So beginnt ein Ausschnitt aus einer Talkshow, die am Samstagabend im russischen Staatsfernsehen ausgestrahlt worden war. Beim Sprechenden handelt es sich um Boris Nadezhdin, einen ehemaligen Duma-Abgeordneten aus dem liberalen oppositionellen Lager.
Er gibt in der Besetzung der russischen Talkshow meist den Skeptiker, der danach von den Putin-treuen Gästen verbal niedergerungen wird. Am Samstag war alles anders.
Doch von vorn.
Nadezhdin fährt fort: "Wir sind jetzt an einem Punkt, an dem wir verstehen müssen: Es ist absolut unmöglich, gegen die Ukraine zu gewinnen."
So wie Russland den Krieg führen wolle – mit den Ressourcen und den kolonialen Kriegsmethoden, mit Vertragssoldaten und Söldnern, ohne Mobilisierung –, sei die Ukraine nicht zu schlagen, so Nadezhdin. Dafür sei die ukrainische Armee zu stark:
Er schlage Friedensgespräche vor, um den Krieg zu beenden und um zur Diskussion über politische Probleme übergehen zu können, so Nadezhdin.
"Sollte man also mit Verhandlungen beginnen?", hakt der eine Moderator direkt nach.
Bevor er antworten kann, fällt ihm Sergey Mironow ins Wort. Es werde keine Verhandlungen mit Selenskyjs "Nazi-Regime" geben, das System müsse zerstört werden, so der Duma-Abgeordnete ganz in Putin-Manier.
Mironow weiter: "Wladimir Wladimirowitsch [Putin] sagt: 'Wir haben noch nicht mal begonnen. Wir fangen an, wenn es nötig ist.'"
Da erhebt sich plötzlich die Stimme eines anderen Gastes: "Entschuldigen Sie, aber worauf warten wir?"
Es ist die Stimme von Viktor Olewitsch, einem Strategie-Experten. An Mironow gerichtet, fragt Olewitsch:
Mironow beschwichtigt, tritt dabei aber tief ins Fettnäpfchen. Argumentierte er zuvor noch, dass Putin noch nicht mal angefangen habe, gesteht er die Rückschläge nun indirekt ein. Dabei wiederholt er inhaltlich ziemlich genau das, was Nadezhdin zu Beginn des Gespräches gesagt hatte:
Da schaltet sich Alexander Kazakov ins Gespräch ein. Der Staatsduma-Abgeordnete wendet sich mit einer nicht so subtilen Drohung an Nadezhdin: Er solle auf seine Sprache aufpassen. Nur schon beiläufig über koloniale Kriege zu sprechen, sei in diesem Fall völlig inakzeptabel. Aufgebracht fragt er Nadezhdin:
Der Ausschnitt endet mit einem verbalen Ausrutscher Kazakovs: Er bezeichnet den Krieg in der Ukraine tatsächlich als "Krieg" – und nicht als "Spezialoperation", was die Sprachregelung des Kreml vorsehen würde. Und dieser Krieg müsse unbedingt gewonnen werden.
Auf die Frage, wie lange das denn dauern würde, antwortet er gereizt: "Wie lange es auch dauern mag", worauf Nadezhdin gelassen antwortet: "Danke für Ihre ehrliche Antwort".