Gerade so hat die SPD das Runder bei der Landtagswahl in Brandenburg herumgerissen. Nach einem Kopf-an-Kopf-Rennen lag sie knapp vor der in weiten Teilen rechtsextremen AfD. Und das, obwohl die Sozialdemokraten bis zuletzt in den Umfragen knapp dahinter lagen.
Der knappe Sieg ist dennoch bezeichnend – und zwar nicht nur im positiven Sinne.
Rein mit Protestwähler:innen lässt sich der gewaltige Zuwachs der AfD kaum mehr abtun. Vielmehr hat die SPD wohl nur deshalb die Mehrheit erreicht, weil Wähler:innen anderer demokratischer Parteien eine AfD-Regierungsbeteiligung verhindern wollten. Dafür haben etablierte Parteien wie die FDP und die Grünen massiv Stimmen verloren.
Und: Wie bereits bei den Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen haben auch junge Wähler:innen überwiegend rechts gewählt.
Ein Umstand, der auch die junge Abgeordnete der Grünen, Emilia Fester, besorgt. Sie sieht darin einen Weckruf, wie sie gegenüber watson klarstellt. Die heute 26-Jährige ist 2021 als jüngste Abgeordnete in den Bundestag eingezogen. Sie setzt sich unter anderem für Kinder und Jugendliche ein.
Fester findet: Es muss dringend ein Wandel her. Nicht nur in Brandenburg. Auch die Ampel muss auf Bundesebene dringend einen Kurswechsel an den Tag legen.
"Die Wahlergebnisse aus Brandenburg sind ein weiterer Weckruf nach den letzten Wahlen", sagt Emilia Fester zu watson. Bei der Wahl in Brandenburg wählten erstaunlich viele junge Menschen rechts.
Zum Vergleich: 29,2 Prozent der Menschen insgesamt wählten laut dem vorläufigen amtlichen Ergebnis die AfD. Die Partei landete hinter der SPD auf Platz 2. In der Gruppe der 16- bis 24-Jährigen erreichte die in weiten Teilen rechtsextreme Partei 31 Prozent der Stimmen. Sie war also die meistgewählte Partei unter den jungen Menschen.
Dazu sagt Fester: "Es ist schmerzhaft, zu sehen, dass die progressiven Parteien bei den jungen Wähler:innen deutlich verloren haben, während die AfD hier zur stärksten Kraft wurde." Dass eine Partei, die Hass und Spaltung propagiere, gerade bei den jungen Menschen so stark zulegen konnte, sei "alarmierend".
Besonders tragisch war das Ergebnis der Landtagswahl in Brandenburg für die Grünen. Sie haben mit nur 4,1 Prozent der Stimmen weder die Fünf-Prozent-Hürde erreicht, noch ein Direktmandat ergattert.
Zwar war es bei den 16- bis 24-Jährigen mit 6 Prozent Stimmanteilen etwas besser, der Fall der Grünen von einer Regierungspartei bis zum Rausflug aus der Landesregierung ist dennoch bezeichnend. Das hat laut Fester mehrere Gründe: "Ein ganzer Teil der Menschen fühlt sich von der Politik im Stich gelassen. Panikmache, Hetze und Asyldebatten bringen keine Veränderung, sondern progressive soziale Politik."
Für das schlechte Ergebnis der Grünen und das Erstarken der Rechten sieht sie eine Teilschuld bei der Ampel. "Viele Menschen mit schlechter wirtschaftlicher Situation haben ihr Kreuz bei der AfD gemacht", sagt die junge Bundestagsabgeordnete zu watson. Bei ihnen kommt die Partei sogar auf 47 Prozent Zustimmung, wie aus der Wahltagsbefragung von "Infratest Dimap" hervorgeht. Die SPD folgt dabei mit weitem Abstand mit 15 Prozent.
Dass Menschen in wirtschaftlich schwacher Situation eher AfD wählen, zeige, dass viele sich in ihrer Verunsicherung nicht von den regierenden Ampel-Parteien abgeholt fühlen. "Wir dürfen nicht einfach hinnehmen, dass Menschen in Zeiten von Angst und Unsicherheit nach Antworten der AfD greifen. Im Gegenteil, wir müssen es als klaren Auftrag verstehen", findet die junge Grünen-Politikerin.
Um die Situation wieder zu begradigen, müsse jetzt angepackt werden, wenn es um Fester geht: "Wir brauchen jetzt echte Lösungen, die die Lebensrealität der Menschen verbessern. Es liegt an uns, Politik zu machen, die alle Menschen mitnimmt – ohne Ausgrenzung."