Donald Trump will zurück ins Weiße Haus. Während viele ihn anhimmeln, läuten bei anderen bei diesem Gedanken die Alarmglocken. Der Ex-Präsident wirft mit Sprüchen um sich, die Demokrat:innen Angst bereiten. Auch Verbündete der USA horchen auf.
So würde Trump Russland "dazu ermutigen, zu tun, was auch immer zur Hölle sie wollen", sollte ein Nato-Land seine Verteidigungsausgaben nicht zahlen. Er nennt politische Gegner "Ungeziefer", das es "auszurotten" gilt. Wer ihm nicht absolute Treue schwört, wird aus dem inneren Kreis seiner Maga-Republikaner verbannt.
Maga steht für Trumps bekannten Wahlspruch "Make America Great Again". Mittlerweile hat sich aus dieser Bewegung ein regelrechter Kult entwickelt: Trumps Anhänger:innen folgen ihm bedingungslos. Am liebsten schießen sie gegen Migrant:innen. Laut Trump würden sie das "Blut des Landes vergiften".
Expert:innen warnen: Die US-amerikanische Demokratie und der Rechtsstaat seien extrem gefährdet durch Trump und Maga-Republikaner wie etwa Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Daher war der Aufschrei groß, als sich 2023 eine prominent besetzte Delegation der CSU mit dem republikanischen Rechtsaußen-Politiker traf. DeSantis trat gegen Trump an, schmiss dann den Wahlkampf hin und unterstützt nun den 77-Jährigen.
"Deutschland braucht in den USA tragfähige Gesprächskanäle auch zu den Republikanern", meint CSU-Politiker Thomas Silberhorn auf watson-Anfrage. Er ist Fachsprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion für transatlantische Beziehungen. Er fügt hinzu: "Die Bundesregierung hat aber auf Arbeitsebene vor allem mit der von Demokraten geprägten US-Administration zu tun."
Er sagt:
Für manche geht diese Nähe offenbar zu weit, vor allem wenn es um Vertreter:innen aus Trumps Lager geht. Dazu kommt auch, dass CDU-Chef Friedrich Merz den inoffiziellen Titel des deutschen Trumps hält.
"Ein streitbarer alter weißer Mann, der Schwule und Pädophile in einem Atemzug nennt, Gender-Debatten als Zeitverschwendung abtut und Angela Merkel nicht leiden kann, könnte kaum mehr am Zeitgeist vorbeigehen", schrieb 2020 die US-Zeitung "Politico". Der Titel des Artikels: "Treffen Sie den deutschen Donald Trump". Die Rede ist von Merz.
Seither sorgte der CDU-Chef mit zahlreichen populistischen Aussagen für Aufsehen. Er warf etwa ukrainischen Geflüchteten "Sozialtourismus" vor oder nannte arabischstämmige Schüler "kleine Paschas". Gegenüber watson warnte Autorin Annika Brockschmidt damals: "Wir erleben eine Enthemmung von Teilen des deutschen Konservatismus, der bereit ist, gewisse Linien zu übertreten, die vor ein paar Jahren noch als gesellschaftlich tabu galten."
Aber macht das Merz zu einem Trump? Jedenfalls hagelt es auch reichlich Kritik aus den Reihen der Koalitionspartner.
"Das ist grober Unfug. Friedrich Merz steht für eine ausgesprochen konstruktive Opposition, die ihrer staatspolitischen Verantwortung gerecht wird", sagt CSU-Mann Silberhorn. Er fordert, die Bundesregierung solle lieber ihren ideologiegetriebenen Kurs ändern, der die Gesellschaft spalte, als missliebige Kritik zu diskreditieren. "Kritik, die insbesondere in der Migrations-, der Energie- und der Wirtschaftspolitik von der weit überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung geteilt wird", sagt er.
Spitzenvertreter:innen der Ampel-Koalition verlieren zunehmend die Gunst der Bevölkerung, vor allem Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne). Das zeigt etwa eine Ipsos-Umfrage im Januar.
Zudem übt der CDU-Chef selbst Kritik an Trump. Demnach habe er keinerlei Verständnis für die Äußerungen von Trump zur Nato. Merz besuchte jüngst Israel und sagte am Dienstag in einem Interview mit Welt TV im israelischen Kibbuz Sasa, der russische Präsident beobachte sehr genau, was zurzeit im Westen geschehe.
CSU-Politiker Silberhorn blickt mit Sorgen auf einen möglichen Wahlsieg Trumps. Ihm zufolge verfolge der Ex-Präsident weiterhin die Maxime "America first".
Trumps Sieg bei den Präsidentschaftswahlen wäre daher – mehr als in seiner ersten Amtszeit – eine Belastungsprobe für die internationalen Beziehungen der USA, warnt der CSU-Mann. Er führt aus: "Im transatlantischen Verhältnis sieht Trump uns in erster Linie als Wettbewerber und erst in zweiter Linie als Partner."
Unter diesem Gesichtspunkt seien mit weiteren kritischen Tönen zur Nato und mit neuen Strafzöllen auf europäische Produkte zu rechnen. Umso mehr werde die US-Administration auf ihre Glaubwürdigkeit und Verlässlichkeit achten müssen. Denn Silberhorn zufolge ist die wirkliche Herausforderung für die USA nicht Europa, sondern China.
"Hier können die USA militärisch und wirtschaftlich schnell zu spüren bekommen, dass sie selbst Partner in der Welt brauchen. Dann wird sich bewähren, dass unsere Zusammenarbeit für die Ukraine und im Nahen Osten so umfangreich und so eng ist, wie nie zuvor", sagt er.
Dennoch müsse Europa jetzt seine Hausaufgaben in der Verteidigungs- und in der Wirtschaftspolitik erledigen. "Wenn wir Deutsche und Europäer aus eigener Stärke heraus agieren können, dann sind wir relevante Partner. Die wirtschaftliche Zeitenwende in Deutschland steht noch aus, die militärische ist immerhin eingeleitet", sagt Silberhorn.
Er betont: "Nachlässigkeit werden uns nicht nur die Republikaner, sondern auch die Demokraten nicht mehr durchgehen lassen."
In den USA sehe man es parteiübergreifend nicht mehr ein, dass fast 80 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs 340 Millionen US-Steuerzahler:innen für die Sicherheit von 450 Millionen EU-Bürger:innen aufkommen sollen.
"Schon 2014 haben alle Nato-Mitgliedstaaten vereinbart, mindestens zwei Prozent ihrer volkswirtschaftlichen Leistung für Verteidigung auszugeben. Mit dem Sondervermögen für die Bundeswehr kann das 2024 und 2025 erreicht werden", meint Silberhorn. Um diese Verpflichtung dauerhaft zu erfüllen, werde es aber notwendig sein, den Verteidigungshaushalt um jährlich mindestens zehn Milliarden Euro aufzustocken.
In Deutschland hat sich die Ampel-Regierung auf ein Sondervermögen in Höhe von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr geeinigt. Dieses soll den Streitkräften für zusätzliche Investitionen zur Verfügung stehen, damit die Landesverteidigung und Bündnisfähigkeit weiter gestärkt werden, verkündete das Finanzministerium.
"Deutschland muss hier eine klare Priorität setzen und in enger Abstimmung mit EU und Nato seine Führungsrolle als größtes und wirtschaftlich stärkstes Land in der Mitte Europas wahrnehmen", sagt der Transatlantiker.
Die USA als wichtigster Partner Europas könnten in Zukunft selbst einen ruckeligen Weg einschlagen. Laut Silberhorn zeichnet sich ein sehr harter Wahlkampf in den USA ab, der die Spaltung der US-Gesellschaft weiter vertiefe.
"Kompromisse wie das gescheiterte Verhandlungspaket, das die Hilfen für die Ukraine und Israel mit der Einwanderung aus Mexiko verknüpfen sollte, werden die Republikaner bis zur Wahl nicht mehr eingehen", führt der CSU-Mann aus. Für die Mobilisierung werde erneut die Wirtschaftspolitik entscheidend sein. Hier kann sich die Bilanz von Joe Biden sehen lassen, meint Silberhorn.
Wachstum und Arbeitsplätze für die Mittelschicht sind ihm zufolge noch immer das beste Mittel, um eine polarisierte Gesellschaft wieder zusammenzuführen.