Die Unionsparteien scheinen im Asylstreit unversöhnlich. Dabei ist nur ein kurzer Passus in Seehofers "Masterplan Migration" strittig. Was er besagt und was beim EU-Gipfel beschlossen wurde.
"- Durchführung von vorübergehenden Binnengrenzkontrollen nach Schengener Grenzkodex (SGK) im erforderlichen Umfang. Die aktuelle Anordnung gilt für die deutsch-österreichische Landgrenze bis November 2018.
- Im Rahmen durchgeführter Binnengrenzkontrollen erfolgen wie bisher Zurückweisungen, wenn die Einreisevoraussetzungen des SGK nicht erfüllt sind (z.B. fehlendes Grenzübertrittsdokument oder Visum). Inzwischen werden auch Personen zurückgewiesen, gegen die ein Einreise- oder Aufenthaltsverbot für Deutschland besteht, ungeachtet der Frage, ob sie ein Asylgesuch stellen. Dies gilt auch für Personen, die bereits an andere Mitgliedsstaaten überstellt worden sind und versuchen, nach Deutschland zurückzukehren.
- Künftig ist auch die Zurückweisung von Schutzsuchenden beabsichtigt, wenn diese in einem anderen EU-Mitgliedsstaat bereits einen Asylantrag gestellt haben oder dort als Asylsuchende registriert sind.
- Wie mit dem Grenzregime weiter zu verfahren ist, muss im Lichte der kurzfristig zu erwartenden Ergebnisse der Reformbestrebungen des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS) entschieden werden."
Strittig ist eigentlich nur Unterpunkt 3. Das Dublin-III-Abkommen besagt hierzu, dass Asylverfahren im Prinzip in den Ländern durchgeführt werden müssen, in denen Migranten registriert werden. Reist ein registrierter Asylsuchender dennoch innerhalb der EU weiter, sieht das Abkommen Rückführungen vor – allerdings erst nach einer Prüfung.
Deutschland hat in den ersten vier Monaten auf mehr als 14.000 solcher Rücknahmeanträge auch eine positive Antwort erhalten, und in der Praxis mehr als 3500 Personen zurückgeschickt. Innenminister Seehofer aber will hier konsequenter vorgehen und solche Asylbewerber einfacher zurückschicken können – nämlich schon an der Grenze.
Beim EU-Gipfel Ende vergangener Woche hatte Kanzlerin Merkel die Staats- und Regierungschefs zu weitreichenden Zugeständnissen bei der sogenannten Sekundärmigration bewegt. In der Gipfel-Erklärung hielten die Teilnehmer fest, "alle nötigen internen gesetzlichen und administrativen Schritte zu unternehmen", um die Flüchtlingsbewegungen innerhalb des Schengen-Raumes zu unterbinden.
CDU und CSU interpretierten den Passus jedoch unterschiedlich. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt las darin die Aufforderung, "dass zur Vermeidung von Sekundärmigration das Ergreifen von nationalen Maßnahmen ausdrücklich" vorgesehen sei. Von CDU-Seite wurde hingegen darauf verweisen, dass die Gipfel-Erklärung zugleich festhält, dass die EU-Staaten "bei diesem Ziel eng zusammenzuarbeiten" – was einen nationalen Alleingang ausschließt, aber die Möglichkeit bilateraler Abkommen eröffnet.
(pb/dpa/rtr/afp)