Mit Matt Gaetz als Justizminister hat es nicht geklappt. Der Abgeordnete aus Florida war im Kongress so verhasst, sein Leistungsausweis so dürftig und sein sexuelles Gebaren derart widerlich, dass selbst die Senatoren der Grand Old Party bockten. Gaetz musste sich zurückziehen.
Das sei alles bloß ein Täuschungsmanöver gewesen, lautet eine weitverbreitete These. Gaetz sei gewissermaßen ein Bauernopfer, um es Trump zu ermöglichen, seine bewährte "Flutet alles mit Sch…"-Taktik jetzt umzusetzen. Die ehrwürdigen Senatoren würden es nicht ein zweites Mal wagen, sich seinen Wünschen entgegenzustellen.
Für diese These spricht, dass Donald Trump tatsächlich in den letzten Tagen eine Reihe von sehr umstrittenen Nominierungen für sein Kabinett bekannt gegeben hat. Ob die republikanischen Senatoren sich jedoch die Nase zuhalten und sie durchwinken werden, muss sich weisen. Hier die bekanntesten Wackelkandidaten:
Hegseth soll neuer Verteidigungsminister und damit der Chef von rund 3,2 Millionen Menschen werden. Die Qualifikation dafür fehlt ihm weitgehend. Er war zwar Major in der Nationalgarde und war aktiv in den Kämpfen im Irak und Afghanistan involviert. Doch als Major das Pentagon zu leiten – die vielleicht komplexeste Bürokratie der Welt –, ist eine andere Geschichte. Hegseth an der Spitze dieser Organisation ist etwa so, wie wenn man den UBS-Filialleiter in Hinterpfuffigen zum Verwaltungsratspräsidenten befördern würde – nur viel schlimmer.
Hegseth fehlen nicht nur das Manager-Wissen und die Erfahrung, er hat in der Vergangenheit auch bewiesen, dass er es nicht kann. Das Magazin "The New Yorker" hat soeben enthüllt, dass er als Chef zweier Veteranen-Organisationen völlig versagt hat. 2016 musste er als CEO von Concerned Veterans of America – einer von den Koch-Brüdern finanzierten Organisation – zurücktreten. Zuvor hatte er schon die Vets for Freedom in den finanziellen Ruin getrieben.
Nicht nur als unfähiger Manager hinterließ Hegseth einen miserablen Eindruck, sondern auch als Frauenbelästiger und Alkoholiker. Gemäß Aussagen mehrerer Whistleblower soll er sein Amt öfters für Sauftouren in Stripclubs missbraucht haben – auf Spesen, selbstverständlich. Seine weiblichen Untergebenen soll er in "Party Girls" und "Working Girls" eingeteilt haben. Immer wieder soll er auch in der Öffentlichkeit durch unflätiges Verhalten aufgefallen sein, oft war er dabei sturzbetrunken.
Was Frauen betrifft, hat er wie Gaetz eine üble Macho-Vergangenheit. Eine Frau hat ihn gar wegen Vergewaltigung angeklagt, die Klage jedoch zurückgenommen, weil sie von Hegseth eine Geldsumme in unbekannter Höhe erhalten hat. Dieser bestreitet diese Zahlung nicht, erklärt jedoch, der Sex sei einvernehmlich gewesen.
Dieses Dementi ist jedoch wenig glaubwürdig. Die "New York Times" hat ein E-Mail seiner eigenen Mutter veröffentlicht, in dem sie ihren Sohn beschuldigt, er lüge, betrüge, schlafe mit vielen Frauen und benütze sie für seine eigene Macht.
Die Amtszeit eines FBI-Direktors beträgt zehn Jahre. Christopher Wray, der von Trump in dessen erster Amtszeit eingesetzte Direktor, hätte damit noch mindestens zwei Jahre im Amt zugute. Doch der gewählte Präsident will ihn feuern und durch Kash Patel ersetzen.
Das Entsetzen über diese Nominierung ist vergleichbar mit demjenigen über Gaetz und Hegseth. Patel ist ein rücksichtsloser Karrierist, der über Leichen geht. Trump weiß, dass er – anders als andere FBI-Direktoren – jeden seiner Wünsche sofort und widerstandslos erfüllen wird. Patel ist daher die ideale Figur, um den Rachefeldzug gegen vermeintliche Feinde im Innern mit aller Härte durchzuführen.
Patel hat schon früher angekündigt, er würde das FBI-Hauptquartier in Washington am ersten Tag seiner Amtszeit schliessen und die Organisation säubern. Alle Trump-Kritiker, seien es Richter, Politiker oder Journalisten, will er "strafrechtlich und zivil" verfolgen.
Tulsi Gabbard ist ein Wendehals, wie er im Buch steht. Noch vor fünf Jahren trat die demokratische Abgeordnete aus Hawaii in den Vorwahlen als Präsidentschaftskandidatin an. Damals hat sie Donald Trump noch als Kriegstreiber beschimpft. Jetzt wurde sie von ihm als Chefin aller Geheimdienste nominiert, denn Gabbard hat eine komplette Kehrtwende ihrer politischen Ansichten vorgenommen.
Inzwischen ist sie öfters als Moderatorin bei Fox News anzutreffen. Sie kann zwar eine militärische Karriere vorweisen, doch ob sie das Rüstzeug für das so wichtige Amt besitzt, darf bezweifelt werden. Dass Gabbard heimlich den syrischen Diktator Baschar al-Assad besucht hat und dass sie immer wieder mal russische Propaganda verbreitet, erhöht das Vertrauen in sie nicht wirklich.
Der Sohn des legendären Robert Kennedy, der wie sein Bruder John F. einem Attentat zum Opfer fiel, ist das schwarze Schaf der Familie. Er gilt als Verschwörungstheoretiker, der Impfungen infrage stellt und während der Pandemie umstrittene Medikamente wie Ivermectin und Hydroxychloroquin empfohlen hat.
Kennedy hat zunächst als Unabhängiger kandidiert, sich jedoch im Laufe des Sommers zum Entsetzen seiner Familie Trump angeschlossen. Viele renommierte Wissenschaftler sehen im Verschwörungstheoretiker Kennedy eine große Gefahr für das amerikanische Gesundheitswesen.
Trumps Rechnung könnte aufgehen. Gregg Nunziata, ein ehemaliger Stratege der Republikaner, erklärt in der "New York Times": "Mit seinen extrem provokativen Nominierungen will er offenbar die Kapazität und den Willen des Senats und dessen Rolle als Kontrollinstanz des Präsidenten testen."
Doch der gewählte Präsident geht dabei ein Risiko ein. Um seine Kandidaten absegnen zu lassen, braucht er die Zustimmung von mindestens 50 Senatoren. Die Republikaner verfügen über eine Mehrheit von 53 Stimmen.
Vier republikanische Stimmen können somit die Pläne Trumps durchkreuzen. Hier sind sie:
Das Urgestein des Senats geht in seine letzte Runde. Der ehemalige Mehrheitsführer hat ein zwiespältiges Verhältnis zu Trump und ist von diesem immer wieder als RINO, als Papierchen-Republikaner, beschimpft worden. McConnell hat nichts mehr zu verlieren und könnte zum Schluss seiner Amtszeit noch bockig werden. Er soll eine treibende Kraft hinter der Verhinderung von Gaetz gewesen sein.
Die Senatorin aus dem Bundesstaat Maine ist bekannt dafür, dass sie keine MAGA-Vertreterin ist. Sie hat sich in der Vergangenheit mehrmals den Wünschen von Trump widersetzt. So hat sie gegen die Absetzung von Obamacare gestimmt, ebenso gegen die Wahl von Amy Coney Barrett, die in letzter Minute in den Supreme Court gedrückt wurde. Collins ist jedoch auch dafür bekannt, dass sie immer wieder umfällt und mit der MAGA-Meute stimmt.
Wie Collins hat sich die Senatorin aus dem Bundesstaat Alaska den Ruf einer relativ unabhängigen Politikerin erworben, die immer wieder mal gegen den republikanischen Strom schwimmt. So hat sie beispielsweise gegen die Ernennung von Brett Kavanaugh zum höchsten Richter gestimmt.
Curtis ist der Nachfolger von Mitt Romney als Senator aus dem Bundesstaat Utah. Er ist noch weitgehend unbekannt. Wie Romney gilt er als moderat, spricht sich für den Kampf gegen die Klimaerwärmung aus und befürwortet die gleichgeschlechtliche Ehe. Er hat sich auch geweigert, Trump in den Vorwahlen 2024 zu unterstützen.
Es gibt noch ein paar weitere Kandidat:innen, die Trump die Gefolgschaft verweigern könnten. Genannt werden auch John Cornyn aus Texas, Bill Cassidy aus Louisiana, Todd Young aus Indiana und Mike DeWine aus Ohio. Der Aufstand gegen Gaetz sei mehr als ein Strohfeuer gewesen, erklärt daher Kevin Madden, ein republikanischer Wahlkampf-Veteran, in der "Financial Times". "Der Spielraum im Kongress ist sehr klein. Es kann sein, dass die institutionellen Leitplanken noch halten könnten."