Wer einmal ins Ausland gereist ist, kennt die Möglichkeiten jener Digitalisierung, die in Deutschland leider noch immer weit entfernt scheint. Allein die Bezahlung mit Karte löst schließlich nicht nur in einigen Ämtern, sondern auch im alltäglichen Leben noch immer ein mittelgroßes Chaos aus.
Umso erfreulicher sind Bemühungen des Bundes, nach und nach Verfahren zu digitalisieren und damit nicht nur den Alltag der Menschen, sondern eben auch der Mitarbeitenden im Verwaltungswesen zu erleichtern. Einen solchen Schritt geht zum neuen Jahr auch das Auswärtige Amt.
Mit dem 1. Januar 2025 ist es nämlich auch in Deutschland möglich, einen Antrag für einen Langfristaufenthalt online zu stellen. Ein für diesen Zweck eingerichtetes Portal mit dem Slogan "Make it in Germany" ist nun für insgesamt 167 Visastellen weltweit verfügbar.
Konkret bietet die Website des Auswärtigen Amts zunächst einen "Quick Check", bei dem über einen einfachen Fragebogen die ersten Voraussetzungen für ein Visum abgefragt werden. Anschließend werden die nötigen Dokumente und weitere Voraussetzungen ausgegeben.
Das Ganze ist auf Deutsch und Englisch verfügbar. "Andere Muttersprachler kommen mit einer Übersetzungsfunktion im Browser gut durch alle Punkte", erklärt die Projektleiterin unter Bezugnahme auf Testläufe gegenüber der ARD.
Hintergrund des digitalen Portals soll vor allem auch die Bekämpfung des Fachkräftemangels in Deutschland sein. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock sprach in diesem Zusammenhang von einer "echten Verwaltungsrevolution, die unseren Wirtschaftsstandort Deutschland stärkt".
Seit Jahren gibt es vor allem im medizinischen, aber auch im sozialen Bereich und in der Industrie gravierende Engpässe bei der Besetzung von systemrelevanten Stellen. Auch wirtschaftlich gesehen hat das schwerwiegende Folgen: Laut dem Institut der Deutschen Wirtschaft gingen Deutschland im Jahr 2023 gesamtwirtschaftlich gesehen 49 Milliarden Euro durch den Fachkräftemangel verloren.
Die Reform des Antragsverfahrens richtet sich an potenzielle Studierende, Arbeitskräfte sowie Auszubildende und ihre Familienangehörigen. Das nationale Online-Visum kann in 28 verschiedenen Kategorien beantragt werden. Nicht in allen Ländern ist das Portal direkt verfügbar, soll jedoch nach und nach verfügbar gemacht werden.
In einer "längst überfälligen Strukturreform" habe man das bisherige Visumverfahren "einmal vom Kopf auf die Füße gestellt", um international konkurrieren zu können, erklärte Baerbock.
Pro Jahr bearbeitet das Auswärtige Amt mehr als zwei Millionen Visa-Anträge, etwa ein Viertel davon bezieht sich auf Langzeitaufenthalte. Bisher kommt ein Großteil der Anträge aus der Türkei, Indien und China.
Mit der Änderung soll nun nicht nur Arbeitskraft in den Ämtern, sondern auch unnötige Wartezeiten für Termine vor Ort vermieden werden, indem etwaige Fragen schon online geklärt werden können.
Da ein Termin vor Ort aber dennoch verpflichtend bleibe, versichern die Verantwortlichen hohe Sicherheit in Bezug auf die Richtigkeit der Anträge. Im Zweifel könne man diese dank des neuen Portals sogar sorgfältiger prüfen.