Bundeskanzler Olaf Scholz hat am Montag überraschend die Ukraine besucht. Es war sein zweiter Besuch seit Beginn des russischen Angriffskriegs. Mit einem Sonderzug fuhr Scholz gut neun Stunden von Polen nach Kiew.
Bei seinem Besuch sagte er der Ukraine weiteren Beistand zu. Noch bis Ende des Jahres sollen weitere Kampfpanzer, Raketen und Drohnen geliefert werden. Von einem Wert von 650 Millionen Euro war dabei die Rede. Er kassierte dafür Kritik vom eigenen Koalitionspartner.
Der Haushaltspolitiker Sebastian Schäfer (Grüne) kritisierte das Versprechen gegenüber der "Bild". "Dieses Paket ist die Teil-Umsetzung der Unterstützung, die der Kanzler Selenskyj bei seinem Besuch in Berlin im Oktober versprochen hatte", sagte Schäfer. "Der Kanzler kommt mit leeren Händen."
Auch auf X kritisiert er Scholz und wirft ihm eine Lüge vor. "Leider beginnt er die Reise wieder mit seiner Lüge vom 'stärksten' Unterstützer in Europa", schrieb er dort. "Als kühl kalkulierender Haushälter muss ich feststellen: Platz 14, ehrlich gemessen am BIP-Anteil."
Auch vom Ex-Koalitionspartner FDP gibt es Kritik. Der Haushaltspolitiker Karsten Klein sagte der "Bild": "Wir haben keine neuen Mittel beschlossen." Scholz könne sich also nur auf die bestehenden Zusagen beziehen.
Auch die Opposition arbeitet sich an Scholz' Ukraine-Besuch ab. Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sagte der "Augsburger Allgemeinen": "Scholz macht Wahlkampf auf dem Rücken der ukrainischen Bevölkerung und bedient zugleich russische Angst-Narrative."
Mit seiner kurzfristigen Reise in die Ukraine wolle er der zunehmenden Kritik in Deutschland an seinem "verantwortungslosen Wahlkampf" entgegentreten, fügte Kiesewetter hinzu. "Das ist nicht nur schäbig, sondern er isoliert Deutschland zunehmend und gefährdet unsere Sicherheit", kritisierte Kiesewetter.
Die Ukraine fordere eine Einladung in die Nato, weitreichende Waffen und die Freigabe, militärische Ziele in Russland anzugreifen. Alles drei lehne Scholz kategorisch ab, sagte der CDU-Politiker. "Deshalb ist die Reise vor allem beides: verlogen und Wahlkampf auf dem Rücken der Ukraine", betonte Kiesewetter.
Sein CDU-Kollege im Haushaltsausschuss, Ingo Gädechens, bestätigte der "Bild", dass im Haushaltsausschuss kein Antrag auf neue Ukraine-Unterstützung eingegangen sei. "Etwas Neues kommt nicht dazu. Damit gibt der Kanzler einmal mehr unser Land der Lächerlichkeit preis", findet er.
Dieser Kritik schließt sich auch der Ex-FDP-Finanzstaatssekretär Florian Toncar an. Gegenüber "Bild" sagte er: "Dass sich Olaf Scholz nach seiner üblen Wahlkampfrede, in der er die Ukraine für seinen Angst-Wahlkampf instrumentalisiert hat, noch in die Ukraine traut, ist wohl das Beachtlichste an dem Besuch."