Die AfD will die gesichert rechtsextreme Junge Alternative (JA) durch eine neue Jugendorganisation ersetzen. Durch eine engere Bindung an die Mutterpartei erhofft sich die AfD mehr Kontrolle über ihre eigene Jugend.
Der Bundesvorstand der Partei entschied am Montagabend über eine entsprechende Satzungsänderung. Diese muss noch auf dem kommenden Parteitag im Januar offiziell beschlossen werden. Bislang ist die JA ein eigenständiger Verein, ihre Mitglieder müssen deshalb nicht unbedingt gleichzeitig Mitglieder in der AfD sein.
Die Politikwissenschaftlerin Anna-Sophie Heinze, die an der Universität Trier unter anderem zu Jugendorganisationen forscht, erklärte im Gespräch mit watson, dass sie vor allem zwei Gründe für die angestrebte Auflösung sieht.
"Zum einen soll die Jugendorganisation der AfD so stärker kontrolliert werden", sagte sie. "Das ist für die Partei wichtig, damit die Jugendorganisation und die AfD weniger Angriffsfläche für den Verfassungsschutz bieten." Die AfD hätte dann etwa die Möglichkeit, Mitglieder der neuen Jugendorganisation mit einem Ausschlussverfahren aus der Partei zu werfen.
Der zweite Grund sei ein gewisser Selbstschutz für die JA. "Die Partei steht ihrer Jugendorganisation sehr nahe und will sie vor einem möglichen Verbot schützen", erklärte sie. Ein solches Vereinsverbot durch das Innenministerium werde bereits diskutiert. Die Hürden für ein Verbot einer Parteijugendorganisation hingegen würden deutlich höher liegen.
Denn die JA gilt im Vergleich zur AfD als nochmal radikaler. "Der ethnische Volksbegriff spielte in der JA von Anfang an eine sehr zentrale Rolle und wurde zum Teil auch offener kommuniziert als bei der AfD", sagte Heinze. Außerdem gebe es eine offenere Zusammenarbeit mit der rechtsextremen Identitären Bewegung und sogar Verbindungen zu rechtsterroristischen Vereinigungen.
Im November hatte die Bundesanwaltsschaft acht Männer der Terrororganisation "Sächsische Separatisten" festnehmen lassen. Nach Informationen von WDR, NDR und "Süddeutscher Zeitung" handele es sich bei zwei von ihnen um Mitglieder der JA.
Außerdem gilt die JA als Verbreiterin des Gedankengutes der "Remigration". Der Parteienforscher Oliver Lembcke von der Universität Bochum sagte im Gespräch mit watson: "Auf Partys wird zum 'Abschiebesong' gelacht, getanzt, gefeiert. Das ist nicht nur unappetitlich, sondern Programm. Hier floriert das Konzept der Remigration. Entsprechend groß ist die Durchlässigkeit zur Identitären Bewegung."
Gleichzeitig gibt es enge Verbindungen zwischen der AfD und der JA. Viele Mitglieder der Jugendorganisation arbeiten mittlerweile etwa für AfD-Bundestagsabgeordnete. Der Vorsitzende der JA, Hannes Gnauck, ist selbst Bundestagsabgeordneter für die AfD und sitzt auch im Bundesvorstand der Partei. Er sagte der "Welt": "Wenn ich mich zwischen einem drohenden Verbot und der Eingliederung in die Partei mit entsprechender Abgabe von Kompetenzen entscheiden muss, wähle ich den sicheren Weg."
Mit einer solchen Bindung müssten die JA-Mitglieder etwa ihre Verbindungen zu der Identitären Bewegung theoretisch kappen. Denn diese steht auf der Unvereinbarkeitsliste der AfD. Der Plan einer neuen Jugendorganisation sieht ein ähnliches System wie bei den Jusos und der SPD vor. Alle Mitglieder müssten so auch Mitglieder der AfD werden. Aktuell hat die JA nach eigenen Angaben 2400 Mitglieder, von denen nur etwa die Hälfte in der AfD ist.
Dadurch könnten die JA-Mitglieder mit Verbindungen zur Identitären Bewegung keine Mitglieder der neuen Jugendorganisation und damit auch der AfD werden. Heinze glaubt, dass es im Hintergrund trotzdem weiterhin Kontakte geben wird.
Die Politikwissenschaftlerin geht davon aus, dass die Satzungsänderung auf dem Parteitag beschlossen wird. "Die AfD stört sich inhaltlich nicht an der JA", sagte sie. Aktuell gebe es weniger Flügelkämpfe und die Partei zeige sich geeinter. Zu dieser Einheit soll jetzt eine kontrollierbare Jugendorganisation dazukommen.
Lembcke vermutet, dass es vorübergehend zu einem parallelen Bestehen der JA und der neuen Jugendorganisation kommen könnte. "Die Hürden sind hoch, und zwar für die Selbstauflösung der JA als Verein als auch für die Satzungsänderung der AfD zur Einführung des Juso-Modells. Daher ist ein – konfliktreiches – Nebeneinander zweier Jugendorganisationen nicht auszuschließen", sagte er.
Der Plan einer neuen Jugendorganisation sei schon länger in AfD und JA diskutiert worden. "t-online" erfuhr aus Parteikreisen, dass der Favorit für den Namen der neuen Organisation "Junge Patrioten" sei. Am Samstag soll demnach über den Namen entschieden werden. Dann kommen die Landesvorstände und der Bundesvorstand zusammen, um unter anderem Alice Weidel als Kanzlerkandidatin zu nominieren.