Ein Mord an einer Frau in Charlotte im Bundesstaat North Carolina schlägt in den USA momentan hohe Wellen. Am Freitag wurde ein Überwachungsvideo publiziert, das zeigt, wie eine junge Ukrainerin von einem Mann in einem Bus mit einem Messer brutal und scheinbar grundlos getötet wird.
Das Opfer, die 23-jährige Ukrainerin Iryna Zarutska, flüchtete 2022 wegen des russischen Angriffskriegs in die USA. Der Täter, der bereits mehrfach vorbestraft war, wurde als Decarlos Brown Jr. (34) identifiziert, verhaftet und wegen Mordes ersten Grades angeklagt.
Der Fall löst seit einigen Tagen heftige Reaktionen aus – vor allem in konservativen und rechten Kreisen. Auch Donald Trump hat sich in die Diskussion eingemischt. Der US-Präsident spricht von einem brutalen Überfall und fordert Konsequenzen:
Der Mord passierte bereits Ende August, aber erst seit der Veröffentlichung des Videos sorgt der Fall im ganzen Land für hitzige Diskussionen. Für die Rechten und Konservativen ist er ein gefundenes Fressen – ein Symptom für den Verfall der Vereinigten Staaten im Umgang mit Kriminalität und die daraus resultierenden vermeintlichen Versäumnisse der US-amerikanischen Justiz.
Mark Harris, ein republikanischer Abgeordneter aus North Carolina, bezeichnete die Tat am Samstag als "Mikrokosmos einer nationalen Epidemie". Das Weiße Haus schlug in die gleiche Kerbe und bezeichnete Brown, der gemäß den Behörden psychisch krank und obdachlos ist, als ein "gestörtes Monster" mit einem "langen Vorstrafenregister".
Für die Rechten und das Weiße Haus ist der Schuldige schnell gefunden: die lokalen (und im weiteren Sinne auch die nationalen) Demokraten, die ihrer Ansicht nach zu nachsichtig gegenüber Kriminellen seien. In einer Mitteilung des Weißen Hauses heißt es:
Es ist nicht das erste Mal, dass rechte Kreise einen Mord in den USA instrumentalisieren. Bereits im vergangenen Jahr gab es einen ähnlichen Fall, bei dem eine Krankenpfleger-Schülerin in Georgia durch einen illegalen, venezolanischen Einwanderer ermordet wurde.
Auch dieses Verbrechen schlug hohe Wellen und Trump nutzte damals die Gunst der Stunde, um sich als Vorkämpfer gegen Kriminalität und illegale Einwanderung zu positionieren. Und er tut dies bis heute.
Dabei sprechen die Zahlen eine andere Sprache. Illegale Einwanderer:innen begehen weniger häufig Straftaten als in den USA geborene Amerikaner:innen, wie eine Auswertung der New York Times zeigt.
Bei Trump-Kritiker:innen besteht die Sorge, dass auch dieser Fall von rechten Kreisen "erfolgreich" instrumentalisiert wird. Und vor allem Trump in seinem Bestreben, mithilfe des Einsatzes der Nationalgarde und der Einwanderungsbehörde ICE in großen US-Städten wie Chicago oder Los Angeles "aufzuräumen", gestärkt wird.
Zwar zeigen offizielle Daten auch hier, dass die Zahl der kriminellen Verbrechen in US-Großstädten kontinuierlich zurückgeht, trotzdem geht die Taktik Trumps momentan auf.
Der bekannte afroamerikanische Bürgerrechtsführer Dr. William Barber warnt nach Veröffentlichung des Videos deshalb in einem Statement:
Dabei muss auch beachtet werden, dass Trumps Umfragewerte in fast allen Bereichen in den Keller rasseln. Beim Kampf gegen Verbrechen und illegale Migration schneidet er in der US-Bevölkerung noch am besten ab. "Trumps Herangehensweise in Sachen Kriminalität ist nun eine klare Stärke für ihn", bilanziert deshalb der US-Sender PBS.
Die Vorwürfe aus konservativen Kreisen richten sich allerdings nicht nur gegen Demokraten, sondern auch gegen die Medien. Nachdem das Video veröffentlicht wurde, warfen zahlreiche rechte Influencer Medien wie der "New York Times" Zensur vor.
Der rechte Kommentator Dinesh D’Souza zum Beispiel schrieb in einem Blogbeitrag: "Der Grund für das Schweigen der Medien ist rassistisch. Wäre der Mörder weiß, würde darüber berichtet werden. Wenn es sich um einen weißen Angreifer handeln würde, der ein schwarzes Opfer ermordet hat, wäre das natürlich überall auf den Titelseiten zu lesen."
Die Vorstellung, dass Mainstream-Medien Straftaten, die von Schwarzen begangen werden, herunterspielen würden, sei dabei in den vergangenen Jahren in einigen konservativen Kreisen zunehmend zum Gesprächsthema geworden, schreibt die "New York Times".
Dass der Fall erst seit der Veröffentlichung des Videos zum Politikum wurde, wird dabei aber kaum erwähnt. Und mittlerweile berichten alle US-Medien über den Fall, auch Mainstream-Medien wie die "New York Times", CNN oder die "Washington Post".
So oder so zeigt der brutale Mord an der jungen Ukrainerin das Dilemma der Demokraten deutlich auf.
Trump und seine Maga-Anhänger:innen schaffen es immer wieder, mit solchen Einzelfällen, die kaum ein akkurates Bild der gesellschaftlichen Realität widerspiegeln, von den eigenen Problemen abzulenken und Hass und Angst in der Bevölkerung zu schüren.
Für die Maga-Bewegung kommt es dabei nicht auf Zahlen oder die Wahrheit an. Sondern nur darauf, ob man den Fall für seinen eigenen politischen Vorteil nutzen kann.