Militärexperte über Drohnenabwehr: Darum ist Abschießen keine gute Idee
Die zunehmenden Sichtungen von Drohnen versetzen die europäischen Länder in Aufruhr. Auch in Deutschland wird heftig über das weitere Vorgehen diskutiert, besonders, seitdem über Schleswig-Holstein und München unbekannte Drohnen flogen.
Zahlreiche Flüge vom und zum Airport der bayerischen Landeshauptstadt verzögerten sich oder fielen aus; Tausende Menschen strandeten am Flughafen. Die Frage, wie die deutsche Infrastruktur in Zukunft geschützt werden kann, rückt daher in den Fokus.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder verlangt mehr Möglichkeiten der Landespolizei, damit diese Drohnen abschießen kann. Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) möchte für die Abwehr von Drohnen am liebsten im Zuge der Amtshilfe die Bundeswehr einsetzen. Außerdem will er das Luftsicherheitsgesetz dahingehend ändern, dass die Bundeswehr Drohnen auch abschießen dürfte.
Doch, was ist technisch überhaupt möglich, und ist Abschießen wirklich immer die Lösung? Nicht unbedingt, weiß Militärexperte Fabian Hinz.
Europa auf Bedrohung durch Drohnen nicht vorbereitet
Europa steht mit den Drohnen vor einer neuen Bedrohung – und ist nicht darauf vorbereitet, sagt Hinz im Interview mit "ZDFheute". Ihm zufolge hat das technische und rechtliche Gründe:
In Deutschland ist die Rechtslage ein Dilemma, vor dem etwa Dobrindt bei seinen Plänen zum Einsatz der Bundeswehr steht. Denn zuständig für Drohnensichtungen, wie wir sie zuletzt im deutschen Luftraum erlebt haben, ist erst einmal die Polizei, an Flughäfen konkret die Bundespolizei. Die Möglichkeiten, die Bundeswehr auch im Inland einzusetzen, sind von der Verfassung klar definiert und eng begrenzt.
Hinzu kommen rein praktische Herausforderungen bei der Abwehr. Militärexperte Fabian Hinz erklärt, dass die Luftabwehrsysteme eher auf Flugzeuge oder Raketen ausgelegt seien. Es brauche also erst einmal neuartige Systeme, um mit Massen von Drohnen zurechtzukommen, unter anderem, um sie abzufangen.
Drohnen-Abwehr durch Polizei? Lieber abfangen, als abschießen
Ein wichtiges Stichwort sind hier die Kosten. "Wenn man eine Drohne, die vielleicht 10.000 Dollar kostet (...) mit einer Luft-Luft-Rakete abschießt, die Millionen kostet, dann ist es auf Dauer nicht durchhaltbar", sagt er. Es brauche stattdessen verschiedene Systeme, die beim Kosten-Nutzen-Verhältnis besser sind.
Er nennt hier einmal Abfangdrohnen: Solche Netzdrohnen steigen in die Luft, werfen ein Netz und fangen so die unbekannte Drohne ab, die unbeschadet mit abtransportiert werden kann. Daher sei sie im polizeilichen Kontext sehr interessant, sagt Hinz. Wenn die Drohne stattdessen abgeschossen würde, besteht die Gefahr, dass Trümmerteile Personen oder Infrastruktur verletzen können.
Außerdem kann eine unbeschadet abgefangene Drohne der Polizei bei ihren Ermittlungen nach der Herkunft helfen. Das sei gerade dann interessant, wenn man nicht genau wisse, wo die Drohne herkomme.
Ein aktuelles Beispiel zeigt, wie das Sicherstellen einer Drohne der Polizei helfen kann: Am Donnerstagabend wurde nach Angaben der Münchner Polizei auch über dem Festgelände des Oktoberfestes in München eine Drohne gesichtet. Hier konnte man die Speicherkarte der Drohne sicherstellen und den Mann finden, der diese gestartet hatte.
Laserwaffen besonders zum Schutz von Flughäfen geeignet
Militärexperte Fabian Hinz nennt außerdem sogenannte Laserdrohnen als potenziell kostengünstigeres Mittel zur Abwehr gegen Drohnen, die sich besonders zum Schutz der Infrastruktur eignen. "Statische Ziele, Flughäfen, Luftwaffenbasen, Militärbasen, all das könnte man mit Lasern gut verteidigen", erklärt er.
Laserwaffen bergen jedoch auch Herausforderungen. Der Laser muss etwa präzise gesetzt werden – auf eine sich bewegende Drohne. Außerdem ist die Reichweite von Lasern auf wenige Kilometer begrenzt.
Der Laser sei "nicht die Wunderwaffe, für die er manchmal gehalten wird", sondern müsste Teil eines "größeren Mixes von Systemen" zur Drohnenabwehr sein.