Die Diskussion um Diskriminierung bei der Polizei in Deutschland ist keine neue. Seit Jahren wird über diskriminierende Praktiken bei der Polizei gesprochen – wie etwa sogenanntes Racial Profiling.
Doch bewiesen werden konnten solche Praktiken bisher nicht. Eine neue repräsentative Untersuchung des Sachverständigenrats für Integration und Migration (SVR) geht einen anderen Weg als bisherige Studien. Denn bislang wurde sich dabei lediglich auf eine mögliche Migrationsgeschichte gestützt.
Die Autor:innen der neuen Studie zu "Racial Profiling bei Polizeikontrollen" gingen nun jedoch von der Überlegung aus, dass der optische Eindruck bedeutsamer sein könnte als das Geburtsland der Eltern.
Die am Mittwoch veröffentlichte Studie kommt dabei zu einem eindeutigen Ergebnis.
Die Ampelkoalition hat sich bereits darauf verständigt, dass bei einer Kontrolle eine Quittung von den Beamt:innen verlangt werden kann, wenn man sich von der Bundespolizei anlasslos kontrolliert fühlt. Das soll in das neue Bundespolizeigesetz einfließen. Einen Kabinettsbeschluss dazu gibt es noch nicht.
Auf der Quittung sollen etwa Ort, Zeit und Grund der Überprüfung der Personalien vermerkt werden. Der SVR regt an, solche Kontrollquittungen auch für Polizeibeamte der Länder einzuführen. Bisher gibt es das lediglich in Bremen. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hält die Kontrollquittung für überflüssig und befürchtet einen erheblichen Verwaltungsaufwand.
Maximilian Müller, Autor der SVR-Studie, stellt nun klar: "Unsere Daten zeigen, dass es ein Ungleichgewicht bei polizeilichen Kontrollen im öffentlichen Raum gibt."
Konkret bedeutet das: Wer von seinen Mitmenschen als ausländisch wahrgenommen wird, muss in Deutschland laut der Studie mit häufigeren Kontrollen durch die Polizei rechnen als Menschen, auf die das nicht zutrifft.
Müller betont allerdings auch, die Ergebnisse seien "ein Indiz, dass Racial Profiling in Deutschland existiert", einen eindeutigen Beweis liefern sie jedoch nach Einschätzung der Wissenschaftler nicht.
Co-Autor Alex Wittlif fügt hinzu:
Ein Effekt, der sich seiner Ansicht nach nicht herausrechnen lasse.
Die Studie fußt auf einer repräsentativen Umfrage. Die auffälligsten Ergebnisse waren: 18,4 Prozent der Männer zwischen 15 und 34 Jahren, die nach eigener Einschätzung aufgrund äußerlicher Merkmale von ihren Mitmenschen als ausländisch wahrgenommen werden, seien laut eigener Aussage in den vergangenen zwölf Monaten von der Polizei kontrolliert worden. Jene, die laut Selbstwahrnehmung von anderen nicht als ausländisch eingestuft werden, wurden laut SVR seltener kontrolliert. Hier betraf es demzufolge nur 11,9 Prozent.
Zwischen November 2021 und Juli 2022 wurden die Menschen für das SVR-Integrationsbarometer befragt. Sie wurden explizit danach gefragt, ob sie nach eigener Einschätzung aufgrund ihres Äußeren – etwa wegen ihrer Hautfarbe oder Kleidung – als Mensch mit Migrationshintergrund wahrgenommen werden oder nicht.
Die Überlegung dabei: Ob jemand einen bestimmten Namen trägt oder mit Akzent Deutsch spricht, ist für Polizisten in dem Moment, wo ihre Kontrolle beginnt, oft nicht erkennbar.
Nicht berücksichtigt wurden außerdem Kontrollen in privaten Räumen oder Unterkünften.
Reem Alabalil-Radovan (SPD), Beauftragte der Bundesregierung für Antirassismus, sagte der Deutschen Presse-Agentur (dpa), die meisten Polizeibeamten leisteten eine vorbildliche Arbeit. Die Zahlen des SVR machten aber deutlich, dass Erfahrungen mit Racial Profiling im Kontakt mit der Polizei keine Einzelfälle seien. Diese Erfahrungen führten zum Verlust von Vertrauen, sagte die SPD-Politikerin.
(Mit Material der dpa)