Die Demokratie in Deutschland und Europa ist angesichts der zahlreichen politischen Spannungen weltweit so gefährdet wie schon lange nicht mehr. Auch die Gefahr durch politischen und religiösen Extremismus ist weiterhin hoch, vor allem in Berlin.
"Die Bedrohungen für unsere freiheitliche demokratische Grundordnung sind im vergangenen Jahr nicht kleiner geworden", erklärte Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) zum am Dienstag vorgestellten Berliner Verfassungsschutzbericht 2023. Der aktuelle Jahresbericht zeige, "dass wir es in allen verfassungsfeindlichen Spektren mit dynamischen Entwicklungen zu tun haben".
Beispielhaft für die Entwicklung sind Spranger zufolge die Ereignisse nach dem Angriff der radikalislamischen Hamas auf Israel im Oktober 2023. "In allen Phänomenbereichen wurden der Terror der Hamas und die israelische Reaktion darauf benutzt, um Hass auf Juden, Jüdinnen und den Staat Israel zu schüren", erklärte Spranger. "Wir werden uns diesem Antisemitismus auch weiterhin mit aller Konsequenz entgegenstellen."
Die islamistische Szene in Berlin verzeichnete laut Mitteilung der Berliner Senatsverwaltung für Inneres einen leichten Anstieg auf 2380 Anhänger:innen nach 2270 im Vorjahr. Dies sei vor allem auf eine verstärkte Unterstützung israelfeindlicher Bestrebungen wie der Hamas oder der Muslimbruderschaft zurückzuführen. Die salafistische Szene blieb stabil bei 1100 Anhänger:innen, von denen etwa 350 als gewaltorientiert galten. Die Bedrohung durch den Ableger des Islamischen Staats in Afghanistan und Zentralasien bleibe weiterhin hoch.
Beim auslandsbezogenen Extremismus wurden weiterhin 1670 Anhänger:innen gezählt. Dazu zählten Gruppierungen wie die radikale Palästinensergruppe Volksfront zur Befreiung Palästinas, der türkischstämmige Rechtsextremismus oder die im November 2023 verbotene Vereinigung Samidoun. Sie seien nach dem Angriff der Hamas permanent darum bemüht gewesen, öffentliche Diskurse zu beeinflussen und junge Menschen zu politisieren und zu radikalisieren.
Dem Rechtsextremismus seien in Berlin unverändert 1450 Anhänger:innen zuzuordnen. Auch die rechtsextremistische Szene habe nach dem Angriff der Hamas antisemitische und rassistische Propaganda verbreitet. Zentrale Akteure seien die rechtsextremistische Partei Der III. Weg und ihre Jugendorganisation Nationalrevolutionäre Jugend.
Während in der linksextremistischen Szene Berlins die Zahl gewaltorientierter Anhänger rückläufig war, wurde ein Zuwachs an Anhänger:innen in nicht gewaltorientierten Strukturen verzeichnet. Dadurch werden dem Linksextremismus unverändert 3700 Anhänger:innen zugeordnet.
Vor allem Anhänger:innen antiimperialistischer Gruppierungen, die sich im Zusammenhang mit dem Nahostkonflikt klar antiisraelisch positionierten, hätten dabei die öffentliche Wahrnehmung geprägt. Die linksextremistische Szene in Berlin sei bei dem Thema jedoch tief gespalten.
(ast/dpa)