Koalition und Opposition haben sich im Bundestag einen heftigen Schlagabtausch über das geplante Bürgergeld geliefert. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sagt am Donnerstag bei der ersten Beratung über die Reform: "Die Einführung des Bürgergelds zum 1. Januar wird eine der größten Sozialreformen seit 20 Jahren sein."
Die Union kritisierte, die Ampel wolle künftig darauf verzichten, Langzeitarbeitslose zu aktivieren.
"Wir wollen Menschen verlässlich absichern, die in existenzielle Not geraten sind", sagt Heil. Das Bürgergeld solle zudem dafür sorgen, dass Betroffene dauerhaft aus der Not wieder herauskommen.
Und auch auf Twitter haben die Politiker:innen weiter debattiert – und sich Schläge unter der Gürtellinie und Populismus vorgeworfen.
Mit dem Bürgergeld will die Ampelkoalition zum 1. Januar kommenden Jahres das Hartz-IV-System für die mehr als fünf Millionen Betroffenen in seiner heutigen Form ablösen. Es war schon vor dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine das zentrale sozialpolitische Versprechen der Ampel-Koalition.
Konkret ist vorgesehen:
Für die Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Grünen, Britta Haßelmann, ist klar: Das Bürgergeld ermöglicht soziale und kulturelle Teilhabe. Der Unionsfraktion unterdessen wirft sie Populismus und soziale Kälte vor.
"Eine verpasste Chance", nennt der CSU-Arbeitsmarktexperte Stephan Stracke die Reform in seiner Rede. "Das Bürgergeld geht komplett in die falsche Richtung." Es fordere und fördere die Menschen zu wenig.
Der CDU-Arbeitsmarktexperte Kai Whittaker sagt:
Minutiös werde festgelegt, "was der Jobcenter-Mitarbeiter in der Vertrauenszeit alles nicht darf", kritisierte Whittaker. Die Ampel müsse damit rechnen, dass Menschen in Arbeit sich stattdessen für das Bürgergeld und die Arbeitslosigkeit entscheiden würde – auch wegen der steigenden Energiekosten.
Während seiner Rede diskutieren auch Unions- und Grünen-Politiker:innen im Plenum. Grünen-Politiker Andreas Audretsch stellt außerdem eine zugelassene Zwischenfrage. Die Fronten, so sieht es aus, sind verhärtet.
Whittaker beschwert sich auf Twitter über die von Audretsch getroffenen Aussagen: "Vergiftet jede Debatte und ist unter der Gürtellinie." Audretsch wiederum postet seinen Redebeitrag, in dem er Whittaker und der Union unter anderem Populismus und das Verbreiten von Fake News vorwirft.
Und auch der FDP-Politiker Jens Teutrine postet einen Ausschnitt aus seiner Rede. Er wurde von CDU-Mann Whittaker angegangen, die FDP kümmere sich nicht darum, die Menschen in Arbeit zu bringen.
Solidarität und der Ansatz, Menschen in Arbeit zu integrieren, stellt Teutrine in seiner Rede klar, sind kein Widerspruch. Beides gehöre zu den Grundsäulen des Sozialstaates.
Wenig überzeugt von dem Vorstoß der Ampel zeigt sich der Account "IchbinArmutsbetroffen". Dahinter steckt eine Bewegung, die seit diesem Jahr die soziale und existenzielle Not von Armutsbetroffenen sichtbar macht. Auf Twitter schreibt der Account: "Meldet euch, wenn ihr mehr Vertrauen entgegen blickt!"
Die Kommentare darunter lassen vermuten, dass die Betroffenen mit der neuen Lösung nicht zufrieden sind.
(Mit Material von dpa)