Nach der verlorenen Vertrauensfrage von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) haben Union, SPD, Grüne und FDP ihre Wahlprogramme vorgestellt. Das Wahlprogramm ist die Spielwiese der Parteien. Hier können sie fordern, was sie wollen, und machen Versprechungen ohne Ende.
Was dann nach Koalitionsverhandlungen davon noch übrig bleibt, ist oft nur noch ein Bruchteil dieser Programme. Wir haben uns angeschaut, was die vier Parteien der Jugend jetzt versprechen. Dabei handelt es sich um Entwürfe für die Wahlprogramme, die erst noch auf den Parteitagen abgestimmt werden müssen. Das gilt allerdings bei allen Parteien als sicher.
Die Bildungspolitik ist ein altes Streitthema. Eigentlich ist sie in Deutschland Sache der Bundesländer. Wegen der offensichtlichen Probleme im Bildungssystem stellen aber alle Parteien auch für die Bundestagswahl Forderungen.
Die CDU/CSU fordert etwa gerade wegen der unterschiedlichen Bedingungen in den einzelnen Bundesländern eine Angleichung. So soll es bundesweit ein vergleichbares Abitur geben. Dafür, wie diese Forderung mit den Bundesländern verhandelt werden soll, macht die Union allerdings keine Angaben.
Die Grünen hingegen setzen auf eine Kooperation zwischen Bund und Ländern. Mit einer sogenannten "Bildungsoffensive" will die Partei gemeinsam mit den Bundesländern für mehr Investitionen in digitale Schulen, soziale Infrastruktur und moderne Lernkonzepte
sorgen.
Auch die SPD setzt beim Thema Bildung auf Kooperationen mit den Bundesländern. So fordert die Partei eine gemeinsame "Fachkräfteoffensive" für Kitas und Schulen. So sollen sowohl die Ausbildungskapazitäten erhöht als auch Quereinstiege erleichtert werden. Damit will die SPD dem Mangel an Erzieher:innen und Lehrer:innen entgegenwirken.
Bei der FDP hingegen liegt der Fokus auf der Eigenverantwortung der Schulen. Demnach sollen alle Schulen in Deutschland ein sogenanntes "Chancenbudget" erhalten. Damit sollen sie frei über Personalentscheidungen und den Einsatz von Technik entscheiden können. Wie hoch das Budget sein soll, sagt die FDP in ihrem Programm nicht.
Die Digitalisierung ist ein wichtiges Thema für junge Menschen in Deutschland. Bislang übernimmt jedes Ministerium die Digitalisierung in ihren eigenen Bereichen. Die FDP fordert deshalb ein eigenständiges Ministerium für Digitalisierung, das diese in Deutschland steuern soll. Es soll unter anderem für den Ausbau der digitalen Infrastruktur (Glasfaser und 5G) und für die Einführung der "DeutschlandID" als digitales Bürgerkonto sowie von KI-gestützten Verwaltungsassistenten
sorgen.
Der Vorschlag der Partei ist auch deshalb interessant, weil sie in ihrem Programm den Staat sonst eher verschlanken und Ministerien abschaffen will. So soll etwa das Entwicklungsministerium mit dem Auswärtigen Amt fusioniert werden und die Unterabteilungsleitungen der Ministerien abgeschafft werden.
Auch die SPD will die gesamte Zuständigkeit für die Digitalisierung in einem Ministerium bündeln. Ob dafür ebenfalls ein neues Ministerium gegründet werden soll, sagt die Partei allerdings nicht. Der Schlüssel für die Digitalisierung der Verwaltung sei der digitale Datenaustausch zwischen allen Behörden. Dafür will die Partei ein System der einmaligen Übermittlung von Daten aufbauen und einen dafür notwendigen Staatsvertrag zwischen Bund und Ländern zügig abschließen.
Die Grünen wollen bei der Digitalisierung vor allem auf Nachhaltigkeit achten. Deshalb will die Partei etwa vermehrt auf Open-Source-Programme setzen. Der Staat soll dort als gutes Vorbild vorangehen und mit seiner Marktmacht innovative digitale Produkte unterstützen. Bislang wird in der deutschen Verwaltung noch hauptsächlich auf Programme von US-amerikanischen Tech-Riesen, wie etwa Microsoft, gesetzt.
Auch die Union möchte die Verwaltung digitalisieren, steht aber anderen Bereichen der Digitalisierung kritisch gegenüber. So wollen CDU und CSU etwa die sozialen Medien kritischer betrachten. Die Auswirkungen von Social Media auf die psychische Gesundheit junger Menschen sollen wissenschaftlich evaluiert werden. Mit den Ergebnissen will die Partei dann ein Maßnahmenpaket verabschieden, um junge Menschen vor den Auswirkungen von Social Media zu schützen.
Noch weiter geht da übrigens die AfD. Gleich der erste Punkt im Wahlprogramm der Partei unter der Überschrift "Digitalisierung" lautet "Analoges Leben". Dort fordert die Partei ein Recht auf ein analoges Leben. Denn durch die Digitalisierung fürchtet die AfD eine Kontrolle der Bürger:innen durch den Staat. Auch Bargeld will die Partei unter allen Umständen erhalten.
Die Union fordert eine Wiedereinführung der Wehrpflicht. SPD, Grüne und FDP sind dagegen. Das Modell von CDU und CSU heißt "aufwachsende Wehrpflicht" und will die Wehrpflicht schrittweise wieder einführen.
Diese soll dann Teil eines sogenannten Gesellschaftsjahres sein. Aus dem Kreis der Gemusterten sollen so viele Menschen für den Wehrdienst eingezogen werden, wie die Bundeswehr benötigt.
SPD, Grüne und FDP setzen hingegen auf Freiwilligkeit. Die FDP sieht in einem Gesellschaftsjahr etwa einen "schweren Freiheitseingriff". Die SPD fordert ein Recht auf freiwilliges Engagement.
Bei der Mobilitätspolitik werden die klassischen Profile der Parteien klar erkennbar. So will die Union etwa die Individualmobilität stärken. Auch das Verbrenner-Verbot ab 2035 wollen CDU und CSU rückgängig machen und stattdessen auf alternative Kraftstoffe setzen.
Die FDP will ganz im Sinne der "Technologieoffenheit" autonomes Fahren fördern. Außerdem spricht sich die Partei für eine Digitalisierung von Führerscheinen und Fahrzeugpapieren aus. Auch will die FDP, dass Jugendliche schon früher Auto fahren dürfen. Die Partei will deshalb ein begleitetes Fahren schon ab 16 Jahren erlauben.
Bei der SPD liegt der Fokus auf der sozialen Gerechtigkeit. Die soll etwa durch eine Subvention von ÖPNV-Tickets für junge Menschen verbessert werden. Auch will die Partei ländliche Gebiete besser an das ÖPNV-Netz anschließen.
Die Grünen betonen in ihrem Programm besonders die Wichtigkeit von nachhaltiger Mobilität. So fordert die Partei einen Ausbau der Bahn- und Busverbindungen sowie von Radschnellwegen. Beim Individualverkehr wollen die Grünen vor allem die E-Mobilität fördern. Die Partei möchte deshalb die Ladeinfrastruktur ausbauen und Anreize für erschwingliche Leasingangebote setzen.