"Jedes fünfte Kind in Deutschland ist armutsgefährdet", sagt Familienministerin Lisa Paus (Grüne) zu Beginn ihrer Rede zum Haushalt 2024 im Bundestag. Hilfe soll die neue Kindergrundsicherung bringen. Mit ihr sollen laut Paus Millionen Kinder aus der verdeckten Armut geholt werden. Die Kindergrundsicherung sei der Einstieg in eine wirksame und grundlegende Bekämpfung der strukturellen Kinderarmut in Deutschland.
Bisher bot sie aber vor allem den Nährboden für Streitereien zwischen Paus und Finanzminister Christian Lindner (FDP). Mittlerweile haben sich beide auf Details zur Finanzierung des Vorhabens geeinigt. Etwa 2,4 Milliarden Euro sind für das erste Jahr vorgesehen – davon etwa 500 Millionen Euro Verwaltungskosten. Anfangs sprach Paus noch von zwölf Milliarden. Doch es muss gespart werden.
Nun stellt Paus ihren brutalen Kürzungshaushalt vor – und schwindelt dabei. Das behauptet zumindest Linken-Politikerin Heidi Reichinnek.
Nach Berechnungen sollen die Kleinsten 2025 einen Zusatzbetrag von mindestens 530 Euro pro Monat erhalten, für Jugendliche gebe es dann 636 Euro, sagt Paus. Laut Reichinnek ist das die erste große Lüge.
Paus spreche von einem Zusatzbetrag, aber das sei "totaler Quatsch". "Das, was sie eventuell meint, ist ein Gesamtbetrag. Und wie sich der genau zusammensetzt, kann sie nicht genau darstellen", wirft die Linken-Politikerin Paus vor. Laut Reichinnek handelt es sich hierbei nicht um einen Zusatzbetrag, sondern um die Summe, die letztlich pro Kind ausgezahlt wird. Doch es geht weiter.
5,6 Millionen Kinder will Paus aus offener und verdeckter Armut holen. Diese Zahl stößt Reichinnek offenbar sauer auf. Sie fragt sich, wo diese Zahl herkommt. Denn: Laut Schätzungen, Umfragen und Statistiken leben in Deutschland zwischen 2,2 bis 2,8 Millionen Kinder und Jugendliche in Armut, meint sie.
Laut des Statistischen Bundesamtes waren 2022 insgesamt in Deutschland etwa 2,2 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren armutsgefährdet. Das entspricht einer Armutsgefährdungsquote von 14,8 Prozent.
Reichinnek würde daher gern wissen, wo die weiteren Millionen herkommen. "Will sie zuvor drei Millionen in die Armut jagen, und wieder rausholen?", fragt die Politikerin. Sie habe bereits eine Anfrage an die Familienministerin geschickt, warte aber noch auf die Antwort.
Brisant: Würde diese Zahl stimmen, hieße das, dass 40 Prozent aller Kinder und Jugendlichen in Deutschland in Armut leben.
Weiter brüstet sich Paus damit, dass der Bund 2,5 Milliarden Euro in die Kindergärten investiert, also in die frühkindliche Bildung. "Das macht der Bund schon seit Jahren", meint Reichinnek. Laut ihr liegen die Kita-Kosten in Deutschland bei mehr als 50 Milliarden Euro im Jahr – und stiegen jährlich an. "Der Bund zahlt lediglich 2,5 Milliarden. Der Rest liegt bei den Ländern und Kommunen", führt sie aus. Das ist ihrer Meinung nach eine "absolute Frechheit", sich dafür auf die Schulter zu klopfen.
Laut Reichinnek wird nichts investiert. Dabei wären mindestens 20 Milliarden Euro nötig, um die Kinderarmut in Deutschland zu bekämpfen. Das ergibt eine Studie der Diakonie Deutschland und des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin).
Reichinneks Urteil ist vernichtend: "Kindergrundsicherung wird wohl nichts dazu beitragen, Kinder aus der Armut zu holen."