Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU)Bild: andreas gebert/dpa
Deutschland
Heute wird das bayerische Polizeigesetz verabschiedet – 4 Fragen und Antworten
15.05.2018, 07:4715.05.2018, 08:47
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Das neue Polizeiaufgabengesetz in Bayern
lässt die Wogen kräftig hochschlagen.
Vor seiner Verabschiedung, die
für den späten Dienstagabend geplant ist, gab es in Sichtweite des
Landtags laute Proteste, insbesondere bei einer Demonstration am
vergangenen Donnerstag mit Zehntausenden Menschen.
Hier alles zu den Demonstrationen gegen das Polizeigesetz:
Am Ende dürfte das
Gesetz verfassungsgerichtlich überprüft werden. 4 Fragen und Antworten
dazu:
Weshalb ist ein neues Polizeiaufgabengesetz eigentlich notwendig?
Eine Neufassung ist nötig, weil das bestehende Gesetz an
europäische Datenschutzvorgaben und an ein Urteil des
Bundesverfassungsgerichts zum sogenannten Bundeskriminalamtsgesetz
angepasst werden muss. Das passiert derzeit auch in anderen
Bundesländern. Die Staatsregierung allerdings nutzt die ohnehin
nötige Neuregelung gleichzeitig, um die Kompetenzen der Polizei teils
deutlich zu erweitern. Ein Hauptargument: Man müsse mit Verbrechern
mithalten, auch technisch.
Warum wird das Gesetz so massiv kritisiert – und was genau?
Kritiker beklagen, dass der Freistaat damit das schärfste
Polizeirecht der deutschen Nachkriegsgeschichte habe. Ein zentraler,
grundsätzlicher Kritikpunkt ist die Absenkung der Eingriffsschwelle
für die Polizei: Sehr viel mehr Befugnisse als bisher können die
Beamten künftig nicht erst bei einer "konkreten", sondern schon bei
einer "drohenden" Gefahr anwenden. Der Begriff der "drohenden Gefahr" ist zwar nicht neu, er steht so schon seit einem Jahr im Gesetz -
wobei Kritiker darauf verweisen, dass der Begriff eigentlich im Zuge
der Terrorbekämpfung eingeführt worden sei. Er wird nun aber eben bei
deutlich mehr Polizeibefugnissen als bisher Anwendung finden. Ein
weiterer Kritikpunkt: Der Begriff sei viel zu unbestimmt.
Sogar Juristen sind sich uneins: Der Richter am Landgericht
München I, Markus Löffelmann, beklagte in einer Anhörung im Landtag
einen Paradigmenwechsel im bayerischen Polizeirecht: Jeder bayerische
Polizist bekomme mehr Befugnisse bei der Gefahrenabwehr als das
Bundeskriminalamt im Kampf gegen den Terror. Dagegen argumentierte
der Rechtsprofessor Markus Möstl, die Polizei müsse mit neuen
Herausforderungen für die innere Sicherheit Schritt halten.
Welche neuen Befugnisse bekommt die Polizei – und was sagen Kritiker dazu?
Umstritten ist beispielsweise die Auswertung von DNA-Spuren schon
zu Fahndungszwecken. Das Innenministerium argumentiert, mit einer
DNA-Untersuchung von Geschlecht, Augen-, Haut- und Haarfarbe, Alter
und Herkunft könne "der Kreis der potenziellen Gefährder eingegrenzt
werden". Kritiker, darunter im Übrigen auch der bayerische
Datenschutzbeauftragte Thomas Petri, stören sich daran, dass die
Polizei das genetische Programm eines Menschen auswerte, also zu
Zwecken der Gefahrenabwehr in die Gene "hineinschauen" dürfe.
Umstritten ist auch die Ausweitung des Einsatzes von
Körperkameras ("Bodycams") durch Beamte, auch in Wohnungen und ohne
dass dies anschließend durch einen Richter bestätigt werden müsste.
Ebenso umstritten sind eine Vielzahl "technischer" Befugnisse, die
die Polizei bekommen soll, etwa der Zugriff auf Cloud-Speicher. Petri
hatte erklärt, die neuen zahlreichen Datenverarbeitungsbefugnisse
halte er "unter Freiheitsaspekten für problematisch".
Was nicht stimmt: dass künftig jeder Streifenpolizist
Handgranaten und Sprengstoff einsetzen darf, wie manche Kritiker
gegen das Gesetz ins Feld geführt hatten. Das dürfen nur
Spezialeinsatzkommandos.
Hat die CSU auf die Kritik der vergangenen Monate reagiert?
Ein bisschen. Einige Punkte wurden abgeschwächt oder entfallen.
Beispielsweise wird auf die automatisierte Gesichtserkennung bei
Videoüberwachungsmaßnahmen verzichtet. Doch der zentrale Kritikpunkt,
nämlich an der Ausweitung der polizeilichen Eingriffsmöglichkeiten
schon bei einer "drohenden Gefahr", bleibt.
Ministerpräsident Markus
Söder hat lediglich eine breite Informationsoffensive über die neuen
Regelungen angekündigt. Und: Eine Kommission soll die Umsetzung des
Gesetzes kritisch begleiten und überprüfen. Die Opposition kritisiert
das freilich als völlig untaugliche Beruhigungspillen.
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