Für den bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU) muss letzte Woche im Bundestag wohl eine große Enttäuschung gewesen sein. Er hatte sich auf eine Debatte mit seinem Erzfeind und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) eingestellt. Dieser fehlte aber spontan aufgrund eines Defekts an einem Regierungsflugzeug und Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) musste für ihn einspringen.
So konnte Söder dem seiner Meinung nach "schlechtesten Wirtschaftsminister, den Deutschland je hatte" die Rücktrittsforderung nicht persönlich überbringen. "Eigentlich wäre der Rücktritt von Habeck jetzt schon fällig", sagte er bei seiner ersten Rede im Bundestag.
Habeck hat am Montagmorgen im Podcast "Apokalypse und Filterkaffee" auf die Rücktrittsforderung geantwortet. "Söder hat einen Crush auf mich", sagte der Wirtschaftsminister im Gespräch mit dem Moderator Micky Beisenherz. Dieser "Crush" sei allerdings nur einseitig, ergänzte Habeck scherzend.
Auf Beisenherz' Frage, was er denn Söder angetan habe, damit der bayerische Ministerpräsident so besessen von ihm ist, antwortete er: "Söder fühlt sich herausgefordert durch mein politisches Konzept von Verantwortungsbewusstsein und Pragmatismus." Denn der bayerische Ministerpräsident handele erratisch und verantwortungslos.
Als Beispiel dafür nannte Habeck den Atomausstieg. Den habe Söder erst gar nicht schnell genug haben können. Dann habe er die Windkraft nicht genug ausgebaut und fordere jetzt wieder neue Atomkraftwerke. Gleichzeitig sage Söder nicht, wo diese stehen und wo die Endlager für den Atommüll gebaut werden sollten.
"Diese Form von Politik ist so konträr zu all dem, was ich richtig finde, was ich versuche zu sein und zu verkörpern", ergänzte Habeck.
Das Ego-Duell der beiden Politiker zieht sich schon seit Monaten. Als sie im Juni gemeinsam das Flutgebiet in Bayern besuchten, drängte sich Söder etwa noch mit in das Bild der Fernsehkameras, als diese gerade Habeck filmten.
Im August teilte Habeck dann bei einem Bürgerdialog kräftig gegen Söder aus. Er könne den bayerischen Ministerpräsidenten "inhaltlich-fachlich nicht mehr ernst nehmen". Söders Energiepolitik zeuge von "tiefer Ahnungslosigkeit" und seine Angst vor einem Genderzwang durch die Grünen sei "Obsession“ und ein "Fetisch".
Dass die Grünen mit der Union nach der Bundestagswahl eine gemeinsame Regierung bilden, wird derweil immer unwahrscheinlicher. Söder schließt eine solche Koalition sogar aus. "Schwarz-Grün ist für uns keine Option", sagte der bayerische Ministerpräsident in einer ARD-Sendung am Sonntag.
Tatsächlich gaben Söder und Habeck dem "Spiegel" im Dezember 2020 ein Doppelinterview. Damals war das Verhältnis der beiden noch besser. Söder sagte sogar, dass Schwarz-Grün einen großen Reiz hätte. Und auch Habeck hatte damals noch liebe Worte für Söder übrig. Er nannte ihn mit Bezug auf die Corona-Pandemie ein Kamel – im positiven Sinne:
Von diesen Nettigkeiten ist jetzt nicht mehr viel übrig. Der Journalist und Söder-Kenner Roman Deininger fasste den Konflikt der beiden im Feuilleton der "Süddetusche Zeitung" treffend zusammen: "Es mag sein, dass Olaf Scholz und Friedrich Merz demnächst untereinander ausmachen, wer Bundeskanzler wird. Robert Habeck und Markus Söder klären, wer der geilste Typ im Land ist."