Bye, bye, May? Wie der Streit um den Brexit-Deal ihre Zukunft beschädigt
19.11.2018, 07:2019.11.2018, 07:56
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Very bad times in London: Die britische Premierministerin
Theresa May muss im Streit um den Entwurf des Brexit-Abkommens mit
einem Misstrauensantrag in ihrer Fraktion rechnen. Eine Gruppe von
Brexit-Hardlinern in Mays Konservativer Partei um den exzentrischen
Jacob Rees-Mogg hatte dazu aufgerufen.
Ob und wann die dafür notwendige Zahl von 48 entsprechenden Briefen von Tory-Abgeordneten erreicht wird, war aber zunächst unklar.
Einigen Beobachtern zufolge könnte die Abstimmung bereits am Dienstag stattfinden, andere zweifelten daran, dass es überhaupt so weit kommt. Laut dem Vorsitzenden eines einflussreichen Komitees, der die Anträge entgegennimmt, ist es allerdings sehr wahrscheinlich, dass May eine solche Abstimmung gewinnen würde.
May hatte am Sonntag vor einem Putsch gewarnt:
Ein
Führungswechsel würde die Verhandlungen mit Brüssel nicht einfacher
machen und auch die Mehrheitsverhältnisse im britischen Parlament
nicht verändern. "Die nächsten sieben Tage sind entscheidend", sagte
May dem Sender Sky News.
Doch ein Misstrauensantrag ist nicht Mays einzige Sorge. Mehrere
Minister drohen indirekt mit Rücktritt, sollte die Regierungschefin
beim Brexit-Abkommen nicht nachverhandeln. Eine Gruppe innerhalb des
Kabinetts um Andrea Leadsom, die eine Art Fraktionschefin der
Konservativen ist, fordert Nachbesserungen am Backstop. Die Gruppe
wollte Berichten zufolge Montagfrüh ihr weiteres Vorgehen abstimmen.
Mit Backstop werden die Bestimmungen im Austrittsabkommen
bezeichnet, die garantieren sollen, dass es nach dem Brexit keine
Grenzkontrollen zwischen dem britischen Nordirland und dem
EU-Mitglied Irland geben soll. Der Entwurf sieht vor, dass
Großbritannien für diesen Fall als Ganzes in der EU-Zollunion bleibt,
bis beide Seiten entscheiden, dass dies nicht mehr notwendig ist.
Doch die Brexit-Hardliner fordern ein einseitiges Kündigungsrecht für
den Backstop, damit London eigene Handelsabkommen etwa mit den USA
schließen kann.
Der vergangene Woche zurückgetretene Brexit-Minister Dominic Raab brachte sich am Wochenende als möglicher Nachfolger Mays ins Spiel.
In einem Interview der "Sunday Times" warf er May schwache
Verhandlungsführung vor. Sie habe der EU nicht glaubwürdig damit
gedroht, notfalls ohne Abkommen auszuscheiden. Als weitere Kandidaten
gelten etwa Ex-Außenminister Boris Johnson und Raabs Vorgänger im Amt
des Brexit-Ministers, David Davis.
Großbritannien scheidet nach derzeitigem Stand der Dinge am 29.
März 2019 aus der EU aus. Sollte bis dahin kein Abkommen unter Dach
und Fach sein, drohen schwere wirtschaftliche Konsequenzen und Chaos
in vielen Lebensbereichen.
Am kommenden Sonntag wollen die Staats- und Regierungschefs der
EU bei einem Sondergipfel in Brüssel über den Entwurf entscheiden.
Vorher will sich May noch einmal mit EU-Kommissionschef Jean-Claude
Juncker treffen. Von Seiten der Europäischen Union gebe es kein
Interesse, den Austrittsvertrag noch einmal aufzumachen, hieß es am
Sonntagnachmittag nach einem Treffen der Botschafter der
verbleibenden 27 Mitgliedstaaten in Brüssel.
Verhandlungsspielraum gibt es nach Angaben von Diplomaten
lediglich bei der politischen Erklärung zu den zukünftigen
Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien. Sie soll ebenfalls am
kommenden Sonntag beschlossen werden. Unter anderem deshalb treffen
sich an diesem Montag die Außenminister der EU-Staaten in Brüssel.
Zudem dürfte es zumindest am Rande um die schwierige Situation Mays
und mögliche Schlussfolgerungen daraus gehen.
Unklar ist, wie es nach einer möglichen Einigung zwischen May und
der EU weiterginge. May müsste diese dann nämlich noch durchs
Parlament bekommen. Die nordirische DUP, von der Mays
Minderheitsregierung abhängig ist, will den Deal jedoch nicht
mittragen. Auch der Chef der oppositionellen Labour-Partei, Jeremy
Corbyn, bekräftigte am Sonntag, dass seine Partei gegen das Abkommen
stimmen werde. Als Mays einzige Chance gilt daher, Abweichler aus der
Labour-Fraktion hinter sich zu bringen. Sollte sie scheitern, gilt
selbst ein zweites Brexit-Referendum für möglich.
Für eine zweite Volksabstimmung spricht sich unter anderen der
britische Ex-Premier Tony Blair aus, der den von May mit der EU
ausgehandelten Brexit-Deal ablehnt. "Obwohl der Deal dazu führen
sollte, alle zufrieden zu stellen, gefällt er praktisch niemandem",
schrieb Blair in einem Gastbeitrag für die "Rheinische Post". Aus seiner Sicht gibt der Deal das Mitspracherecht
Großbritanniens bei EU-Regeln preis, während sich das Land treu an
die Regeln halte. "Es gibt jetzt mehr Unterstützung für ein neues
Referendum als für jede andere Alternative", meint
Blair.
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