Die Tesla-Verkaufszahlen werden immer schlechter. Man könnte fast meinen, dass sich das fragwürdige Verhalten des Geschäftsführers, Elon Musk, räche.
Doch die Sorgen beim US-Unternehmen reichen weit über die ekligen Flirts des Tech-Milliardärs mit Extremisten und Demokratiefeinden hinaus. Der einstige Pionier der Elektromobilität und langjährige Marktführer hat ein ganzes Bündel an Problemen, das langsam, aber sicher seine wirtschaftliche Existenz bedroht.
Zunächst einmal ist in Erinnerung zu rufen, dass die Tesla-Verkäufe schon länger sinken. Doch nun bestätigte sich der negative Trend auf eindrückliche Weise. Im ersten Quartal 2025 gingen die Verkaufszahlen in vielen europäischen Ländern massiv zurück.
Vergangenes Jahr waren die Verkaufszahlen des US-Herstellers in Europa erstmals gesunken, doch im laufenden Jahr beschleunigte sich der Rückgang, wie die Branchenkenner des US-Mediums Electrek festhalten.
Das amerikanische Elektroauto-Portal erhebt regelmäßig die Auslieferungszahlen von Tesla. Demnach verzeichnete Elon Musks Unternehmen in den ersten drei Monaten auf dem alten Kontinent insgesamt einen Rückgang um 37 Prozent im Vergleich zu 2024.
Interessantes zu einzelnen Ländern:
Der britische "Ausreißer" wurde auch in der Electrek-Kommentarspalte intensiv diskutiert. Ein offenbar gut informierter Kommentator führte dort weitere plausible Erklärungen für das auffällige Plus an.
Der Electrek-Chefredakteur kommentiert:
Aber würde das tatsächlich die Wende bringen?
Das Unheil scheint sich derweil fortzusetzen. Ein Reddit-User weist darauf hin, dass Tesla in Dänemark in den ersten zehn April-Tagen nur zwei Fahrzeuge verkauft habe.
In großer Zahl wollen Tesla-Besitzer ihre Fahrzeuge loswerden, um sich von Elon Musks inakzeptabler Einmischung in politische Belange zu distanzieren.
Wegen des wachsenden Überangebots an Gebrauchtwagen sinkt allerdings der Tesla-Wiederverkaufswert.
Hinzu kommt, dass Tesla selbst das Problem zusätzlich anheizt, indem es vergünstigte Modelle auf den Markt wirft. Diese Rabatte sind Gift für stabile Preise.
Wenn der Wiederverkaufswert eines teuren Produkts massiv sinkt, ist das ärgerlich und finanziell schmerzhaft für die Besitzer, die es weiterverkaufen möchten. Für Tesla könnte es zum Riesenproblem werden.
Ein Kommentator bringt den Teufelskreis, in den sich das Unternehmen manövriert hat, auf den Punkt:
Hinzu kommt, dass Tesla mit der wahrscheinlich schlimmsten Produkt-Lancierung in der langen Geschichte des Automobils kämpft. Der schnell rostende Edelstahl-Pickup entpuppt sich als Ladenhüter. Der jüngste Cybertruck-Rückruf betraf fast alle verkauften Einheiten und enthüllte, dass Tesla bislang nur knapp 50.000 seines umstrittensten Modells ausgeliefert hat.
Die Hiobsbotschaften nehmen kein Ende. Obwohl Tesla eine Million Vorbestellungen für den Cybertruck meldete, ist die Nachfrage im wichtigen amerikanischen Heimmarkt inzwischen marginal klein. Electrek berichtete Anfang April, dass Tesla in den USA neue Cybertrucks im Wert von 200 Millionen Dollar auf Lager habe.
Kommt hinzu: Wer in den USA einen neuen Tesla kaufen will, kann dafür keinen Cybertruck in Zahlung geben. Der Hersteller akzeptiert eigene Gebrauchtwagen nicht mehr, weil Cybertrucks praktisch unverkäuflich sind.
Elon Musk verspricht der Welt und vor allem den eigenen Investoren seit rund einem Jahrzehnt, dass Tesla-Autos kurz davor sind, sich in Robotertaxis zu verwandeln, die in der Lage sind, vollautonom zu fahren.
Lange behauptete Musk wider besseres Wissen, dass Kunden dafür nur ein großes Software-Update benötigten. Inzwischen musste er einräumen, dass es bei älteren Modellen nicht ohne Hardware-Upgrade (Chips) möglich sei. Doch nicht mal das ist sicher.
In China hat Tesla den Namen seines Systems vom hierzulande bekannten Full Self Driving (FSD) kürzlich in "intelligent assistiertes Fahren" geändert.
Das grundlegende Problem: Musk hat eine Multimilliarden-Wette am Laufen, dass Tesla das autonome Fahren nur mit Bord-Kameras und KI hinbekommt. Alle wichtigen Konkurrenten, darunter Google mit seinen Waymo-Robotaxis, sind hingegen überzeugt, dass es zusätzliche Hardware wie Lidar-Sensoren braucht, um ein autonomes Fahrsystem wirklich sicher zu machen.
Um herauszufinden, ob die FSD-Technik auch nur annähernd für Robotertaxis einsatzbereit ist, hat der US-TV-Sender CNBC monatelang Tesla-Besitzer begleitet und Fachleute für Fahrzeugsicherheit befragt. Deren Fazit: Von der Marktreife ist Tesla weit entfernt.
Und doch sollen laut Musk bis im Juni dieses Jahres in Texas die ersten Tesla-Robotaxis auf die Straße.
Kommt hinzu, dass Musk wegen seiner weitreichenden KI-Pläne auch noch juristischen Ärger hat.
2024 hatte Musk verlauten lassen, dass Tesla ein wichtiger Akteur im Bereich der künstlichen Intelligenz sein werde. Und dass KI-Technik für Teslas Zukunft von entscheidender Bedeutung sei. Doch Anfang 2024 drohte er damit, bei Tesla die KI-Entwicklung einzustampfen, wenn er nicht ein gewaltiges zusätzliches Aktienpaket und damit mehr Kontrolle über die Firma bekäme.
Wie Electrek diese Woche berichtete, haben die gegen Musk klagenden Tesla-Aktionäre inzwischen einen starken Verbündeten gefunden: OpenAI. Der ChatGPT-Entwickler hat eine Gegenklage gegen Musk eingereicht und weitere Details veröffentlicht, die zeigen, dass Musk die Öffentlichkeit jahrelang in die Irre geführt habe.
Electrek kommentiert:
Doch zurück auf den Boden der harten Tatsachen. Sollte es Tesla nicht wie versprochen schaffen, das kamerabasierte autonome Fahren sicher umzusetzen, dürfte dies zu weiteren Milliardenklagen führen und den Wert des Unternehmens irreparabel beschädigen.
Wie Electrek am Mittwoch berichtete, hat Harsh Rungta, der "Director of Accounting Controllership" bei Tesla, das Unternehmen verlassen und ist in die Aviatik-Branche gewechselt, zu einem Flugtaxi-Entwickler.
Gemäß den in seinem Linkedin-Profil aufgeführten Verantwortlichkeiten sei er für die gesamte Unternehmensbuchhaltung von Tesla verantwortlich gewesen.
Rungta, der maßgeblich zu den vierteljährlichen Finanzergebnissen von Tesla beigetragen habe, verlasse das Unternehmen nur zwei Wochen, bevor der E-Autohersteller voraussichtlich seine Finanzergebnisse für das erste Quartal 2025 veröffentlichen werde.
Im Februar hatte Electrek berichtet, dass Tesla auch zwei seiner "Top-Autodesigner" verliere.
Electrek-Chefredaktor Fred Lambert: