Die Bundestagswahl rückt im erschreckenden Tempo näher. Bereits am 23. Februar setzen wir wieder unsere Kreuze. Alle Player:innen des Parteiensystems kämpfen bereits fleißig um die Gunst der Wähler:innen. Es ist der übliche Wahnsinn, bestehend aus langatmigen Talkshow-Auftritten, wilden Debattenschlachten und plakatierten Straßen. Mut, Zuversicht, Sicherheit, rufen die Hochglanz-Konterfeis von verdreckten Litfaßsäulen.
Viele dürfen in diesem Jahr erstmals mitentscheiden, wer in Deutschland künftig in der Regierung sitzt. Eine Generation, deren Erwachsenwerden viele Krisen prägten. Ein Krieg in Europa, eine Energiekrise, Corona, das Zerfallen der Regierung, du liebe Zeit! Wie genau hat sich das auf sie ausgewirkt? Was bewegt Erstwähler:innen? Eine Studie des Instituts für Genetationenforschung gibt Aufschluss. Wir haben uns die drei spannendes Erkenntnisse angeschaut.
Disclaimer: In der Studie werden Erstwähler:innen und Gen Z mal zusammengefasst, mal getrennt betrachtet. Sprechen wir von Gen Z, sind junge Menschen insgesamt gemeint, sprechen wir von Erstwähler:innen, dann sind auch nur diese gemeint.
Es ist doch ein spannendes Bild, das die Jugendwahlstudie 2025 von der jungen Generation zeichnet, gerade mit Blick auf die Ängste. Von den 1002 Befragten aus der Gen Z gaben 64,6 Prozent an, Sorge vor einer Eskalation des Ukraine-Kriegs zu haben. Um einen Vergleich zu ziehen, haben die Generationenforscher noch Daten von Gen X und Babyboomern hinzugezogen. Dort liegt die Angst mit 70,9 Prozent etwas höher.
Überraschenderweise fällt die Gen Z in Sachen Ukraine-Krieg also etwas zurück, ist eventuell diesbezüglich leicht entspannter. Bei den Erstwähler:innen greift aber eine generalisierte Angst stärker um sich. 55,6 Prozent gaben an, Ängste zu haben, die allerdings nicht näher definiert werden. Der Wert fällt im Genetationenvergleich am höchsten aus. Studienautor Rüdiger Maas sagt dazu:
Zusammengefasst: Ja, die Angst vor Putins imperialen Machtfantasien ist unter jungen Menschen vielleicht etwas geringer. Ängste gibt es dennoch im hohen Ausmaß. Laut der Studie ist zudem nur jeder zehnte Erstwählende sorgenfrei.
Obgleich Akteur:innen des rechten und konservativen Spektrums stets einen dominierenden links-grünen Geist heraufbeschwören, fühlen sich Erstwähler:innen aus dem linken Spektrum in großer Zahl übersehen.
Im rechten Spektrum ordnen sich 14,55 Prozent ein. Der Rest ordnet sich in der "politischen Mitte" oder als unsicher ein. Interessant ist, dass 69,3 Prozent der Gen Z der Aussage, jede:r könne seine Meinung frei äußern, zustimmen, während es bei den Babyboomern 82,1 Prozent sind.
Zahlen, die rechtskonservativen Schwadronierer:innen (Nuhr, Fleischhauer) eigentlich zittern lassen müssten. Ebenso fühlen sich 62,5 Prozent der Erstwähler:innen nicht im Wahlkampf erreicht. Die Babyboomer hingegen nur zur 45 Prozent.
Ebenso zeigt sich in der Studie, dass die junge Generation weniger rebelliert als "man es von Jugendlichen erwarten würde", sagt Rüdiger Maas. Ein Phänomen, das Sozialpsycholog:innen auch als Neo-Konventionalismus bezeichnet, ein Schlauwort fürs Nichtabgrenzen von den Eltern, sprich: was Mama und Papa wählen, wählt sie auch.
Die junge Generation nehme ihren Handlungskorridor nicht wahr. Stattdessen werden die Handlungsverantwortung auf Parteien und Bewegungen übertragen. "Ein derartig passives 'Bedienlassen' ist Gift für eine moderne Gesellschaft und Demokratie", sagt Maas. Wobei an dieser Stelle angemerkt sei, dass die Aussage einer Eigenverantwortungs-Ideologie folgt. Letztlich ist der Handlungsspielraum Einzelner begrenzt.
72,6 Prozent der Erstwähler:innen sprechen deutschen Politiker:innen digitale Kompetenzen ab. 55 Prozent finden zudem, dass die AfD am meisten Menschen auf Social Media erreicht. Insgesamt wird mehr digitale Kompetenz gefordert.
Erstwähler:innen werden natürlich auch selbst auf Social Media aktiv. Hinsichtlich politischer Inhalte sind es vor allem aber AfD-Wähler:innen, die zum Beispiel Inhalte auf Tiktok teilen, insgesamt sind es da 59,7 Prozent. Danach kommen BSW-Wähler:innen mit 45,45 Prozent.
Das mag zunächst überraschend wirken, liegt aber der Tatsache zugrunde, dass die AfD Social Media schon sehr früh als optimales Tool zur Wählerrekrutierung genutzt hat. Das dürfte eben zum Mitmachen animiert haben.
Wichtig zum Schluss: Die Studie gibt nur einen kleinen Einblick. Insgesamt ist ein Genetationenvergleich nur schwer herzustellen, schon allein, weil sich Charakteristika nicht direkt über die Generationszugehörigkeit erklären lassen.
Einkommen, Wohnort, Vermögen, Bildung, Sozialisierung, alles Faktoren, die sich auf unsere Haltung auswirken können. Kurz gesagt: Ein Handwerker wird nicht dieselben Sorgen und Einstellungen wie BMW-Erbin Susanne Klatten haben, auch wenn beide aus derselben Generation stammen. Die Arbeit der Forscher:innen soll aber dadurch nicht geschmälert werden.