Politik
Deutschland

Merkel-Memoiren: Ex-Bundeskanzlerin erinnert sich an Putin-Begegnung

ARCHIV - 15.10.2019, Berlin: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) spricht bei einer Pressekonferenz. (zu dpa "Merkels Memoiren sollen im Herbst 2024 erscheinen") Foto: Michael Kappeler/dpa ++ ...
Am 26. November erscheinen die politischen Memoiren der Ex-Bundeskanzlerin Angela Merkel.Bild: dpa / Michael Kappeler
Deutschland

Merkel über Putin-Begegnung: "Mich regte vor allem seine Selbstgerechtigkeit auf"

21.11.2024, 10:4921.11.2024, 10:53
Mehr «Politik»

Lange Zeit war es still um die ehemalige Bundeskanzlerin Angela Merkel. Nach Ende ihrer Kanzlerschaft hatte sie nur sehr wenige öffentliche Auftritte. Aktuell steht sie aber wieder im Mittelpunkt medialer Aufmerksamkeit. Am 26. November sollen nämlich ihre Memoiren erscheinen.

Der "Zeit" lagen vor Veröffentlichung mehrere Auszüge vor, die bereits für Gesprächsstoff sorgen. In einem Abschnitt äußert sie sich etwa zu dem denkwürdigen Auftritt des russischen Präsidenten Wladimir Putin auf der Münchener Sicherheitskonferenz 2007. "Mich regte vor allem seine Selbstgerechtigkeit auf", berichtet die 70-jährige Christdemokratin demnach.

Putin habe "kein Wort zu den ungelösten Konflikten vor seiner Haustür in Berg-Karabach, in Moldawien und Georgien (...) kein Wort zur Entwicklung in Russland selbst" verloren. Es habe aber auch Punkte gegeben, die Merkel für legitim erachtete, zum Beispiel die Kritik am Irak-Krieg. "Beweise über vorhandene Chemiewaffen im Irak waren bekanntlich nie erbracht worden."

Watson ist jetzt auf Whatsapp
Jetzt auf Whatsapp und Instagram: dein watson-Update! Wir versorgen dich hier auf Whatsapp mit den watson-Highlights des Tages. Nur einmal pro Tag – kein Spam, kein Blabla, nur sieben Links. Versprochen! Du möchtest lieber auf Instagram informiert werden? Hier findest du unseren Broadcast-Channel.

In dem Buch mit dem Titel "Freiheit" beschreibt Merkel weitere denkwürdige Begegnungen mit SPD-Kanzler Gerhard Schröder, dem damaligen und künftigen US-Präsidenten Donald Trump und dem Papst.

Außerdem bezieht sie Position in einer aktuellen Entwicklung: Sie bekennt, dass sie sich einen Sieg der demokratischen US-Präsidentschaftsbewerberin Kamala Harris gewünscht habe, und zwar "von Herzen", wie sie schreibt.

Warum Merkel den Nato-Beitrittsstatus für die Ukraine verhinderte

Ihre Politik gegenüber der Ukraine wird Merkel in Kiew bis heute vorgehalten. Über den entscheidenden Nato-Gipfel 2008 in Bukarest, als es um einen Plan für einen Beitrittskandidaten-Status der Ukraine und Georgiens ging, schreibt die damalige Kanzlerin: "Ich ver­stand den Wunsch der mit­tel- und ost­eu­ro­päi­schen Län­der, so schnell wie mög­lich Mit­glied der Na­to zu wer­den." Aber: "Die Auf­nah­me ei­nes neu­en Mit­glieds soll­te nicht nur ihm ein Mehr an Si­cher­heit brin­gen, son­dern auch der Na­to."

Dabei sah sie Risiken hinsichtlich der vertraglich abgesicherten Präsenz der russischen Schwarzmeerflotte auf der ukrainischen Halbinsel Krim. "Ei­ne sol­che Ver­qui­ckung mit rus­si­schen Mi­li­tär­struk­tu­ren hat­te es bis­lang bei kei­nem der Na­to-Bei­tritts­kan­di­da­ten ge­ge­ben. Au­ßer­dem un­ter­stütz­te da­mals nur ei­ne Min­der­heit der ukrai­ni­schen Be­völ­ke­rung ei­ne Mit­glied­schaft des Lan­des in der Nato", erinnert sie sich.

Und weiter schreibt sie:

Ich hielt es für ei­ne Il­lu­si­on an­zu­neh­men, dass der MAP-Sta­tus (Beitrittskandidaten-Status) der Ukrai­ne und Ge­or­gi­en Schutz vor Pu­tins Ag­gres­si­on ge­ge­ben hät­te, dass al­so die­ser Status so ab­schre­ckend ge­wirkt hät­te, dass Pu­tin die Ent­wick­lun­gen ta­ten­los hin­ge­nom­men hät­te. Wä­re es da­mals im Ernst­fall vor­stell­bar ge­we­sen, dass die Na­to-Mit­glied­staa­ten mi­li­tä­risch – mit Ma­te­ri­al wie mit Trup­pen – ge­ant­wor­tet und ein­ge­grif­fen hät­ten? Wä­re es vor­stell­bar ge­we­sen, dass ich als Bun­des­kanz­le­rin den Deut­schen Bun­des­tag um ein sol­ches Man­dat auch für un­se­re Bun­des­wehr ge­be­ten und da­für ei­ne Mehr­heit be­kom­men hät­te?

Am Ende stand ein Kompromiss, der aber einen Preis hatte, wie Merkel schreibt: "Dass Ge­or­gi­en und die Ukrai­ne kei­ne Zu­sa­ge für ei­nen MAP-Sta­tus be­ka­men, war für sie ein Nein zu ih­ren Hoff­nun­gen. Dass die Na­to ih­nen zu­gleich ei­ne ge­ne­rel­le Zu­sa­ge für ih­re Mit­glied­schaft in Aus­sicht stell­te, war für Pu­tin ein Ja zur Na­to-Mit­glied­schaft bei­der Län­der, ei­ne Kampf­an­sa­ge."

Über ihre schwierige Begegnung mit Trump

Bei ihrem ersten Treffen mit dem damals neu gewählten US-Präsidenten befragte der sie 2017 im Oval Office des Weißen Hauses nach ihrem Verhältnis zu Putin. "Der rus­si­sche Prä­si­dent fas­zi­nier­te ihn of­fen­bar sehr. In den fol­gen­den Jah­ren hat­te ich den Ein­druck, dass Po­li­ti­ker mit au­to­kra­ti­schen und dik­ta­to­ri­schen Zü­gen ihn in ih­ren Bann zo­gen", schreibt Merkel.

ARCHIV - 17.03.2017, USA, Washington: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sitzt neben US-Präsident Donald Trump vor Beginn des Gesprächs im Oval Office. Merkel traf mit Trump erstmals im Weißen Haus z ...
Erstes Treffen im Oval Office 2017: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und US-Präsident Donald Trump.Bild: dpa / Michael Kappeler

Die anschließende Pressekonferenz gestaltete sich schwierig. Trump habe Deutschland Vorhaltungen gemacht, sie habe mit Zahlen und Fakten geantwortet. Dazu schreibt Merkel:

"Wir re­de­ten auf zwei un­ter­schied­li­chen Ebe­nen. Trump auf der emo­tio­na­len, ich auf der sach­li­chen."

Ei­ne Lö­sung der an­ge­spro­che­nen Pro­ble­me schien aus Sicht der CDU-Politikerin nicht Trumps Ziel zu sein. "Es kam mir vor, als ob er es dar­auf an­leg­te, sei­nem Ge­sprächs­part­ner ein schlech­tes Ge­wis­sen zu machen. Als er merk­te, dass ich en­er­gisch da­ge­gen­hielt, be­en­de­te er un­ver­mit­telt sei­ne Ti­ra­de und wech­sel­te das The­ma. Gleich­zei­tig woll­te er, so mein Ein­druck, sei­nem Gesprächspart­ner auch ge­fal­len."

Trump habe alles aus der Perspektive des Immobilienunternehmers gesehen, der ein Grundstück haben wolle. "Für ihn stan­den al­le Län­der mit­ein­an­der in ei­nem Wett­be­werb, bei dem der Er­folg des ei­nen der Miss­er­folg des an­de­ren war. Er glaub­te nicht, dass durch Ko­ope­ra­ti­on der Wohl­stand al­ler ge­mehrt wer­den konn­te."

Welchen Ratschlag ihr der Papst gab

In ihrer Privataudienz bei Papst Franziskus wenige Monate später sprach Merkel ihre Sorge an, dass sich die USA unter Trump aus dem Pariser Klimaabkommen zurückziehen. "Oh­ne Na­men zu nen­nen, frag­te ich ihn, wie er mit fun­da­men­tal un­ter­schied­li­chen Mei­nun­gen in ei­ner Grup­pe von wich­ti­gen Per­sön­lich­kei­ten um­ge­hen wür­de. Er ver­stand mich so­fort und ant­wor­te­te mir schnör­kel­los: 'Bie­gen, bie­gen, bie­gen, aber ach­ten, dass es nicht bricht.' Die­ses Bild ge­fiel mir."

ARCHIV - 17.06.2017, Vatikan, Vatikanstadt: 17.06.2017, Vatikan: Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihr Ehemann Joachim Sauer (l) stehen am im Vatikan bei einer Privataudienz mit Papst Franziskus ...
Merkel in Begleitung ihres Ehemanns Joachim Sauer bei einer Privataudienz mit Papst Franziskus im Jahr 2017.Bild: ANSA Pool/AP / Ettore Ferrari

Denkwürdig auch die Szene, mit der Merkel 2005 ins Amt kam: als nämlich SPD-Kanzler Gerhard Schröder in der Fernsehrunde am Abend der Bundestagswahl seine Niederlage nicht eingestehen wollte und der – allerdings denkbar knappen – Siegerin in rauem Ton prophezeite, seine Partei werde ihr niemals als Koalitionspartner ins Kanzleramt verhelfen.

"Ich selbst saß da, als wä­re ich gar nicht Teil des Gan­zen, son­dern als schau­te ich mir zu Hau­se vor dem Fern­se­her die Sze­ne an. Im­mer wie­der sag­te ich mir: Be­gib dich nicht mit den an­de­ren in den Clinch, dann fängst du auch noch an, dich im Ton zu ver­grei­fen." Ihr sei vollkommen klar gewesen, dass sie etwas Besonderes erlebe. "Ich be­zwei­fel­te sehr, ob Ger­hard Schrö­der ei­nem Mann ge­gen­über ge­nau­so auf­ge­tre­ten wä­re", erinnert sich die Frau, die danach noch 16 Jahre lang regieren sollte.

(mit Material von dpa)

USA: Joe Biden sorgt mit Begnadigung für Sohn Hunter für umstrittene Premiere

In den letzten Atemzügen seiner Präsidentschaft hat US-Präsident Joe Biden nun doch noch seinen Sohn Hunter Biden begnadigt. Und das, obwohl es nach Donald Trumps Wahlsieg aus dem Weißen Haus hieß, Biden werde trotz der Niederlage seinen Sohn nicht begnadigen. Immer wieder bekräftigte Biden seinen Standpunkt.

Zur Story