Nach der Festnahme eines ehemaligen serbischen Polizisten am Samstag blockierten im Kosovo lebende Serben Hauptstraßen im Norden des Landes. Zudem kam es zu Schusswechseln zwischen der kosovarischen Polizei und den Protestanten. Serbien will nun Soldaten in die Region schicken, der Kosovo sich "mit aller Entschlossenheit" verteidigen. Ein Überblick über die Ereignisse.
Im Zuge des Streits um serbische Nummernschilder aus der Zeit vor dem Kosovo-Krieg sind im vergangenen Monat zahlreiche serbischstämmige Polizisten sowie Behördenmitglieder aus dem Dienst ausgetreten. Hintergrund des Streits ist, dass der Kosovo ankündigte, die alten serbischen Nummernschilder nicht mehr zu akzeptieren. Aus Protest traten zahlreiche kosovarische Serben von ihren Positionen zurück.
Am Samstag wurde nun einer der ehemaligen Polizisten, Dejan Pantic, verhaftet. Ihm wird vorgeworfen, Angriffe auf Wahllokale bei den Kommunalwahlen geplant zu haben.
Teile der serbischen Minderheit im Kosovo reagierten auf die Verhaftung von Pantic mit Straßenblockaden. Bereits am Samstag wurden Hauptstraßen und andere Verkehrsknotenpunkte mit LKWs unpassierbar gemacht. Im Nord-Kosovo, an der Grenze zu Serbien, wo besonders viele ethnische Serben leben, wurden zwei Grenzübergänge blockiert.
Der kosovarische Innenminister Xhelal Zvecla schrieb anschließend auf Facebook, dass es sich bei Aufständischen um "kriminelle Gruppen" handle, die unter der Führung des serbischen Staatschef Aleksandar Vucic stünden. Diesen bezeichnete er zudem als "Lügner" und "Propagandist".
Es blieb allerdings nicht bei den Straßenblockaden durch die serbischen Demonstranten. Im Norden des Kosovo kam es auch zu Schusswechseln. Laut der lokalen Polizei wurde diese in der Nähe des Grenzübergangs Bernjak von mindestens drei verschiedenen Gruppen beschossen.
Weiter wurde eine Blendgranate auf ein Auto geworfen, das der EU-Mission im Kosovo gehört. Berichte über Verletzte gab es zunächst keine.
Der serbische Präsident Aleksandar Vucic reagierte auf die Verhaftung von Pantic und die Ereignisse in Nord-Kosovo mit der Ankündigung, bei der Kosovo-Schutztruppe KFOR die Verlegung von 1000 serbischen Soldaten in den Kosovo zu beantragen. Die KFOR ist eine von der NATO angeführte Militäreinheit, die aus Soldaten verschiedener Länder besteht und den Frieden im umstrittenen Gebiet sichern soll. Auch die Schweiz beteiligt sich am Einsatz.
Vucic erklärte, dass er nicht damit rechne, dass die KFOR die Truppenverschiebung bewilligen werde. Die Straßenblockaden und Proteste sind laut dem serbischen Präsidenten erzwungen, die serbische Bevölkerung müsse sich vor den kosovarischen Sicherheitskräften schützen. Er fordert zudem die Freilassung aller inhaftierten Serben im Norden des Kosovo.
Am Sonntag beteuerte Vucic dann gegenüber der Nachrichtenagentur Reuters, dass Serbien "auf jeden Fall" die Lage im Norden des Kosovo zu deeskalieren versuche.
Der kosovarische Ministerpräsident Albin Kurti sah in Vucics Worten eine weitere Provokation und Aggression Serbiens. Er schrieb auf Facebook, dass Serbien dem Kosovo seit einigen Tagen mit Aggression drohe. Der Präsident und Premierminister von Serbien fordere die Rückkehr der serbischen Armee in den Kosovo. "Wir wollen keinen Konflikt, wir wollen Frieden und Fortschritt. Aber wir werden mit aller Macht, die wir haben, auf Aggression reagieren", so Kurti.
Weiter forderte er die kosovarischen Serben auf, sich von Vucic und dessen "Regime" zu distanzieren.
Im Kosovo gibt es seit langem Spannungen zwischen den verschiedenen ethnischen Gruppen der Serben und der Kosovaren. In den Jahren 1998 und 1999 ereignete sich der Kosovo-Krieg zwischen der kosovarischen Befreiungsarmee UÇK und der serbisch dominierten Armee Jugoslawiens. Die NATO griff ebenfalls in den Konflikt ein, um die albanische Mehrheit im Kosovo zu schützen.
2008 erklärte der Kosovo dann seine Unabhängigkeit. Allerdings anerkennen nur 115 Staaten der Vereinten Nationen, darunter die Schweiz, den Kosovo als unabhängig an. Serbien erachtet den Kosovo offiziell als autonome Provinz. Es gibt allerdings stark nationalistische Strömungen in Serbien, die den Kosovo nach wie vor als serbisches Staatsgebiet betrachten. Da im Kosovo zugleich nach wie vor eine serbische Minderheit lebt, gibt es zahlreiche Konfliktpunkte zwischen den Ländern.