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34.000 abgestrafte Hartz-IV-Empfänger. Was hinter der Zahl steckt

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34.000 abgestrafte Hartz-IV-Empfänger – was hinter der Zahl steckt

01.06.2018, 09:3501.06.2018, 16:16
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Eine Zahl geht um in Deuschland: 34.000. Die Grünen haben sie über eine kleine Anfrage in Erfahrung gebracht. So vielen Empfängern von Hartz IV strich der Staat im vergangenen Jahr die "Stütze".

Für Alleinstehende bedeutet die "Sanktionierung": 416 Euro Hartz IV im Monat bleiben ihnen verwehrt. Auch Wohngeld und sonstige Leistungen fallen weg.

Die Streichungen sind die letzte Stufe einer Hartz IV-Sanktionskette:

  • Wer unentschuldigt einem Termin mit dem Jobvermittler fern bleibt, kann einen Teil seiner Leistungen verlieren.
  • Wer einen "zumutbaren" Job ablehnt, begeht eine Pflichtverletzung. Wiederholt sich das, gibt es gar keine Hilfe mehr. Was zumutbar ist und was nicht, regelt das Sozialgesetzbuch.
  • Bei unter 25-Jährigen sind die Strafen härter. Schon bei der ersten Verletzung gibt es kein Geld mehr. Bei der zweiten bezahlt der Staat unter anderem die Wohnung nicht mehr.

Vor allem jungen Menschen verzeiht der Staat in Deutschland die Langzeit-Arbeitslosigkeit kaum:

Was sagt diese Zahl 34.000 also? Absolut genommen relativ wenig. 

Erst im Kontext gewinnt sie an Bedeutung:

  • Die 34.000 Sanktionierten sind Teil von insgesamt 5,5 Millionen Hartz IV-Berechtigten im Jahr 2017
  • Rund 0,6 Prozent der Beziehenden verlieren demnach ihre Leistungen.
  • Selbst diese Zahl spiegelt die Realität nicht absolut wider. Eine Sprecherin der Bundesagentur für Arbeit sagt gegenüber watson, unter den 5,5 Millionen komme es zu Doppelnennungen. Das kommt etwa vor, wenn sich jemand zweimal im Jahr bei der Bundesagentur für Arbeit gemeldet hat.
  • Die Zahlen sind laut Arbeitsagentur sogar rückläufig. In einer eigenen Erhebung stellt sie fest: Von 2008 bis 2017 habe sich die Zahl der Sanktionierten halbiert.

Kleine Zahl, kein Problem?

Keineswegs. Denn die Sanktionierung ist nicht unumstritten. 

2016 hat das Sozialgericht in Gotha beim Bundesverfassungsgericht gegen sie geklagt. Die Gründe:

  • Unter 25-Jährige werden härter bestraft als Ältere. Die Sozialrichter argumentieren, dass so vor dem Gesetz mit zweierlei Maß gemessen wird.
  • Aus dem Grundgesetz leitet sich ein Grundrecht auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums ab. Wer Hartz IV als Strafe streicht, so argumentieren Experten, könnte gegen dieses Recht verstoßen.

Es gibt auch Fürsprecher:  Etwa der Vorsitzende der Arbeitsgruppe Arbeit und Soziales in der Fraktion, Peter Weiß (CDU).

Weiß sagt:

"Zum Fördern gehört auch das Einfordern von eigenen Anstrengungen."

Er ist überzeugt: "Hartz IV wird von den Steuerzahlern finanziert. Diese müssen auch verlangen können, dass der Leistungsempfänger alles unternimmt, die Hilfesituation zu überwinden."

Dementgegen stehen Studien, etwa der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung. Sie argumentieren, dass Sanktionen die Arbeitssuche erschweren, weil sich Betroffene aus dem Sozialen Leben zurückziehen würden.

Die Positionen in diesem Streit scheinen festgefahren. Karlsruhe jedenfalls hatte die Klage aus formellen Gründen abgewiesen, will aber noch in diesem Jahr über einen zweiten Anlauf verhandeln.

Ende der Sanktionierung, Ende von Hartz IV?

Entscheiden die Richter in Karlsruhe gegen die Sanktionen würden sie aussagen: Die 34.000 wurden zu Unrecht bestraft. Dann könnte das System Hartz IV in sich zusammenfallen.

So sieht es zumindest der Armutsforscher und ehemalige Präsidentschaftskandidat der Linken Christoph Butterwegge. Er glaubt an einen"Dominoeffekt" und ist überzeugt: Ohne die Sanktionen würde Hartz IV nicht länger funktionieren, weil die Arbeitsagenturen sie als Druckmittel einsetzen würden.

Im Ergebnis bleibt also stehen: 34.000 klingt erst einmal viel. Im Kontext gesehen, relativiert sich diese Zahl.

Dennoch sorgt das Prinzip der "Sanktionierung" immer wieder für Streit und könnte – insofern Karlsruhe so entscheidet – noch zu einem der Themen dieses Jahres werden.

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