Das Bundeskabinett hat am Mittwoch über den Gesetzentwurf zur geplanten Cannabis-Legalisierung beraten und ihn gebilligt. Nun geht er vor den Bundestag.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) ist sich sicher: "Wir werden mit einem Gesetz kommen", sagte er in der anschließenden Bundespressekonferenz. Denn: Im ersten Schritt haben die Länder tatsächlich nichts mitzureden. Der Beschluss ist in der Länderkammer nicht zustimmungspflichtig.
Aktuell sträubt sich vor allem das CSU-regierte Bayern vehement gegen das Ampel-Vorhaben, Cannabis zu teillegalisieren.
Geplant sind laut Gesetzentwurf eine Begrenzung von 25 Gramm pro Tag pro Person und 50 Gramm pro Monat. Die sind in neu zu gründenden Vereinen von bis zu 500 Personen zu erwerben.
Da kommen wieder die Länder ins Spiel, denn die entscheiden selbst, ob sie eine solche Anbaugruppe zulassen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat bereits angekündigt, dies genauestens zu prüfen. Nach Ende der Bundespressekonferenz twitterte er: "Klar ist: mit uns KEINE Cannabis-Legalisierung!"
Das sieht Lauterbach anders. Doch in seinem Masterplan sind offenbar noch ein paar unbeantwortete Fragen.
Denn aktuell ist es so: Die einen fordern eine umfangreichere Legalisierung, warnen vor einem "Bürokratie-Monster" – und die anderen betonen immer wieder, eine Legalisierung sei genau der Schritt in die falsche Richtung.
Karl Lauterbach betonte: "Es ist ein schlechtes Zeichen für ein Gesetz, wenn es von zwei Seiten kritisiert wird." Doch in diesem Fall sei es ein gutes Zeichen. Er begrüße sogar die kontroverse, offene Debatte ausdrücklich, sagte er am Mittwoch in der Bundespressekonferenz.
Derzeit beobachte man einen steigenden Konsum von Cannabis, vor allem bei jungen Erwachsenen. Das gelte auch für Bayern, das den Plan scharf kritisiert. Zudem steigt die Drogenkriminalität und der wachsende Schwarzmarkt für Cannabis werde immer mehr zum Problem.
Kritiker:innen hätten auf all dies keine Antwort, sagte Lauterbach. Die Ampel hingegen wolle mit dem Gesetz den Schwarzmarkt zurückdrängen und den Konsum sicherer machen, insbesondere für Kinder und Jugendliche.
Letzteres ist einer der häufigsten Kritikpunkte in der Debatte. Studien aus den USA belegen beispielsweise bereits, dass legal erworbenes Cannabis trotzdem an junge Erwachsene weitergereicht wird. So auch die Sorge in Deutschland.
Die Antwort der Ampel darauf ist: eine umfassende Präventionskampagne. Ein Beispiel für die Kampagnenwerbung war im Haus der Bundespressekonferenz zu begutachten. Dort wird mit "flapsigen Sprüchen", wie Lauterbach sie nennt, auf die Gefahren des illegalen Konsums hingewiesen. Zum Beispiel: "Legal, aber ... lost. Cannabis kann sich negativ auf die soziale Entwicklung von Kindern und Jugendlichen auswirken." Fraglich bleibt, wie gut diese Sprüche tatsächlich ankommen.
Wer beim illegalen Konsum erwischt wird, dem drohen unter Umständen dann auch Maßnahmen des Jugendamts.
Für 18- bis 21-Jährige soll es zudem eine THC-Obergrenze von 10 Prozent geben. THC, also Tetrahydrocannabinol, eine chemische Verbindung, die die Cannabispflanze produziert, ist für die berauschenden Nebenwirkungen von Cannabis verantwortlich.
Auch für den Straßenverkehr soll es eine belastbare THC-Obergrenze geben. Die Prüfung und Umsetzung dieser liegt aktuell bei Verkehrsminister Volker Wissing (FDP).
Lauterbach erhofft sich durch die Präventionskampagne "eine ganz andere Aufmerksamkeit" bei der Jugend und ihren Eltern für das Thema. "Es ist und bleibt bei Kindern und Jugendlichen sehr gefährlich." Ob der Plan aufgeht, ist aktuell noch nicht abzusehen.
Eine weitere Befürchtung hierzulande ist zudem, dass der Schwarzmarkt sogar von den Maßnahmen der Teillegalisierung profitieren könnte. Denn das System weist einige Lücken auf.
So könnte man sich theoretisch bei mehreren Anbauvereinen anmelden und die zulässigen 50 Gramm pro Monat verdoppeln. Diese wiederum könnten an die Menschen weitergegeben werden, die ihre zulässige monatliche Gesamthöhe ebenfalls bereits erreicht haben. Das zu überprüfen, werde schwer, sagte Lauterbach.
Laut dem Gesundheitsminister werden das aber wohl nur wenige Ausnahmen sein in der Praxis. Ebenfalls zum jetzigen Zeitpunkt nur eine vage Annahme.
Lauterbach beruft sich dabei auf das Vorhaben, konkurrenzfähig zum Schwarzmarkt zu sein. Dabei helfen soll das Genossenschaftsprinzip der Anbauvereine und dauerhaft niedrigere Preise als auf dem Schwarzmarkt. Kurzum: Es soll für die Konsument:innen einfacher, günstiger und vor allem sicherer sein, sich legal Cannabis zu beschaffen, als auf dem Schwarzmarkt.
Denn mittlerweile rede man über ganz andere Dosierungen als früher, betont Lauterbach. Dabei sind synthetische Cannabinoide "ein Riesen-Problem", sagte er. Das sind künstlich hergestellte Substanzen, die die Wirkung des natürlichen THC verstärken.
Seine Antwort auf die Frage von watson, wie dagegen vorgegangen werden soll, blieb ebenfalls etwas vage. "Ich glaube, dass wir die Überprüfung stichprobenartig in den Vereinen durchführen müssen", sagte er.
Verantwortlich für ein "reines" Cannabis, ohne die Beimischung von etwa synthetischen Cannabinoiden, seien damit auch die Vereine. Im Umkehrschluss würden sie dann auch gegen das Gesetz verstoßen und ihre Lizenz verlieren, führte Lauterbach aus. Doch auch hier argumentierte der Gesundheitsminister mit der Annahme, dass solche Beimengungen Ausnahmen bleiben werden.
In einigen Fragen hat die Ampel also offenbar noch keine belastbaren Antworten ausgearbeitet. Dennoch ist Lauterbach überzeugt: Das Vorhaben der Bundesregierung ist die "bisher beste Form der Legalisierung, die versucht wurde".