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Juli-Kongress: Junge Liberale optimistisch – Ansage von Franziska Brandmann

Bei dem 66. Bundeskongresses der Jungen Liberalen (Julis) wurde viel diskutiert – vor allem sei man besorgt um die liberale Demokratie.
Bei dem 66. Bundeskongresses der Jungen Liberalen (Julis) wurde viel diskutiert – vor allem sei man besorgt um die liberale Demokratie.Bild: bild / @iamdavidrenz
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Juli-Kongress: Die Jungen Liberalen zeigen sich optimistisch – trotz FDP-Krise

26.03.2023, 17:2727.03.2023, 10:17
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Freiheit (ent)steht unter Druck – heißt das Motto des 66. Bundeskongresses der Jungen Liberalen (Julis). Von Druck selbst spürt man bei den Nachwuchspolitiker:innen wenig. Dabei ist die Lage der FDP momentan angespannt: Eine Wahlniederlage nach der anderen, die Umfragewerte sinken und der ewige Krach in der Ampel-Koalition.

Ob Haushalt, Infrastruktur oder Heizungsaustausch – nirgendwo ist eine Einigung in Sicht. Doch von dieser Krisenstimmung ist auf dem Bundeskongress wenig zu spüren. Im Gegenteil– hier gilt wohl das Motto: Nicht Jammern, sondern Anpacken. Die jungen Liberalen stellen ihr Programm auf, üben öffentlich Kritik an Vize-Chef Kubicki und feiern einen FDP-Politiker wie einen Rockstar.

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Der Saal in der Georg-Friedrich-Händel-Halle ist gut gefüllt. Etwa 600 Teilnehmende treffen sich in der Stadt Halle an der Saale. Die Beats von elektronischer Musik verbreiten gute Laune. Die Stimmung ist ausgelassen – viele fallen sich zur Begrüßung in die Arme. Bei der darauffolgenden Debatte zu den Satzungsänderungen gibt es reichlich Diskussionen, aber so gut wie keinen Streit.

So wird etwa der Leitantrag des Bundesvorstands leidenschaftlich besprochen: "Freiheit (ent)steht unter Druck: liberale Resistenz in Zeiten von Krieg, Katastrophen und Krisen".

Etwa 600 Teilnehmer:innen der Julis treffen sich zum 66. Bundeskongress in Halle (Saale).
Etwa 600 Teilnehmer:innen der Julis treffen sich zum 66. Bundeskongress in Halle (Saale).Bild: bild / watson

Freiheit unter Druck durch Russland

Der zehnseitige Antrag beinhaltet Vorschläge, wie die liberale Demokratie Deutschlands gestärkt werden könnte. Denn die Freiheit stehe unter Druck – dabei sehen die jungen Liberalen vor allem Russland als Gefahr. Der stellvertretende Bundesvorsitzende Nemir Ali hebt hervor, dass die Ukrainer:innen ihre Freiheit gegen die russische Invasion verteidigen. Aber auch Deutschland bleibe nicht verschont. Russlands Propaganda werde von der AfD kopiert und damit werde die Zerstörung der deutschen Demokratie vorangetrieben.

Gemeinsam mit der Bundesvorsitzenden Franziska Brandmann war er vor Kurzem in der Ukraine und habe sich selbst ein Bild von der Lage gemacht. "Bei unserem Besuch in der Ukraine haben wir über vieles gesprochen, aber nicht über die Angst vor einem Atomkrieg", sagt er vor den versammelten Julis. Denn das sei nichts als russische Propaganda zur Abschreckung. Auch Teresa Stubley vom Landesverband Hamburg sagt: Putin dürfe seine Freunde nicht in unsere Parlamente schicken. Der Antrag wird darauf mehrheitlich von den Julis angenommen.

Der stellvertretende Bundesvorsitzende Nemir Ali beim 66. Bundeskongress der Julis.
Der stellvertretende Bundesvorsitzende Nemir Ali beim 66. Bundeskongress der Julis.Bild: watson

Laut Brandmann verzeichnen die Julis viele Neumitglieder

Desinformationen, Russland, Ukrainekrieg – diese Themen bewegen die Julis. Aber was treibt sie noch an? Laut Juli-Chefin Brandmann bereiten den jungen Liberalen zwei Themen besonders große Sorge: die Bedrohung durch autoritäre Staaten und durch Personen im Inneren Deutschlands. Im Gespräch mit watson sagt sie:

"Der Rechtsextremismus bedroht unsere liberale Demokratie in Deutschland. Das tödliche Attentat auf CDU-Politiker Walter Lübke; eine Gruppe, die einen Umsturz auf unsere Demokratie plant; dazu eine AfD im Parlament, die sich von letzteren bis heute nicht distanziert. Das muss jeden Demokraten in unserem Land wachrütteln."

Aber auch in der Mitte der Gesellschaft wachsen ihr zufolge die Zweifel an der liberalen Demokratie: "Immer wieder höre ich, unsere Demokratie arbeite zu langsam und sei zu schwerfällig. Klima-Aktivisten fordern, man könnte die Demokratie mal eben aussetzen, weil ihnen die Ergebnisse demokratischer Prozesse nicht passen."

Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen Franziska Brandmann sorgt sich vor zunehmenden Rechtsextremismus.
Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen Franziska Brandmann sorgt sich vor zunehmenden Rechtsextremismus. Bild: bild / iamdavidrenz

Gerade jetzt seien die Julis gefragt. Brandmann sagt:

"Wir leben in Zeiten großer Unsicherheit. Krieg in Europa, Inflation, Klimakrise – aber wer sich deshalb in Zynismus verliert, kann nichts erreichen. Wir sollten das genaue Gegenteil tun und daraus Motivation schöpfen: Gerade in Zeiten wie den heutigen ist es wichtig, sich politisch einzubringen, weil die Zukunft davon abhängt."

Die Julis verzeichnen ihr zufolge viele Neueintritte – nicht trotz, sondern wegen der unsicheren politischen Lage. Viele wollen die Zukunft Deutschlands mitgestalten. Es gibt viel anzupacken.

Das führt offenbar auch zu vielen Debatten in der Ampel, allerdings enden die oftmals im Dauerkrach. Der Vorgänger von Brandmann und FDP-Bundestagsabgeordnete Jens Teutrine empfindet das aber nicht als schlimm.

FDP-Abgeordneter Teutrine meint: Streit gehört dazu

Im Gespräch mit watson erinnert er etwa an den Dauerstreit damals innerhalb der Fraktion der CDU und CSU. Oder wie die SPD zerstritten war und die Frage im Raum stand: Führt man die Große Koalition fort oder nicht? "Es gibt immer Konflikte und am Ende müssen diese gelöst und Kompromisse gefunden werden", sagt Teutrine.

Laut ihm haben die FDP und die Grünen jeweils ein anderes "soziokulturelles Milieu". Sprich, die Prioritäten der Wähler:innen beider Parteien seien nicht die gleichen. Und doch gebe es momentan für die FDP "mehr Luft nach oben, als nach unten".

Franziska Brandmann (Bundesvorsitzende der Jungen Liberalen) und Jens Teutrine (FDP-Bundestagsabgeordneter)
Franziska Brandmann löste 2021 Jens Teutrine als Bundesvorsitzenden der Julis ab. bild: junge liberale

Auf die Frage, warum die FDP so schlechten Wahlergebnisse abliefert, gibt es laut Teutrine keine "monokausale Antwort". Die klassische Antwort sei immer, man müsse jetzt einfach besser kommunizieren. Er halte es wie Justizminister Marco Buschmann: Eine liberale Partei beweist ihre Eigenständigkeit dadurch, dass sie in verschiedenen Konstellationen erfolgreich regieren könne.

"Wir müssen jeden Tag erneut beweisen, dass es einen Unterschied macht, dass die FDP regiert. Das bedeutet sowohl gegen die Irritationen, die die Grünen regelmäßig bei unseren Wählern auslöst, sichtbar dagegenzuhalten als auch positiv zu gestalten", meint der junge FDP-Abgeordnete.

Angesichts der Probleme in der FDP fiel ein Name besonders oft: Vize-Chef Wolfgang Kubicki.

Brandmann kritisiert Kubicki scharf

Sein Habeck-Putin-Vergleich sei ein "trauriger Höhepunkt", kritisiert etwa Juli-Chefin Brandmann in ihrer Bewerbungsrede um die Wiederwahl als Vorsitzende. "Wer den Wirtschaftsminister der FDP-gestützten Bundesregierung mit einem per Haftbefehl gesuchten Kriegsverbrecher vergleicht, der ist des Amts als stellvertretender Bundesvorsitzender der FDP nicht würdig." Diese "selbstzentrierte Unseriosität überzeugt keinen einzigen Menschen von liberalen Inhalten", sagt Brandmann.

28.09.2022, Berlin: Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki (FDP) spricht zu Beginn der Fragestunde im Bundestag. Foto: Michael Kappeler/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
FDP Vize-Chef Wolfgang Kubicki verglich Wirtschaftsminister Robert Habeck mit Putin.Bild: dpa / Michael Kappeler

Brandmann bekam bei ihrer Wahl 73 Prozent – dabei waren es bei ihrer Erstwahl vor zwei Jahren noch 92,4 Prozent. Einigen, vor allem aus dem Landesverband Schleswig-Holstein, passte wohl die harsche Kubicki-Kritik nicht, andere wiederum hätten sich wohl noch einen schärferen Ton gewünscht.

Doch einen FDP-Politiker feiern die Julis beinahe schon wie einen Helden. Der Gastredner "Bundesminister für Justiz und Songwriter" Marco Buschmann wurde mit reichlich Applaus begrüßt.

Durfte als Gastredner bei den Julis auftreten: Justizminister Marco Buschmann.
Durfte als Gastredner bei den Julis auftreten: Justizminister Marco Buschmann.Bild: bild / watson

Buschmann wird von den Julis wie ein Rockstar gefeiert

Buschmann gratuliert zunächst Brandmann für ihre Wiederwahl, bevor er sich seiner leidenschaftlichen Rede über die liberale Demokratie widmet. Vor allem der russische Angriffskrieg in der Ukraine bereite ihm Sorgen. EU, Nato und der gesamte Westen stehen zusammen – "weil die rohe nackte Gewalt nie gewinnen darf", meint er. Und über die Lage der FDP?

Kritik über den Ampel-Krach könne er nicht mehr hören. "Ich bin diese bekloppte Debatte leid, ob das die richtige Koalition oder nicht ist. Es ist mir alles scheißegal", sagt er. Die FDP müsse sich nun mehr einbringen. "Wenn man Regierungsverantwortung hat, gibt es nur einen Weg, sich wieder eine bessere Stimmung zu erarbeiten: Wir müssen jeden Tag aufs Neue beweisen, dass es gut ist, dass die FDP am Kabinettstisch sitzt."

Am Ende seiner Rede folgt eine "Standing Ovation" – ein tosender Applaus im gesamten Saal. Buschmann punktet bei den Julis wohl nicht nur für seine bisherige Arbeit als Justizminister, sondern auch als Hobbymusiker: Schließlich ist er der Komponist der Juli-Hymne:

Auf die Frage, ob Buschmann die Hymne für alle performen würde, schüttelt er verneinend den Kopf. Dafür werden die Julis sie noch mehrmals selbst singen – vor allem bei der Party am Abend, heißt es.

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