Der Europaabgeordnete Erik Marquardt kritisiert den Umgang der EU mit dem Olaf-Bericht zu Menschenrechtsverletzungen.Bild: Marquardt
International
26.10.2022, 11:4026.10.2022, 14:22
Illegale Pushbacks, also das gewaltvolle Zurückdrängen von Flüchtenden ohne Chance auf einen Asylantrag, finden noch immer an den EU-Außengrenzen statt – und die Europäische Union weiß davon. Doch statt einzuschreiten, schauten die Behörden lieber weg. Frontex, die Europäische Agentur für die Grenz- und Küstenwache, soll in einem Fall sogar eines ihrer Flugzeuge abgezogen haben, um nicht Zeuge dieser Praxis zu werden.
Das ist in einem internen Bericht der EU-Antibetrugsbehörde Olaf dokumentiert. Die systematische Vertuschung von Menschenrechtsverletzungen durch die EU-Grenzagentur Frontex ist dort aufgelistet. Es war nicht vorgesehen, dass dieser Bericht veröffentlicht wird. Ein Hinweisgeber hat die Informationen geleakt.
Der Grünen-Politiker Erik Marquardt hatte das Handeln der EU-Grenzagentur Frontex mehrfach kritisiert. Zuletzt freute er sich über einen Abstimmungserfolg im EU-Parlament.
Nun hat der Grünen-Politiker und Abgeordnete des EU-Parlaments die EU-Kommission scharf kritisiert. Über EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist er empört.
Von der Leyen hatte sich über das, was im Olaf-Bericht zu lesen war, schockiert gezeigt. Das wiederum fand der Abgeordnete Marquardt offenbar noch erschreckender. In einer Rede vor den Abgeordneten des EU-Parlaments startete er erst einmal mit einem Seitenhieb gegen die Kommissionspräsidentin. Im Bericht stünde nichts Neues, meinte er. Den Grünen-Politiker stört der Umgang der EU mit Papier.
Dass die EU-Staaten versucht hätten, diese Informationen unter Verschluss zu halten – das sei schockierend. Nur durch einen Whistleblower sei der Bericht der EU-Antibetrugsbehörde öffentlich geworden. Der Grüne postete seine Rede auf seinen Social-Media-Kanälen. Er schreibt dazu:
"Der durch Whistleblower veröffentlichte Bericht der EU-Antibetrugsbehörde belegt die Verbrechen an den Außengrenzen und ihre Verschleierung durch EU-Staaten und Behörden. Manche sagen, der Bericht sei schockierend – wir sollten aber eher von uns selbst schockiert sein."
In seiner Rede kritisiert er, dass die Inhalte des Olaf-Berichts von der EU als Fake-News oder türkische Propaganda abgetan wurden. Das Vorgehen von Frontex sei seit Jahren bekannt, die Europa-Politiker:innen hätten sich schon lange für eine neue EU-Grenzpolitik einsetzen müssen.
Geschehen sei nichts. Marquardt schließt dabei aber auch sich selbst in die Kritik mit ein.
"Wir sollten eher von uns selbst schockiert sein", sagte Marquardt. Das sei entwürdigend für das Parlament, weil einfach nichts passiere und keine Reaktion auf die Menschenrechtsverletzungen erfolgt sei.
Die EU-Politik lasse nicht nur Frauen, Kinder und Männer an der EU-Außengrenze im Stich. Auch den Rechtsstaat und die Werte, für die die Europäische Union stünde, seien zurückgelassen worden.
Auf Instagram schreibt Marquardt: "Es ist beschämend, dass wir in der EU unsere eigenen Gesetze brechen und trotzdem immer weiter dazu lügen und offensichtliche Fakten leugnen."
(Mit Material von afp)
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