Seit Wochen spitzte sich die Regierungskrise zu. Am Mittwoch kam es in Berlin bei Gesprächen schließlich zum Bruch der Ampel: Mit lautem Getose ist es das Ende der aktuell regierenden Koalition.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) bekamen sich derart in die Haare, dass der Kanzler Lindner kurzerhand kündigte. Dann stellte er die Vertrauensfrage in Aussicht. Die FDP-Minister:innen ziehen sich zurück.
Es kommt also zu Neuwahlen.
Am Tag danach haben sich die Wogen nicht geglättet. Im Gegenteil: Verkehrsminister Volker Wissing bricht mit seiner Partei und verlässt die FDP. Er will Minister bleiben, übernimmt auch den Posten des Justizministers. Sehr zum Unmut Lindners. Während dieser weiter austeilt, kann sich seine Ex-Vertraute Linda Teuteberg einen Seitenhieb nicht verkneifen.
Dass Wissing der FDP den Rücken kehrt und nach dem Ampelbruch Teil des Kabinetts bleibt, sogar noch Justizminister wird, stößt Lindner sauer auf. Das ist ihm anzusehen, wenngleich er am Donnerstag in Berlin vor Pressevertreter:innen nur sagte, dass er es "zur Kenntnis" genommen habe und Wissing alles Gute wünsche. Indirekt kritisierte Wissing das Verhalten Lindners in der Koalition.
Für Linda Teuteberg dürfte der Wissing-Paukenschlag eine besondere Ironie haben. Denn sie hat eine turbulente Vorgeschichte mit Christian Lindner: Er hatte sie 2020 fallen lassen, wollte sie nicht mehr auf dem Posten seiner Generalsekretärin. Ihr Nachfolger wurde ausgerechnet der damalige rheinland-pfälzische Vize-Ministerpräsident und Wirtschaftsminister Volker Wissing.
Dass dieser nun Lindner im Stich lässt, kommentiert Teuteberg auf X so: "Differenzierungsfähigkeit und Menschenkenntnis. So wichtig." Der Beitrag kommt gut an, wurde nur nach wenigen Stunden schon über 240-mal kommentiert, fast 400-mal retweetet. Die User:innen fordern etwa, dass sie die FDP übernehmen sollte und stimmen ihr überwiegend zu.
Unterdessen trat der FDP-Chef Lindner erneut vor die Presse. Er beklagte sich dabei zunächst über den Stil der derzeitigen politischen Diskussion, schoss gegen Scholz. Dabei wurden seine Worte emotional. Der Groll war ihm im Gesicht deutlich anzusehen. Doch seine Rede wirkte sorgfältig vorbereitet: Lindner habe "viele Worte" über sich selbst und die FDP gehört. "Manches macht mich betroffen, manches ist Anlass zum Nachdenken, anderes ist schlicht falsch."
Er habe sich entschieden, sich an "dieser Form der öffentlichen Auseinandersetzung nicht zu beteiligen." Denn: "Zu staatspolitischer Verantwortung gehört auch Stil in der Öffentlichkeit, damit die Demokratie keinen Schaden nimmt." Diese Aussage hinderte ihn aber offenbar nicht daran, genau das zu tun und Scholz teils passiv-aggressiv, teils durch Andeutungen, anzugreifen.
Lindner beschrieb seine Sicht der Abläufe im Koalitionsausschuss. Scholz warf er dabei eine "Entlassungsinszenierung". Geht es nach seiner Auffassung, hatte der Kanzler es genau so geplant, um zunächst ungestört weiterregieren zu können.
Dann erst will Bundeskanzler Olaf Scholz über die Vertrauensfrage abstimmen lassen, die zu Neuwahlen bis März führen könnte.
Zu spät, findet Lindner: "Das Richtige für unser Land wäre die sofortige Vertrauensfrage und Neuwahlen", sagte er. Die Bürger:innen müssten nun "die Möglichkeit haben, Richtungsentscheidungen für ihre Zukunft selbst zu treffen". Er fügte hinzu: "Rasche Neuwahlen nach der gescheiterten Regierung Scholz." Deutschland dürfe keine Zeit verlieren. Der Kanzler aber blieb zunächst bei seinem bisher genannten Zeitplan.