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EU: Europas Munitionslager sind nicht für Putin gerüstet, mahnt Ex-Militär

05.04.2023, Rumänien, Bukarest: Generalmajor Joseph McGee, Befehlshaber der 101. Luftlandedivision, schüttelt Soldaten vor einer Übergabezeremonie der 101. Luftlandedivision an die 10. Gebirgsdivision ...
Ein Generalmajor begrüßt US-Truppen, die mit Streitkräften aus anderen Nato-Mitgliedstaaten in Rumänien stationiert sind.Bild: AP / Andreea Alexandru
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Belgischer Ex-Militär alarmiert über knappe Munitionsbestände in Europa

04.03.2024, 15:5004.03.2024, 19:55
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In Europa herrscht Krieg. Seit zwei Jahren überfällt Russland die Ukraine und Expert:innen warnen, dass das erst der Anfang sein könnte. Immer wieder schwadronieren etwa die Kreml-Propagandist:innen von einem Angriff auf Polen und Deutschland. Aber auch gegenüber den baltischen Staaten eskaliert die Rhetorik des russischen Präsidenten Wladimir Putin.

Laut Sicherheitsexpter:innen wäre der Baltikum die Achillesferse Europas. Aber allgemein steht es um die Abwehrfähigkeit der europäischen Staaten offenbar richtig mies. Das Hauptproblem: Nachschub von Munition.

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Europas Munitionslager sind nicht für Putin gerüstet

"Gerade bei hochwertiger Munition sind die Bestände extrem niedrig", sagt Marc Thys, ehemaliger Generalleutnant und Vice-Chef de la Défense der belgischen Streitkräfte. Im Gespräch mit dem Bayerischen Rundfunk (BR) warnt er vor den langen Lieferzeiten.

"Wir stecken da schon tief in der Scheiße."
Marc Thys, ehemaliger Generalleutnant

Er führ aus:

"Wenn man heute bestellt, dauert es bei manchen Munitionsarten bis zu sieben Jahren, bis man seine Bestellung erhält. Selbst bei der einfachsten Kleinkalibermunition 5.56, ein Nato-Standard. Wenn wir heute den Vertrag unterzeichnen, dauert es zwölf Monate, bis man seine Munition bekommt."

Dazu kommt, dass momentan vor allem die Ukraine Waffen und Munition benötigt, um den Angriffskrieg weiter abzuwehren. Doch laut dem belgischen Militär-Experten sind die Bestände massiv ausgedünnt.

Thys fasst das Dilemma kurz und offen zusammen: "Wir stecken da schon tief in der Scheiße."

Europa steht seiner Meinung nach vor "einem Haufen Arbeit". Denn Putin setzt auf Zeit, meint auch der ehemalige CIA-Agent Steve Hall. Laut ihm ist sich Putin seiner Sache sicher. "Und er hat absolut kein Problem damit, Hunderttausende junge Russen in den Tod zu schicken, um die Ukraine einzunehmen", sagt Hall. Wenn es um Munitionsnachschub geht, erhält Russland Unterstützung etwa aus Nordkorea oder dem Iran.

Dass Europa ein ernsthaftes Munitionsproblem hat, ist laut Thys auch Russland bewusst. Er sagt: "Du kannst sicher sein, dass unsere Gegner, ob sie jetzt in Moskau sitzen oder in Beijing oder sonst wo auf der Welt, sie wissen von der Munitionsknappheit."

Doch wie konnte den europäischen Ländern die Munition ausgehen? Als Ursache sieht Thys, dass Europa schlichtweg nicht für solch einen Krieg vorbereitet ist.

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"Unsere Armeen sind auf Expeditionseinsätze ausgelegt. Das sind kleine Kontingente mit wenig Logistik und sehr geringem Munitionsverbrauch, wenn überhaupt. Und plötzlich befinden wir uns wieder in einer Zeit der offenen Kriege."

Als Beispiel nennt er etwa den kontinuierlichen Abbau bei der Bundeswehr. "Ich weiß, Deutschland hatte Ende der 1980er etwa 5000 Panzer. Heute hat Deutschland zwischen 200 und 300. Ich sage nicht, die Bundeswehr muss wieder zurück zu den 5000, aber diese Lücke ist schon enorm“, meint er.

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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius spricht mit einer Panzerbesatzung.Bild: imago images / Christoph Hardt

Seine Devise lautet: "Sicherheit kostet etwas. Das müssen wir wieder lernen. Viele haben geglaubt, das ist vom Himmel herabgefallen und wird sich nie ändern." Angesichts der Sicherheitslage in Europa müsse man die Rüstungs- und Verteidigungsindustrie wieder aufpäppeln.

"Wenn du Europa politisch ändern willst, muss das Messer an der Kehle sein und das Blut schon tropfen, dann fangen die Dinge an, sich zu ändern", kritisiert er.

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Bis 2015 schien die Welt für viele junge Menschen in Europa noch größtenteils in Ordnung. Zumindest waren Kriege fern und hatten kaum Auswirkungen auf das Leben hierzulande. Das änderte sich 2015. Durch die große Migrationskrise konnte die Bevölkerung in Deutschland das Leid nicht mehr ignorieren.

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