Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) ist einer der beliebtesten Politiker Deutschlands. Ganz anders als sein Chef, Bundeskanzler Olaf Scholz. Der will trotzdem Kanzlerkandidat seiner Partei werden.
In der SPD-Basis werden derweil die Forderungen immer lauter, jetzt auf Pistorius zu setzen. Die Parteispitze hält weiter an Scholz fest. Auch Pistorius selbst will erstmal nicht über eine Kandidatur reden.
Stattdessen brachten ihn am Sonntag die ersten beiden SPD-Bundestagsabgeordneten ins Spiel. Zuerst erklärte Joe Weingarten der "Süddeutschen Zeitung", dass seiner Meinung nach die SPD mit Boris Pistorius in den Wahlkampf ziehen sollte. "Er hat die Tatkraft, die Nähe zu den Menschen und die Fähigkeit, auch in klarem Deutsch zu sagen, was zu tun ist", sagte er. "Und das braucht unser Land jetzt."
Wenig später zog dann der zweite Bundestagsabgeordnete nach. Der Verteidigungsexperte Johannes Arlt wünschte sich im Gespräch mit dem "Tagesspiegel" Pistorius als SPD-Kanzlerkandidaten. Scholz habe als Bundeskanzler "herausragende Verdienste", habe aber auch sehr viel Unmut auf sich gezogen. "Dieser Unmut sitzt in breiten Teilen der Bevölkerung tief", sagte Arlt. "Zu tief, um daran in einem kurzen Wahlkampf etwas ändern zu können".
Offiziell ist Scholz noch nicht von der Partei zum Kanzlerkandidaten nominiert. Bislang erklärte nur er selbst im Juli: "Ich werde als Kanzler antreten, erneut Kanzler zu werden." Die SPD-Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil stehen hinter Scholz.
Laut Klingbeil sei sich die Parteispitze einig. "Wir wollen mit Olaf Scholz in diesen Wahlkampf gehen", sagte er. Jetzt gehe es noch darum, die Strategie auszutüfteln. Für den 30. November plant die SPD in Berlin eine "Wahlsiegkonferenz", auf der der Kanzlerkandidat seinen ersten großen Auftritt haben soll. Ein Parteitag ist erst für den 11. Januar geplant.
Die Jusos sehen es anders als die Parteispitze. Ihr Vorsitzender Philipp Türmer sagte im Gespräch mit Deutschlandfunk: "Es gibt keine Selbstkrönung. Man krönt sich nicht als Kanzler wieder selbst zum Kandidat, sondern das ist eine Entscheidung der Partei und ihrer Gremien. Und da liegt jetzt eben auch der Ball."
Bis zu einem Parteitag sei die Kanzlerkandidatur für ihn also offen. Auf die Frage, ob Pistorius der bessere Kandidat wäre, wollte sich Türmer nicht festlegen. Die Jusos würden auf einen Vorschlag der Parteispitze warten und ihn erst anschließend bewerten.
Pistorius selbst stellte sich am Sonntag in der ARD-Sendung "Bericht aus Berlin" hinter Bundeskanzler Scholz. Die Frage nach der Kanzlerkandidatur stelle sich für ihn nicht. "Wir haben einen Kanzlerkandidaten, ich gehe fest davon aus, dass Olaf Scholz nominiert wird", sagte er. Scholz sei ein "herausragender Kanzler". Pistorius selbst wolle am liebsten seine Arbeit als Verteidigungsminister fortsetzen.