Wer als Politiker:in den Vorwurf des Elitären abstreifen möchte, der macht sich seit einigen Jahren den Döner als kulinarisches Symbol der Volksnähe zu eigen. Der Döner dient als Metapher für so vieles, das man in Deutschland gerne im Wahlkampf stolz vor der Brust trägt. Für den Querschnitt der Gesellschaft, für Multikulturalismus, die Jugend, für "ganz normale Menschen". Also für einen Großteil derer, die in Deutschland wählen dürfen.
So hatte die Linke im vergangenen Jahr eine Dönerpreisbremse und staatliche Subventionen gefordert, nachdem die Preise infolge der Inflation in die Höhe geschnellt waren. In Nordrhein-Westfalen warb die SPD zur Europawahl mit Döner für drei Euro und auch Friedrich Merz versprach in diesem Bundestagswahlkampf auf Instagram: "Wir machen den Döner wieder günstiger".
Und so reiht sich auch die akut existenzgefährdete FDP ein in die Liste derer, die den unschuldigen Kebap für ihre Wahlkampfzwecke missbrauchen. Christian Lindner hat sich den Döner unter den Nagel gerissen. Genau genommen: unter den Acrylnagel.
Der Parteivorsitzende und geschasste Ex-Finanzminister Lindner veröffentlichte auf seinem Tiktok-Account ein Video aus einem Dönerladen, bei dem sein Gesicht auf dem typischen weiß-roten Dönerpapier abgedruckt war. Darüber stand: "Warum ist da mein Gesicht auf dem Dönermann" und die Videobeschreibung versprach "Einfach mehr Döner vom Brutto" – gezeichnet vom Team Lindner.
Das Auffällige an dem Video: Die Person, die den Döner in der Hand hält, hat Acrylnägel. Unter dem Tiktok beanspruchte eine Person die Aufnahme für sich und kommentierte, dass sie etwas beleidigt sei, dass ihre "schönen Fingernägel Christian Lindner zugeschrieben werden", worauf Lindners Account wiederum mit einem Emoji reagierte: 💅
Bei dem Video dürfte es sich um den Ausschnitt einer Wahlkampfaktion der FDP handeln, die am Wochenende in einem Dönerladen zum Bürgergespräch eingeladen hat. Genau genommen handelt es sich dabei um den Youssef Grill in der Stadt Hattingen im Ennepe-Ruhr-Kreis in Nordrhein-Westfalen.
Unter dem Motto "Heute Döner, morgen Wachstum" haben der Bundestagsabgeordnete Jens Teutrine und die Hattinger Kandidatin Anna Neumann die Aktion veranstaltet. Das Versprechen: Die ersten 300 Döner sind kostenlos.
Während einige wenige Kommentare unter dem Video von Lindner auf eine Dönerpreisbremse abzielen (Lindners Team kommentiert: "Oder einfach mehr Netto von Brutto durch einen höheren Grundfreibetrag bei der Steuer. Dann kann man sich gleich mehr Döner leisten"), schielen die meisten auf die Maniküre des Parteivorsitzenden.
"Ist Linder ein Girlie Pop?", fragt eine Person und beobachtet treffend: "Slay Queen, die Nägel sind ein wunderbares hell rosa blass schimmernd." Andere Prädikate für Lindners scheinbares Nageldesign lauten "stabil" und "fresh".
