Eine junge Frau mit Trump-Mütze betet für den designierten US-Präsiden bei einer Wahlkampfveranstaltung. Bild: AFP / SERGIO FLORES
Analyse
Die Küche ist ihr Revier. Hier zaubern sie Brot, Eintöpfe und Torten. Mit einer Schürze schützen sie ihre schönen Kleider; das Haar ist kunstvoll frisiert.
Wäsche, Hausputz, Einkäufe, Kochen, Kinderkriegen, sie erziehen und daheim unterrichten, dem Mann gehorchen und dabei stets sexy aussehen – das Leben einer sogenannten Tradwife in den USA.
Der Lebensstil einer Tradwife erinnert an die 1950er-Jahre in den USA.Bild: imago images / Ann Ronan
Der Begriff Tradwife setzt sich aus den Begriffen "Tradition" und "Wife" zusammen. Das Leben als Hausfrau gewinnt im Land der unbegrenzten Möglichkeiten an Zustimmung; vor allem unter jungen Frauen.
Tradwife-Trend auf Tiktok und wie Trump davon profitiert
Ob auf Tiktok oder auf Instagram: Das Dasein als Tradwife liegt im Trend. Frauen, die diesen traditionellen Lebensstil vorleben, haben bis zu Hunderttausende Follower:innen: etwa Estee Williams und "sarah_wildmothering".
Was die Inhalte der Tradwives vermitteln: Eine erfrischende Leichtigkeit, sinnliche Ruhe und eine stets harmonische Beziehung mit ihrem Mann. "Alles ist schön: ihr Zuhause, ihr Ehemann, ihre Kinder und sie selbst. Das macht sie so anziehend für junge Frauen", sagt die US-Politikwissenschaftlerin Margaret Susan Thompson im watson-Gespräch.
"Natürlich ist das Leben einfacher zu regeln, wenn sich die Frau ihrem Mann bei allem fügt, keine eigene Karriere verfolgt und sich vollkommen in die Hausarbeit und Mutterrolle stürzt", meint Thompson. Sie lehrt als Professorin an der Syracuse University mit Fokus auf Religion, Frauen und Politik.
Gerade in der heutigen komplexen, aufgewühlten Welt wirke so ein Lebensstil auf junge Frauen einladend. So auch der "starke Anführer" mit den einfachen Antworten auf die komplexen Probleme: Donald Trump.
Trump wirkt als starker "Führer" anziehend auf Tradwives in den USA
Unter den Tradwives befinden sich laut Thompson viele evangelikale Christinnen oder konservative Katholikinnen, aber auch christliche Nationalistinnen."
Zur Erinnerung: In den USA stellen weiße Christ:innen nach Angaben des "Public Religion Research Institute" nach wie vor die größte religiöse Gruppe des Landes dar.
Nach Angaben des US-Senders NBC haben 81 Prozent der Wählenden, die sich als evangelikal bezeichnen, für Trump bei der US-Wahl abgestimmt. Laut "Religion News" ist das ein Anstieg um 76 Prozent seit 2020.
Allgemein sei der Trump-Zuspruch unter den weißen Protestant:innen sowie weißen Katholik:innen groß. Selbst unter den religiösen Hispanics erhielt er diesmal weitaus mehr Unterstützung.
Besonders beliebt sei Trump bei den christlichen Nationalist:innen, meint Thompson.
Christlicher Nationalismus
Laut Christlichen Nationalist:innen sind die USA als christliche Nation gegründet worden und müssten entsprechend regiert werden. Vor allem weiße Evangelikale und Republikaner fühlen sich von dieser Bewegung angezogen.
Aber woher kommt der Trend, dass Frauen sich ein Leben wie in den 50ern wünschen und einen Präsidenten wie Trump gutheißen?
Thompson zufolge gab es die Tradwives schon immer in den USA. Allerdings erleben sie einen Aufschwung durch die Debatte um das Abtreibungsrecht. "Die Pro-Life-Bewegung mobilisiert viele religiöse, junge Frauen", führt sie aus.
Sie glauben: Jede Frau besitze einen natürlichen Mutterinstinkt und wenn sie diesen nicht priorisiere, verneine sie ihre Natur. Eine Frau nur auf ihre Mutterrolle zu reduzieren, sorgt bei den Kritiker:innen für Magenschmerzen. Den Schwangerschaftsabbruch unter Strafe zu stellen, löste eine Protestwelle in den USA aus. Für viele US-Amerikanerinnen sei das ein enormer Einschnitt in ihre Freiheit.
Doch die Republikaner erhalten für ihre Abtreibungsagenda viel Zuspruch unter den Kirchengänger:innen. Aber auch durch Trumps Auftreten.
Trumps angeblich einfache Lösungen wirken anziehend
"Menschen, die sich nach Einfachheit und Beständigkeit sehnen, wollen das auch für ihre Familie und für die Politik", führt Thompson aus. Hier spielt der Glaube eine wichtige Rolle. Oft herrsche die Annahme: "Wenn ich diese bestimmten Regeln befolge, dann werde ich gerettet."
Der Wunsch nach einfachen Lösungen sei groß, so auch nach Harmonie. "Demnach ordnen sich Tradwives gern ihrem Mann unter", sagt die Expertin. An dem Lebensstil sei nichts falsch, betont sie. Jede Person sollte so leben dürfen, wie sie es für richtig halte.
Gefährlich wird es aber in ihren Augen dann, wenn dadurch eine Abhängigkeit entsteht.
Verehrt und verhasst: Donald Trump spaltet die USA.Bild: AFP Pool via AP / Allison Robbert
Tradwife: die Gefahr hinter dem Trend
Tradwives legen jegliche Verantwortung in die Hände ihres Mannes; heiraten oft sehr jung, bekommen viele Kinder und verfügen über kein eigenes Einkommen. Im Falle einer Scheidung oder des Todes ihres Mannes stehen sie so gut wie ohne Optionen da, warnt Thompson.
Influencerin und traditionelle Hausfrau Saria Lewis, bekannt als "mrsarialewis", sieht das anders.
Mit ihren 137.000 Follower:innen teilt sie ihren Notfall-Plan, sollte ihrem Mann etwas zustoßen. Familie und Kirche würden sie auffangen. Zudem kenne sie alle wichtigen Passwörter, hätte Zugriff auf das Bankkonto und ihr Mann besitze eine Lebensversicherung.
Ob auch andere Tradwives diese Möglichkeiten besitzen, ist fraglich. Zudem generiert Lewis wohl ein gutes, eigenes Einkommen mit ihrem Social-Media-Auftritt. Was genau genommen gegen ihren Lebensstil spricht und eine finanzielle "Absicherung" für sie ist, die andere Tradwives nicht besitzen.
Neben der Abhängigkeit vom Ehepartner sieht Thompson auch das Homeschooling kritisch, das weit unter Tradwives verbreitet ist.
Tradwives fehlt es an guter Bildung – was Trump in die Hände spielt
"Keiner sieht, was sie den Kindern lehren; am Ende nur die Basics, wie lesen und rechnen. Aber eine gute Ausbildung ist das meist nicht", sagt die Professorin. Es gebe keine Standards für Homeschooling in den USA. Oft wurde eine Tradwife bereits von ihrer Mutter unterrichtet.
Thompson weist an dieser Stelle darauf hin, dass immerhin 66 Prozent der weißen US-Amerikaner:innen ohne Uni-Abschluss für Trump gewählt haben. "Die meisten Tradwives besitzen keine höhere Bildung, weil sie sehr jung heiraten", sagt Thompson.
Seit 2016, als Trump die politische Bühne betrat, wuchs laut ihr das Misstrauen in die linke, woke "Elite". "Man glaubt, ihre Kinder erhalten auf dem College eine Gehirnwäsche und wenden sich von den traditionellen Werten ab", führt die Expertin aus.
Die Wahrheit aber sei: "Die Universitäten lehren den Menschen kritisches Denken." So kommt es ohne Studium wohl auch, dass Trumps "einfache Lösungen" oft unverdaut geschluckt werden, ohne sie zu hinterfragen.
Die heutige streng christlich-konservative Bewegung in den USA sei mit Trump an der Spitze zu einem "hypermaskulinen Personenkult" geworden, warnt US-Journalist Ja'han Jones beim US-Sender MSNBC.
USA: Hypermaskulinisierung der Kirche und der Kampf gegen Frauen
Der designierte US-Präsident habe christlichen Männern erlaubt, ihr Verlangen nach Herrschaft und Macht in Religiosität zu kleiden.
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Eine Umfrage verdeutliche das Weltbild der "Mitglieder" oder "Sympathisanten" des christlichen Nationalismus:
- In einer wahrhaft christlichen Familie ist der Mann das Oberhaupt des Haushalts und seine Frau unterwirft sich seiner Führung.
- Die Gesellschaft ist besser dran, wenn Männer und Frauen sich auf die Berufe und Aufgaben beschränken, für die sie von Natur aus geeignet sind.
- Die wahrhaftigste Berufung, die eine Frau in diesem Leben erlangen kann, ist es, Ehefrau und Mutter zu sein.
Trump postet ein KI-Bild von sich als NFL-Starspieler mit extra viel Muskelmasse.bild / screenshot Truth social donald trump
Diese "Hypermaskulinisierung der US-Kirche" gehe Hand in Hand mit dem Fakt, dass zum ersten Mal in der modernen US-Geschichte junge Männer religiöser als ihre weiblichen Altersgenossen seien. Das zeigt ein Bericht der "New York Times".
Jones sieht das als ein Nebenprodukt von Trumps Maga-Männlichkeit, die das Christentum in den USA durchdringt und junge Frauen verdrängt, die – wenn sie die Wahl haben – nicht darunter leiden wollen.