspiegel" am Donnerstag in der Ukraine erwartet und soll dabei unter anderem auch den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj treffen. Auch der französische Präsident Emmanuel Macron, der italienische Ministerpräsident Mario Draghi und der rumänische Staatspräsident Klaus Johannis sollen an dem Besuch teilnehmen.
Für Scholz ist demnach ein rund sechs Stunden angesetztes Besuchsprogramm angesetzt. Ein Besuch in Butscha soll aber nicht geplant sein.
Vor einem möglichen Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) in Kiew fordert der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eindeutige Unterstützung durch Deutschland. "Wir brauchen von Kanzler Scholz die Sicherheit, dass Deutschland die Ukraine unterstützt. Er und seine Regierung müssen sich entscheiden", sagte Selenskyj am Montagabend in einem Interview des ZDF-"heute-journals". Deutschland dürfe keinen Spagat zwischen der Ukraine und den Beziehungen zu Russland versuchen.
Scholz, der französische Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi könnten Mitte der Woche die Ukraine besuchen. Eine offizielle Terminangabe steht aber noch aus. Im Osten der Ukraine gingen die erbitterten Kämpfe auch in der Nacht zu Dienstag weiter.
"Deutschland ist etwas später als einige unserer Nachbarländer dazugekommen, was die Waffenlieferungen angeht", kritisierte Selenskyj im ZDF. Doch nicht nur die baltischen Staaten und andere östliche EU-Länder, auch die USA und Großbritannien seien früher aktiv geworden. Deutschland und Frankreich hätten die Ukraine anfangs nur politisch und rhetorisch unterstützt.
Selenskyj sagte weiter, er wünsche sich, dass der Bundeskanzler persönlich die EU-Mitgliedschaft der Ukraine unterstütze. Er erwarte, dass die Europäische Union seinem Land noch im Juni den Status eines Beitrittskandidaten zuerkenne. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen hatte am Wochenende in Kiew angekündigt, die Analyse des EU-Beitrittsantrags der Ukraine Ende kommender Woche abzuschließen. Auf jeden Fall dürfte die Empfehlung ihrer Behörde an die Forderung nach weiteren Reformen in der Ukraine geknüpft sein.
In der seit Wochen umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten der Ukraine ist nach Behördenangaben auch die dritte und letzte Brücke über den Fluss Siwerskyj Donez zerstört worden. Damit sei die Stadt zwar nicht vollständig abgeriegelt, sagte der Gouverneur des Gebietes Luhansk, Serhij Hajdaj. Es sei aber nicht möglich, Zivilisten zu evakuieren oder Hilfslieferungen in die Stadt hineinzubringen.
Sjewjerodonzek sei größtenteils in russischer Hand. "Stand heute kontrolliert Russland leider über 70 Prozent, jedoch nicht die ganze Stadt", sagte Hajdaj beim TV-Sender Belsat. Es gebe harte Kämpfe um jedes Haus. Mit der Einnahme der Großstadt hätten die prorussischen Separatisten mit Moskaus Hilfe die Region Luhansk fast komplett unter Kontrolle gebracht und damit ein wichtiges Kriegsziel erreicht.
Bundeskanzler Olaf Scholz hat den Vorwurf zurückgewiesen, bereits versprochene Waffen zu zögerlich an die Ukraine zu liefern. Er verwies am Montag auf die Ausbildung für die ukrainischen Streitkräfte, die für die teils sehr modernen und komplizierten Waffensysteme erforderlich sei. "Es geht um richtig schweres Gerät. Das muss man benutzen können, dafür muss man trainiert werden, das findet in der Bundesrepublik Deutschland gegenwärtig statt", sagte Scholz auf einer Pressekonferenz nach einem Treffen mit ostdeutschen Ministerpräsidenten auf der Insel Riems bei Greifswald.
"Wir werden die Waffen, die wir auf den Weg gebracht haben, alle liefern", versprach Scholz. Die Industrie habe die Waffen in ihrem Bestand und bereite sie entsprechend vor – das gelte auch für die Bundeswehr, die diejenigen Waffen vorbereite, für die sie zuständig sei. Zur Kritik am Tempo der Waffenlieferungen sagte er: "Ich glaube, dass es wirklich eine gute Sache wäre, wenn der eine oder andere noch mal kurz überlegt, bevor er seine Meinung zu dem einen oder anderen Thema äußert."
Bundeskanzler Olaf Scholz schweigt zu den Berichten über eine in den nächsten Tagen anstehende gemeinsame Kiew-Reise mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Ministerpräsident Mario Draghi. "Ich glaube, der Regierungssprecher hat alles das, was wir jetzt zu diesen Themen sagen können, bereits gesagt", sagte der SPD-Politiker am Montag nach einem Treffen mit ostdeutschen Ministerpräsidenten auf der Insel Riems bei Greifswald auf eine Frage nach seinen Besuchsplänen für die Ukraine. Die Sprecher der Bundesregierung haben die Berichte über einen in den nächsten Tagen anstehenden Besuch der drei Staats- und Regierungschefs in Kiew bisher weder bestätigt noch dementiert.
Vor dem bald erwarteten Besuch von Bundeskanzler Olaf Scholz, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und Italiens Regierungschef Mario Draghi in Kiew dringt die Ukraine auf Waffenlieferungen in großem Umfang. Der ukrainische Botschafter in Berlin, Andrij Melnyk, forderte von Scholz die Zusage von Leopard-Kampfpanzern und Marder-Schützenpanzern. "Ohne deutsche schwere Waffen wird es uns leider nicht gelingen, die gewaltige militärische Überlegenheit Russlands zu brechen und das Leben von Soldaten und Zivilisten zu retten", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur.
Ein Berater von Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärte, die Ukraine brauche 1000 schwere Artilleriegeschütze (Haubitzen), 300 Mehrfachraketenwerfer, 500 Panzer, 2000 gepanzerte Fahrzeuge und 1000 Drohnen, um den Krieg gegen die russischen Angreifer zu gewinnen. Selenskyj selbst forderte die Lieferung moderner Luftabwehrsysteme. Seit der russischen Invasion im Februar seien ukrainische Städte von gut 2600 feindlichen Raketen getroffen worden, sagte er. "Das sind Leben, die hätten gerettet werden können, Tragödien, die hätten verhindert werden können – wenn die Ukraine erhört worden wäre."
Nach einer aktuellen Antwort des Wirtschaftsministeriums auf eine parlamentarische Anfrage hat die Bundesregierung in den ersten gut drei Kriegsmonaten Waffen und Rüstungsgüter für 350 Millionen Euro für die Ukraine genehmigt. Schwere Waffen aus Deutschland sind aber noch nicht dort angekommen. Zugesagt wurden bisher sieben Panzerhaubitzen, vier Mehrfachraketenwerfer, etwa 50 Flugabwehrpanzer vom Typ Gepard und ein Raketenabwehrsystem vom Typ Iris-T.
Im russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine sind nach ukrainischen Angaben mehr als 12.000 Zivilisten umgekommen. Die meisten Opfer seien durch Explosionen getötet worden, sagte der Chef der ukrainischen Polizei, Ihor Klymenko, in einem am Montag von der Agentur Interfax-Ukraine veröffentlichten Interview. 75 Prozent der Getöteten seien Männer, zwei Prozent Kinder und die Übrigen Frauen. "Es handelt sich um Zivilbevölkerung, diese Menschen standen in keiner Beziehung zum Militär oder den Rechtsschutzorganen", unterstrich Klymenko. 1200 Opfer habe man noch nicht identifizieren können.
Mehr als 1500 Tote wurden nach dem Abzug russischer Truppen Ende März allein im Gebiet um die Hauptstadt Kiew gefunden. Funde von Massengräbern und gefesselten Erschossenen vor allem im Kiewer Vorort Butscha hatten weltweit Entsetzen ausgelöst. Die Vereinten Nationen haben bisher erst 4300 getötete Zivilisten erfasst.
Olaf Scholz will nun offenbar in die Ukraine reisen. Die italienische Zeitung "La Stampa" berichtet, dass der Kanzler Kiew am Donnerstag gemeinsam mit Italiens Ministerpräsidenten Mario Draghi und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron besuchen wird. Ein Sprecher der Bundesregierung bestätigt dies auf Anfrage zwar nicht offiziell, wird in Regierungskreisen bisher aber auch nicht bestritten.
Der ukrainische Botschafter Andrij Melnyk erwartet von Scholz, dass er bei einem Kiew-Besuch die Lieferung deutscher Panzer in die Ukraine verspricht. "Ohne deutsche schwere Waffen wird es uns leider nicht gelingen, die gewaltige militärische Überlegenheit Russlands zu brechen und das Leben von Soldaten und Zivilisten zu retten", sagte Melnyk der Deutschen Presse-Agentur. "Die Ukrainer erwarten, dass der Bundeskanzler Olaf Scholz bei seinem Besuch in Kiew ein neues Hilfspaket deutscher Rüstungsgüter verkünden wird, das unbedingt sofort lieferbare Leopard-1-Kampfpanzer sowie Marder-Schützenpanzer beinhalten soll."
Ungeachtet der schwierigen Lage im Osten definiert die Ukraine weiter eine Niederlage Russlands als ihr klares Ziel. "Wir werden solange kämpfen, bis Russland verliert", sagte der ukrainische Präsidentenberater Mychajlo Podoljak in einem am Montag bei der oppositionellen belarussischen Onlinezeitung Zerkalo erschienenen Interview. Das von Präsident Wolodymyr Selenskyj formulierte Minimalziel sei dabei weiter ein Rückzug der russischen Truppen auf die Linien vom 23. Februar – einem Tag vor Kriegsbeginn.
"Das Maximalziel: die territoriale Unversehrtheit in den international anerkannten Grenzen der Ukraine, eine Niederlage Russlands und dessen Transformation", sagte Podoljak. Andernfalls werde Russland ständig versuchen, den Krieg in neuer Intensität wiederaufzunehmen, meinte er. "Der Krieg wird solange andauern, wie die Ukraine braucht, um zu zeigen, dass Russland sich von unserem Territorium zurückziehen muss."
Nach Einschätzung britischer Geheimdienste dürften Flussquerungen in der kommenden Phase des Ukraine-Krieges eine entscheidende Rolle spielen. Ein zentraler Teil der russischen Frontlinie in der Donbass-Region liege westlich des Flusses Siwerski Donez, hieß es am Montag in einem Update des britischen Verteidigungsministeriums.
Um weitere Fortschritte im Donbass zu erzielen, müsse Russland daher entweder komplizierte Flankenangriffe durchführen oder Flussquerungen unternehmen. Bislang sei es den Russen oft nicht gelungen, unter Beschuss groß angelegte Überquerungen von Flüssen erfolgreich zu meistern. Die Ukrainer hätten es hingegen mehrfach geschafft, vor ihrem Rückzug Brücken zu zerstören.
Die ukrainische Armee hat den Verlust des Zentrums der schwer umkämpften Stadt Sjewjerodonezk im Osten des Landes eingeräumt. Russische Truppen hätten die Großstadt im Gebiet Luhansk mit Artillerie beschossen und die ukrainischen Soldaten vertrieben, teilte der ukrainische Generalstab am Montagmorgen mit. Die Kämpfe dauerten aber weiter an, hieß es.
Einige Stunden zuvor hatte Präsident Wolodymyr Selenskyj erklärt, im strategisch wichtigen Sjewjerodonezk werde "buchstäblich um jeden Meter gekämpft". Am Samstag kontrollierten ukrainische Truppen eigenen Angaben zufolge noch rund ein Drittel der Stadt.
(dpa/afp)