Bisher zeichnete sich kein Frieden zwischen Russland und Ukraine ab. Auch nach dem Gipfeltreffen in Washington sind noch zu viele Fragen offen. Eine Lösung für den Konflikt gibt es noch nicht, Politiker:innen wägen dennoch ab, wie es nach Kriegsende weitergeht. Die entscheidende Frage lautet: Welche Sicherheitsgarantien sind denkbar?
Erste Szenarien entstehen derzeit, wenn auch bisher unter Vorbehalt. Bundesaußenminister Johann Wadephul sprach am vergangenen Tag davon, mit "Taten an der Seite der Ukraine" zu stehen. Wie genau diese Taten aussehen sollen, ob sie darauf hinauslaufen, Friedenstruppen loszuschicken, konkretisierte er nicht.
Ein Richtungswechsel ist es dennoch. Im Podcast "Table.Today" stand er zuvor einer Entsendung deutscher Truppe noch skeptisch gegenüber. Das könne Deutschland überfordern. Sein CDU-Parteikollege Norbert Röttgen versicherte wiederum, Deutschland werde die Bedingungen für den Frieden gewährleisten, wenn er denn zustande kommt.
Ist es aber realistisch, dass Deutschland Truppen in die Ukraine schickt? Fehlt es dafür nicht an Soldat:innen?
"Die Bundeswehr ist dazu zwar nur eingeschränkt in der Lage, müsste und würde sich aber sicherlich an Sicherheitsgarantien für die Ukraine beteiligen", sagt Thorsten Bonacker, Professor für Friedens- und Konfliktforschung, zu watson. "Ich gehe davon aus, dass dies auch Truppenunterstützung, in welcher Form auch immer, beinhaltet."
Bei der Truppenunterstützung wird es knifflig. Die Bundeswehr braucht Verteidigungsminister Boris Pistorius zufolge 60.000 zusätzliche Soldat:innen. Das sei aber nur eine Daumengröße, betonte er in Brüssel. Wofür genau, ist ohnehin unklar. Pistorius begründet die Truppenaufstockung mit dem Argument, dass Deutschland seine Verteidigungsfähigkeit sichern müsse – und hofft langfristig auf eine Friedensdividende.
Pistorius sprach bei der Aufstockungsthematik aber nicht davon, ob die nötigen Truppen für die Sicherung der Ukraine Teil der Rechnung sind. Große Zusicherungen gab es da noch nicht.
Bonacker sagt, Deutschland müsse an der Seite der Ukraine stehen, komme, was wolle. "Das muss, will man nicht unglaubwürdig werden, auch eine Unterstützung für die Sicherheitsgarantien einschließen." Im Kern gehe es auch um die Sicherheit Deutschlands. Immerhin liege seit 2022 ein Bedrohungsfall vor.
Unabhängig der Truppenstärke stellt sich zudem die Frage, inwiefern es nicht eine Eskalation mit Russland bedingen könnte, wenn Deutschland etwa an der ukrainischen Grenze zu Russland Soldat:innen stationiert.
Eine Eskalation wäre Bonacker zufolge unwahrscheinlich. "Diese Truppen wären Bestandteil einer Vereinbarung über Sicherheitsgarantien, die zumindest mit den USA und der Ukraine, vermutlich auch mit Putin geschlossen werden würden", erklärt er gegenüber watson.
"Allerdings", grenzt er ein, "bräuchte man einen klaren Plan dafür, was passiert, wenn Putin zu einem späteren Zeitpunkt die Ukraine erneut angreift. Sicherheitsgarantien müssen eine Reaktion darauf enthalten, ansonsten wirken sie nicht abschreckend."
Sorge bereitet hier vor allem Putins laxer Umgang mit diplomatischen Versprechen. Dieser zwingt laut Bonacker dazu, sich möglichst robust abzusichern. Alles andere wäre eine Einladung an Putin, den nächsten Angriff vorzubereiten.
Wobei an dieser Stelle angemerkt sei, dass es bei in der Ukraine stationierten Truppen aus Deutschland, einem Nato-Staat, ein etwas anderer Konflikt werden könnte. Ein Fakt, der Putin sehr wahrscheinlich klar ist.