
Der russische Präsident Wladimir Putin verfolgt seine eigenen Ziele.Bild: Pool Sputnik Kremlin / Vyacheslav Prokofyev
Analyse
Donald Trump will die große Friedensgeste inszenieren: ein Treffen zwischen Putin und Selenskyj, am liebsten gleich mit ihm selbst am Tisch. Doch während in Washington Orte sondiert und Garantien diskutiert werden, zeigt der Kreml andere Interessen.
20.08.2025, 12:3920.08.2025, 12:39
Donald Trump träumt vom großen Durchbruch im Ukraine-Krieg. Nach seinem Gipfel mit Wladimir Putin in Alaska und dem Treffen mit Wolodymyr Selenskyj in Washington kündigte er gleich den nächsten Schritt an: ein historisches Dreier-Treffen mit beiden Präsidenten, womöglich in Budapest.
Der US-Präsident inszeniert sich als Vermittler, der das Ende des Kriegs "in zwei Wochen" einleiten könnte. In Europa gibt es unterdessen die einheitliche Bemühung, sich aktiv zu beteiligen und Selenskyj den Rücken zu stärken.
Und tatsächlich scheint sich auf diplomatischer Ebene etwa zu tun – zumindest wird das Wort Frieden vermehrt in den Mund genommen, von allen Seiten. Doch ein Blick auf die Signale aus Moskau und innerhalb Russlands zeigt ein ganz anderes Bild.
Während das Weiße Haus den Ort sondiert und die Schweiz Immunität für Putin anbietet, bremst der Kreml. Eine Begegnung zwischen Putin und Selenskyj wirkt unter diesen Bedingungen mehr wie Kulisse für Trumps Selbstinszenierung als eine reale Perspektive. Hier sind fünf Anzeichen, die darauf hindeuten:
Putins Propaganda fesselt ihn selbst
Putin hat Selenskyj über Jahre als "illegitim" und als Marionette des Westens gezeichnet. Ein direktes Gespräch würde diese Grundfigur russischer Propaganda unterlaufen und innenpolitisch Erklärungsdruck erzeugen.
Regelmäßig wird behauptet, seine Amtszeit sei längst abgelaufen. Es ist eine Behauptung, die ignoriert, dass in der Ukraine unter Kriegsrecht keine Wahlen stattfinden dürfen. Gleichzeitig wächst auch in Kiew die Debatte, wie lange sich eine Regierung ohne reguläre Wahl legitimieren kann. Eine toxische Vorlage, die Moskau propagandistisch ausschlachtet.
Analysen verweisen genau auf dieses Dilemma: Wer den Gegner delegitimiert, kann ihn nicht plötzlich als gleichrangig behandeln, zumindest nicht ohne Vorleistungen Kiews. Für Putin wäre das Signal in Russland fatal. Hinzu kommt sein Blick auf den Krieg: Für den Kreml ist er primär eine Konfrontation mit dem Westen, die Ukraine ist dafür die Bühne.

Russische Propagandamedien bezeichnen Selenskyj als Clown.Bild: AP / Julia Demaree Nikhinson
In dieser Logik ist ein Treffen mit Selenskyj zweitrangig – es sei denn, Washington könnte Kiew vorab zu substantiellen Zugeständnissen drängen. Davon ist aktuell nichts verlässlich sichtbar.
Das "Schritt-für-Schritt"-Mantra als Verzögerung
Angesichts der internationalen Aufmerksamkeit auf die Verhandlungen schreibt die staatliche Nachrichtenagentur "Tass" vom "Eis, das gebrochen sei", sie lobt Trump in höchsten Tönen – bleibt aber bei vagen Zeiträumen. Trumps Ankündigungen, dass es zu einem Treffen "innerhalb von zwei Wochen" kommen könnte und die Realität in Moskau klaffen damit weit auseinander.
Ein Blick auf Kreml-Medien zeigt, dass Moskau Zeit schinden will. Die Kommunikation verweist dort gebetsmühlenartig auf notwendige Vorstufen für die Treffen.
Außenminister Sergej Lawrow betont etwa, dass "äußerste Sorgfalt" geboten sei, Berater Juri Uschakow spricht von einer möglichen Höherstufung der Delegationen, nicht von Präsidentenebene.
Das ist klassische Taktung: erst Treffen zwischen Expert:innen, dann Unterhändler, irgendwann erst Staatschefs. "Politico" resümiert dieses Zögern explizit: Selbst wohlwollende Lesarten im Staatsumfeld bleiben vage.
Für Trump wirkt dieser Zwischenschritt wie ein Zeichen von Fortschritt. Für den Kreml ist er vor allem eine Möglichkeit, Zeit zu schinden, Erwartungen zu steuern und den Einsatz für weitere Gespräche hochzuschrauben.
Territorium als große Streitfrage
Kiew braucht für Friedensverhandlungen Sicherheitsgarantien. Für Moskau ist eine Nato-Mitgliedschaft eine rote Linie. Nach dem Treffen Selenskyjs mit Trump hat der ukrainische Präsident signalisiert, über den Verzicht auf Nato-Mitgliedschaft zu diskutieren, sofern belastbare Sicherheitsgarantien vorliegen.
Wie diese aussehen könnten, wird derzeit diskutiert und ist ein wichtiger Bestandteil des Friedensprozesses. Ein positives Signal.
Der eigentliche Stolperstein bleibt das Territorium. Der Kreml will Fakten an der Front in politische Gewinne übersetzen: So forderte Putin als Voraussetzung für einen Frieden die Abtretung des gesamten Donbass an Russland. Kiew nennt Gebietsverzicht öffentlich weiter eine rote Linie.
Selenskyj bekräftigte, die Verfassung verbiete es, ukrainisches Territorium "abzugeben"; Gespräche über Grenzen seien nicht Teil dessen, was Kiew akzeptieren könne.
Genau deshalb hat Putin keinen Anreiz, Selenskyj jetzt zu treffen: Je länger der militärische Druck anhält, desto schlechter wird Kiews Verhandlungsposition.
Ort als Schachzug: Putin bringt Moskau ins Spiel
Wo könnte ein trilaterales Treffen mit Trump, Selensykj und Putin stattfinden? Die US-Planungen kreisen um Budapest. Für die Ukraine ist das politisch heikel: Wegen Ungarns Nähe zu Moskau und der Blockaden in der EU.
Paris wirbt für Genf; die Schweiz signalisiert, sie könne Putin trotz ICC-Haftbefehl Immunität für offizielle Friedensgespräche gewähren. Das ist juristisch umstritten, politisch hochsymbolisch.
Russland selbst ließ zuletzt gar Moskau anklingen, was für die Ukraine natürlich indiskutabel ist. Das ist Putin sehr wohl bewusst. Doch dass Kiew dies ablehnt, kann in russischen Propagandamedien instrumentalisiert werden, um zu zeigen: Wir wollen Frieden, doch die Ukraine stellt sich quer.
Der Vorschlag zeigt, dass Putin nicht an Inhalten und an einem echten kurzfristigen Frieden im Ukraine-Krieg interessiert ist.
Der Kriegsverlauf spricht dagegen
Russland verstärkt seine Angriffe: Drohnenattacken, Raketenbeschuss, Geländegewinne im Osten. Wer kurz vor einer Einigung steht, handelt anders, könnte man meinen. Statt Friedenssignalen setzt Putin auf Zermürbung. Sein Kalkül: Je länger der Krieg dauert, desto erschöpfter die Ukraine, desto wahrscheinlicher ein Deal zu seinen Bedingungen.
Betrüger nutzen die Verzweiflung der Menschen im Gazastreifen aus. Mit gefälschten Einwanderungsangeboten versuchen sie, den unter dem Krieg leidenden Menschen Geld abzuknöpfen.
Die humanitäre Lage im Gazastreifen ist katastrophal. In den vergangenen eineinhalb Jahren sind mehr als 80 Prozent der Infrastruktur im Küstenstreifen durch die Offensive Israels zerstört worden. Durch die Abriegelung kamen lange Zeit kaum Hilfsgüter zu den Menschen vor Ort; jetzt sind es immer noch viel zu wenige für die an Hunger leidenden Menschen.