Deutschland
21.06.2018, 09:5521.06.2018, 10:29
Seit Jahren hat Deutschland Ärger mit der EU, weil im Grundwasser zu viel Nitrat gemessen wird. Weil an zu vielen Stellen in Deutschland die Messwerte für Nitratwerte in Grundwasser und Oberflächengewässern zu hoch waren, hat die EU-Kommission die Bundesregierung erst abgemahnt. 2016 kam dann die Klage.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg hat Deutschland nun wegen der Verletzung von EU-Recht verurteilt.
Der Vorwurf: Deutschland soll gegen EU-Recht verstoßen haben oder genauer gesagt, gegen die Nitratrichtlinie und die Wasserrahmenrichtlinie, und insgesamt zu wenig unternehmen, um das Wasser sauber zu halten. Doch die Rechtslage, um die es ging, ist gar nicht mehr aktuell. Die Bundesregierung hat die Vorwürfe im Verfahren zurückgewiesen.
Warum ist Nitrat überhaupt so problematisch? Was hat Deutschland getan, um sein Wasser sauber zu kriegen? Und was bedeutet das Urteil jetzt? Das beantworten wir in den folgenden 5 Punkten.
Worum ging es im Verfahren vor dem EuGH?
Brüssel sieht es so, dass Deutschland gegen die europäische Nitratrichtlinie verstoßen hat. Nitrat gelangt vor allem über das Düngen in der Landwirtschaft ins Wasser. Vor der Klage hatte die Kommission Deutschland bereits zu Gegenmaßnahmen aufgefordert. Die Nitratbelastung ist laut einer in dieser Woche veröffentlichten Studie trotz einer neuen Düngeverordnung weiterhin hoch.
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Warum ist Nitrat ein Problem?
Pflanzen brauchen Nitrat für ihr Wachstum, deshalb eignet es sich so gut als Düngemittel. Der Stoff ist für den Menschen auch erstmal ungefährlich. Wenn er sich chemisch zersetzt, können daraus aber gesundheitsgefährdende Substanzen entstehen – sogenannte Nitrite.
Gelbe Baumflechte: Ein Indikator für nitrat-haltigen StaubBild: imago stock&people
Zwar wandeln auch Darmbakterien Nitrat in Nitrit um, doch zu viel von letzterem kann Durchblutungsstörungen verursachen. Besonders gefährlich für Babies, deren Zellen mitunter nicht mehr richtig mit Sauerstoff versorgt werden. Zudem können sich Nitrite in krebserregende Nitrosamine verwandeln, wenn sie mit Magensäure zusammentreffen.
Wegen dieser Risiken hat die EU Grenzwerte festgelegt: Eine Konzentration über 50 Milligramm Nitrat pro Liter Wasser gilt als bedenklich.
Wie groß ist das Problem in Deutschland?
Man muss unterscheiden: Im Trinkwasser werden die Grenzwerte bis auf wenige Einzelfälle eingehalten. Man kann es also bedenkenlos trinken. Anders ist es beim Grundwasser. An 28 Prozent der Messstellen in Deutschland wurden laut einem Bericht von 2016 mehr als 50 Milligramm Nitrat gemessen.
Ein mit Nitrat belasteter Bach in Thüringenbild: imago
Was hat die Bundesregierung unternommen?
Hält ein Land die Grenzwerte nicht ein, verpflichtet die EU-Nitratrichtlinie zu Aktionsprogrammen. Auch Deutschland hatte solch ein Programm. Dies war der EU-Kommission aber zu lax, es soll nicht genug nachgeschärft worden sein und so kam eben die Klage. Gleich danach setzte die Bundesregierung (nach langem Hin und Her allerdings) strengere Regeln fürs Düngen in Kraft.
Zum Beispiel:
- Stickstoff-Obergrenzen
- längere Zeiten mit Düngeverboten
- größere Abstände zwischen Düngegebieten und Gewässern
Offiziell ging es vor dem Gerichtshof um den Stand der Dinge vor einigen Jahren: Die EU-Kommission monierte Messwerte von 2012. Der Deutsche Bauernverband betonte diese Woche:
"Eine Verurteilung Deutschlands bezieht sich auf (ein) längst abgeschlossenes Kapitel"
Offiziell wird erst 2020 wieder überprüft, ob sich die Messwerte bessern. Deutschlands Verlust vor Gericht bleibt wohl aber erstmal folgenlos. Strafzahlungen könnte die Kommission erst in einem zweiten Schritt durchsetzen.
Und was passiert jetzt?
Die Bundesregierung muss nun wahrscheinlich die neuen Regeln nochmal in Brüssel vorstellen. Ist die Kommission damit nicht einverstanden, muss Deutschland das Düngerecht erneut überarbeiten.
Grundwasser ist das wichtigste Reservoir für Trinkwasser. Wenn es zu viel Nitrat enthält, muss es gefiltert oder verdünnt werden, oder die Brunnen müssen tiefer werden. Das ist teuer für die Wasserwerke. Und letztlich für die Verbraucher, die schlussendlich mehr für ihr Wasser zahlen müssen.
(sg/dpa)
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