Nun können wir uns also im Detail anhören, worüber sich seit Wochen die Regierung streitet: Mit reichlich Verspätung stellt Bundesinnenminister Horst Seehofer in Berlin seinen "Masterplan Migration" vor.
Überraschend: Seehofer hält trotz des Streits mit der SPD an dem Begriff "Transitzentren" fest. In seinem "Masterplan" heißt es, an der deutsch-österreichischen Grenze werde ein "neues Grenzregime" ausgestaltet, um Asylbewerber, für deren Verfahren andere EU-Länder zuständig sind, an der Einreise zu hindern.
"Wir richten dafür Transitzentren ein, aus denen die Asylbewerber direkt in die zuständigen Länder zurückgewiesen werden", steht in dem Dokument. Seehofer hatte aus Rücksicht auf den Koalitionspartner SPD zuletzt von "Transferzentren" an der Grenze gesprochen. Mit der SPD einigte man sich schließlich auf "Transferverfahren".
Seehofer betonte, der Plan sei in seiner "Verantwortung" entstanden. Deshalb seien geplante Änderungen in der Umsetzung des Plans, die in den vergangenen Tagen besprochen worden seien, noch nicht aufgenommen worden.
Zusammengefasst: Horst Seehofer stellt im Grunde seinen alten Plan vor, mit der Begründung: "Das ist kein Masterplan der Koalition, sondern des Bundesinnenministeriums." Aha.
Ursprünglich hatte Seehofer sein Papier bereits vor vier Wochen präsentieren wollen. Das verzögerte sich aber, nachdem Kanzlerin Angela Merkel (CDU) Bedenken gegen Zurückweisungen an der Grenze angemeldet hatte.
Der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka warf Seehofer vor der Vorstellung des Papiers vor, die Sozialdemokraten nur unzureichend eingebunden zu haben.
Das mache man nicht auf Pressekonferenzen. Seehofer solle "endlich mal seine Arbeit machen, statt immer neue Ankündigungen in die Welt zu blasen".
Die Bundespolizeigewerkschaft warnte vor zu hohen Erwartungen mit Blick auf eine verstärkte Schleierfahndung in Grenznähe. Niemand solle "die Illusion hegen, dass eine intensivere Schleierfahndung die illegale Migration merklich eindämmt", sagte der Bundesvorsitzende Ernst G. Walter der "Welt" (Dienstag). "Dazu müssten wir die Aufgegriffenen auch in Gewahrsam nehmen dürfen. Das ist aber rechtlich ausgeschlossen."
Aus der Opposition kam Kritik an den bislang bekanntgewordenen Plänen Seehofers. "Das ist ein auf Abschottung ausgerichtetes Papier, das den Herausforderungen der Realität nicht gerecht wird", sagte die Grünen-Politikerin Luise Amtsberg der "Augsburger Allgemeinen".
AfD-Fraktionschefin Alice Weidel sagte der Deutschen Presse-Agentur, sie rechne nicht damit, dass die "Masterplan"-Maßnahmen in die Tat umgesetzt würden. "Das sind natürlich Lippenbekenntnisse, die größtenteils von der AfD abgeschrieben wurden", kommentierte sie. Seehofers Plan sei gar "nicht dafür gedacht, dass er tatsächlich umgesetzt wird".
Einige von Seehofers Maßnahmen können nur funktionieren, wenn andere Staaten mitziehen.
Zuletzt hatte ein Vorstoß des italienischen Innenministers Matteo Salvini für weiteres Aufsehen gesorgt. Salvini will demnach die Hafensperre für Flüchtlings-Rettungsschiffe von Hilfsorganisationen ausweiten und künftig auch Militärschiffen internationaler Missionen das Anlegen in italienischen Häfen verwehren. Ob es so kommt, ist unklar.
Bernd Mesovic, Sprecher der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl, sagte der "Bild"-Zeitung (Dienstag):
(sg/dpa)