Die FDP-nahe Nachwuchsorganisation Junge Liberale hat sich einiges vorgenommen für ihren Bundeskongress, der am 28. und 29. Oktober in Weimar stattfindet. Sie wollen über Europapolitik sprechen. Den Kongress eröffneten sie zunächst aber mit einer Solidaritätsbekundung mit Israel.
Sie wollen aber ebenfalls über die Bundespolitik sprechen. Wie notwendig das ist, zeigten zuletzt die Landtagswahlen in Bayern und Hessen, bei denen die FDP krachend gescheitert ist. Vor allem der Zulauf an Jung- und Erstwähler:innen bei der AfD sollte den Nachwuchsorganisationen zu denken geben.
FDP-Fraktionsvorsitzender Christian Dürr und die EU-Spitzenkandidatin der FDP, Marie-Agnes Strack-Zimmermann, sind zu Gast auf dem Bundeskongress. Sie stellen sich auch vielen kritischen Fragen der JuLi-Mitglieder.
Franziska Brandmann blickt vor allem auf die aktuelle Bundespolitik besonders kritisch – und geht auch mit den FDP-Minister:innen hart ins Gericht.
Für die JuLi-Vorsitzende ist klar: Die Ampel holt mit ihrer Politik aktuell nicht alle ab. "Die Ampel muss prüfen, ob die Vorhaben der nächsten zwei Jahre noch der politischen Realität entsprechen, der wir uns gerade gegenübersehen und ihren Kurs korrigieren", sagte sie gegenüber watson.
Damit meint sie unter anderem den Krieg gegen die Ukraine und natürlich den jüngsten Angriff der Terrororganisation Hamas gegen Israel. Diese politischen Entwicklungen seien bei Antritt der Ampel noch nicht vorhersehbar gewesen.
Vor allem Innenministerin Nancy Faeser (SPD) macht Brandmann schwere Vorwürfe. Es sei ein "Skandal", dass die terroristische Hamas in Deutschland noch nicht verboten sei. "Für mich ist ganz klar: Ich werde Faesers Rücktritt fordern, wenn die Hamas nicht verboten wird", betonte die JuLi-Chefin.
Doch nicht nur in Richtung der FDP-Koalitionspartner teilt Brandmann aus. Auch einige FDP-Minister kommen bei ihr nicht gut weg. Bei Verkehrsminister Volker Wissing sieht sie Nachholbedarf. "Sein Amt als Digitalminister muss endlich sichtbar werden", sagte Brandmann. Er müsse konsequent betonen, welche Vorschläge die FDP im Bereich der Digitalisierung umsetzen wolle.
Auch Bildungsministerin Bettina Stark-Watzinger werde ihrer Verantwortung aktuell nicht gerecht:
Für die FDP in der Ampel hatte Brandmann ebenfalls kritische Worte übrig: "Der Leitspruch der Bundesregierung lautet 'mehr Fortschritt wagen'. Er wird aktuell in der Ampel nicht umgesetzt. Es gibt zu wenig Fortschritt, es wird zu wenig gewagt. Das muss sich ändern."
Sie erwarte weniger rhetorische Feuerwerke und mehr konkrete Vorschläge. "Das ist bei der FDP zu kurz gekommen in den letzten Wochen. Wir müssen als Partei in erster Linie für eigene Ideen und liberale Lösungen stehen."
Eine dieser liberalen Lösungen: eine gesetzliche Aktienrente. Auch ein zentrales Thema für die Jungen Liberalen. "Das Rentensystem implodiert. Die Aktienrente ist der einzige Vorschlag zur Stabilisierung." Außer der FDP lege Brandmann zufolge keine Partei etwas vor, um das Rentenniveau zu stabilisieren.
Die Rolle der JuLis sieht Brandmann ganz klar: Sie wollen lauter werden, dabei ehrlich sein und die Politik zu Demut auffordern. Auch Kritik an den eigenen Minister:innen üben, wo es nötig ist – und die FDP inspirieren.
Laut soll auch ihre Europapolitik werden. Sie wollen mit der FDP einen "lautstarken Gegenentwurf" zu Parteien wie der AfD stellen. Zugpferd dessen soll Marie-Agnes Strack-Zimmermann sein, sie wurde beim Bundesparteitag der FDP im April als EU-Spitzenkandidatin nominiert.
Der Wahlkampf soll ebenfalls laut werden – und ein besonderes Augenmerk auf die Wähler:innen ab 16 Jahren legen. Denn die dürfen im kommenden Jahr das erste Mal ihre Stimme bei der Europawahl abgeben.
Die JuLis wollen ihren Wahlkampf deshalb auch noch jünger gestalten. Etwa auf den Bergen, an Wanderwegen, auf Konzerten oder bei LAN-Partys mit Jugendlichen ins Gespräch kommen.
Zudem wollen die JuLis ein neues Grundrecht erwirken: Bildungsfreizügigkeit (keine neue Forderung, dafür werben sie bereits seit einigen Jahren). Darunter soll etwa fallen, dass Schüler:innen das Recht erhalten, sechs Monate in ihrer Schulzeit im Ausland verbringen dürfen. Auch Erasmus+ soll gestärkt werden, um Student:innen, die kein hohes Einkommen in der Familie haben, dadurch ebenfalls Auslandsaufenthalte zu ermöglichen.