Dass die Union und die Grünen nicht aus dem gleichen Holz geschnitzt sind, zeigt sich nicht nur in ihren sehr abweichenden Wahlversprechen und Prestigeprojekten, sondern auch seit Jahren in gegenseitigen verbalen Angriffen und Kritik an den Haltungen des jeweils anderen. Besonders bekannte, wenn auch inhaltlich wenig fundierte Sternstunde in dieser Kategorie: Als Horst Seehofer "Die Grünen" rief und damit zum Meme der Nation wurde.
Und auch wenn der mittlerweile 75-Jährige politisch nicht mehr allzu viel zu sagen hat, bleibt die Kritik an den Grünen bei der Union ein beliebtes Hobby, wenn nicht Kalkül. Doch jetzt ist Wahlkampf und damit der Ring frei für verbale Attacken in jede x-beliebige Richtung.
In einem Interview mit dem "Spiegel" wirkt damit nun auch der Kanzlerkandidat der Grünen, Robert Habeck, plötzlich um einiges angriffslustiger. Dabei geht er allerdings weniger wie gewohnt ins Duell mit Markus Söder, sondern arbeitet sich an seinem tatsächlichen Gegner Friedrich Merz ab. Ein Überblick, wo die beiden auf keinen grünen Zweig zu kommen scheinen.
Es wirkt wie in einem anderen Leben, doch tatsächlich war der russische Angriffskrieg in der Ukraine noch nicht begonnen, als die Ampel-Koaltion im Jahr 2021 ihre Arbeit aufnahm. Die Auswirkungen des Krieges zählten jedoch zu den ersten Herausforderungen von Scholz, Habeck und Lindner.
Wie gewohnt gab es an den entsprechenden Lösungsansätzen damals Kritik aus den Reihen der Opposition. Friedrich Merz hatte seinerzeit eine Eskalation in Form eines russischen Gasboykotts gefordert. Die Ampel lehnte ab und ging einen anderen Weg.
"Die Wirtschaftslage jetzt ist schwierig, ja, aber von einer Gasmangellage hätte sich die deutsche Volkswirtschaft wahrscheinlich nicht mehr erholt", erklärt Robert Habeck hierzu nun im Interview. "So viel zu seiner ökonomischen Kompetenz", stichelt er gegen den Unionsfraktionschef.
Auch in Bezug auf die aktuelle Lage scheinen sich Merz und Habeck alles andere als einig. Im "Spiegel" bringt der Vizekanzler den Vorschlag ins Spiel, Deutschland müsse künftig dreieinhalb Prozent der Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben.
Friedrich Merz würde solchen Vorhaben im Bundestag (Stand jetzt) eine klare Abfuhr erteilen. Für Habeck ein absolutes No-Go. "Friedrich Merz sollte hier nicht Haushalts-Erbsenzählerei gegen die Sicherheit des Landes stellen", erklärt er. Die Vorschläge der Union, diese aus Kürzungen im Bürgergeld zu finanzieren, seien hingegen "mathematisch-logisch" nicht umsetzbar.
Der Hut des allgemeinen "Ampel-Bashings" ist in den vergangenen drei Jahren ebenso beliebt wie alt geworden wie der des Grünen-Bashings à la Seehofer. Wiederum bekannt ist die Antwort der Grünen auf entsprechende Vorwürfen, die nun auch Habeck gebetsmühlenartig wiederholt: "Man kann nicht in drei Jahren aufholen, was 16 Jahre versäumt wurde", stellt er klar.
Doch in Bezug auf Friedrich Merz nennt er noch einen weiteren Punkt, der eine gewisse Uneinigkeit der Union mit ihrer Parteispitze erkennen lässt.
"Während Friedrich Merz meine Förderprogramme kritisiert, rufen bei mir CDU-Ministerpräsidenten an und bitten, dass die Subventionen möglichst schnell freigegeben werden", plaudert er im Interview aus. Viele der Aussagen des Fraktionschefs seien damit einfach "fahrlässig".
Noch sind zwar einige Wochen bis zum potenziellen Regierungswechsel zu überstehen, die Wahlprogramm vieler Parteien stehen aber schon bereit. Für das der Union hat Robert Habeck allerdings wenig warme Worte übrig.
Friedrich Merz habe in seinen Augen "ein völlig unsolide finanziertes Wahlprogramm vorgelegt". In dem Programm würden hohe Ausgaben ohne weiteres durch "ein paar Einsparungen und Megawachstum" ausgeglichen. Habecks Urteil hierzu: "Wolkenkuckucksheim."
Man brauche laut Habeck in jedem Fall Kredite zur Vorfinanzierung größerer Vorhaben. Auch solche müssten aber letztlich eine Mehrheit im Bundestag bekommen. Die Schuldenbremse könnte sich hier als hinderlich erweisen, wobei Friedrich Merz bereits November angedeutet hat, sich Reformen gegenüber nicht ganz zu verschließen. Der schwarz-grüne Streit dürfte also längst nicht vorbei sein.