Friedrich Merz' Wahl zum Bundeskanzler ist noch einmal glimpflich ausgegangen. Nach der Niederlage im ersten Wahlgang am Dienstagvormittag herrschte im Bundestag absolutes Chaos. Es wurde noch Schlimmeres befürchtet: Wird der CDU-Chef in diesem Leben überhaupt noch Kanzler?
Die rechtsextreme AfD, immerhin stärkste Oppositionspartei, krächzte selbstverständlich schon nach Neuwahlen. Kaum Unions- und SPD-Politiker:innen wollten sich nach dem ersten Wahlgang vor die Kameras zerren lassen, stattdessen überall entsetzte Gesichter und aufgeregtes Diskutieren.
Auch wenn Merz wenige Stunden später zum Kanzler gewählt wurde, ist klar: 18 Abgeordnete in den Reihen von Union und SPD wollten ihm und seiner schwarzroten Koalition einen Denkzettel verpassen. CDU-Abgeordnete Catarina dos Santos erklärte gegenüber watson, worauf sie nun hofft.
Laut der 30-Jährigen, die seit 2021 im Bundestag sitzt, hat vor dem ersten Wahlgang am Dienstag eine Mehrheit mit einem anderen Ausgang gerechnet. "Der gestrige Tag war für alle Abgeordneten überraschend." Umso größer sei für dos Santos die Erleichterung nach Merz' Wahl einige Stunden später gewesen.
Dennoch beginnt Merz seine Amtszeit nun mit einer Hypothek. So gab auch dos Santos gegenüber watson zu, sie habe sich "einen leichteren Start in die Kanzlerschaft von Friedrich Merz gewünscht". Dies wäre ein "Aufbruchsignal" an die Bürger:innen in Deutschland "und an die ganze Welt" gewesen.
Sowohl die Zukunft hierzulande als auch der ganzen Welt, speziell die Sicherheit Europas, stehe derzeit auf dem Spiel. "Welche Verantwortung wir tragen", sei nach dem ersten Wahlgang anscheinend "einigen noch einmal bewusst geworden".
Dementsprechend erklärte dos Santos, sie hoffe auf einen "'heilsamen Schock', der zeigt, dass wir jetzt eine verlässlich arbeitende Regierung brauchen". Nur so könne die Bevölkerung "wieder dauerhaft Vertrauen in die Politik setzen".
Eines macht dos Santos jedoch auch klar: Die Abstimmung habe gezeigt, dass der Bundestag "selbstbewusst" sei. Sie betonte gegenüber watson zudem den "parlamentarischen Auftrag, die Bundesregierung zu kontrollieren".
Umso wichtiger sei "mit Blick auf die knappe Mehrheit der Regierung, (...) dass es ein gutes Miteinander gibt". Die schwarzrote Koalition liegt mit ihren 328 Abgeordneten zwölf Stimmen über der einfachen Mehrheit von 316 Stimmen im Bundestag.