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Israel-Iran-Konflikt: Luftangriffe, Hamsterkäufe und Reaktionen vor Ort

Firefighters and people clean up the scene of an explosion in a residence compound after Israel attacked Iran's capital Tehran, Friday, June 13, 2025. (AP Photo/Vahid Salemi)
In Teheran herrscht nach dem massiven Angriff Ausnahmezustand.Bild: AP / Vahid Salemi
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Israel-Iran-Konflikt: Wie Menschen in Teheran und Tel Aviv die Eskalation erleben

Nach einem massiven israelischen Luftangriff auf Ziele im Iran hat Teheran mit einem Drohnenangriff reagiert. Während politische Führer mit Drohungen und Rechtfertigungen aufeinander reagieren, erleben Menschen in beiden Ländern dramatische Szenen.
13.06.2025, 10:5413.06.2025, 11:03
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Ein groß angelegter Luftangriff Israels auf Ziele im Iran, darunter laut israelischem Militär auch Nuklearanlagen, hat den Konflikt zwischen den beiden Ländern auf eine neue Eskalationsstufe gehoben. In der Nacht zum Freitag griffen nach offiziellen Angaben rund 200 israelische Kampfjets etwa 100 Ziele im gesamten Iran an. Als Reaktion feuerte der Iran über 100 Drohnen in Richtung Israel ab.

Die israelische Armee teilte mit, dass erste Drohnen bereits außerhalb des eigenen Luftraums abgefangen wurden – unter anderem über Syrien, Saudi-Arabien und Jordanien. Auch dort wurde der Luftraum gesperrt, ebenso wie im Irak und im Iran.

Während politische Entscheidungsträger von Abschreckung und Vergeltung sprechen, erleben Menschen in beiden Ländern einen Alltag im Ausnahmezustand. In Teheran stehen sie in Schlangen an Tankstellen, schwer bewaffnete Sicherheitskräfte patrouillieren die Straßen. In Israel leeren sich die Supermarktregale, Blutspendedienste werden hochgefahren, Schutzräume geöffnet. Die Drohkulisse ist beidseitig real.

"Ich erwarte Vergeltung": Stimmen aus Teheran

Nach dem nächtlichen Angriff herrscht in der iranischen Hauptstadt gespannte Unsicherheit. "Die Benzinschlangen sind lang, und es gibt viele Sicherheitskräfte auf den Straßen", schildert ein 38-jähriger Teheraner seine Eindrücke laut dpa. Trotz seiner Unzufriedenheit mit der Regierung äußert er Trauer über den Angriff: "Als Iraner – obwohl ich mit der Regierung unzufrieden bin – bin ich über den Angriff traurig und erwarte Vergeltung."

dpatopbilder - 13.06.2025, Iran, Teheran: Feuerwehrleute arbeiten nach israelischen Angriffen am Ort einer Explosion in einer Wohnanlage im Norden von Teheran. Foto: Vahid Salemi/AP/dpa +++ dpa-Bildfu ...
Teheran: Die Feuerwehr ist seit den Angriffen im Dauereinsatz.Bild: AP / Vahid Salemi

Eine Frau, die gerade einkauft, wirkt laut des Berichts schockiert, sorgt sich aber vor allem um mögliche wirtschaftliche Folgen: "Ich hoffe nur, dass die Banken ihren Betrieb nicht einstellen, denn das wäre chaotisch." Ein Ladenbesitzer zeigt sich gespalten zwischen Genugtuung und Furcht: "Ich weiß nicht, ob ich mich darüber freuen soll, dass das Regime vorgeführt wurde … leider überwiegt bei mir die Freude."

Ein Journalist betont, wie unvorhersehbar die Situation gewesen sei: "Was passiert ist, war wirklich nicht vorherzusehen." Die iranische Führung habe eine Politik betrieben, die "zu einer Spirale der Gewalt" geführt habe. Die Freude mancher Kritiker:innen könnte jedoch schnell schwinden, warnt er: "Vielleicht freuen sich viele jetzt. Aber vielleicht bald nicht mehr, wenn der Konflikt zu einem richtigen Krieg wird."

Sabbat unter Sirenen: Angst und Chaos in Israel

Auch in Israel zeigt sich der Ernst der Lage. Wie die BBC berichtet, wurden die Menschen in Jerusalem gegen drei Uhr morgens durch Sirenen und eine Warnung vor einer "erheblichen Bedrohung" aus dem Schlaf gerissen. Die Behörden riefen dazu auf, sich in der Nähe von Schutzräumen aufzuhalten.

In Supermärkten leerten sich daraufhin binnen Stunden die Regale – vor allem Wasser und haltbare Lebensmittel waren stark nachgefragt. Auf dem Mahane-Yehuda-Markt in Jerusalem beobachtete ein Reporter der "Times of Israel", wie sich vor Beginn des Schabbats Menschen mit Vorräten eindeckten. In Erwartung möglicher iranischer Angriffe planten viele für mehrere Tage ohne Nachschub.

13.06.2025, Israel, Tel Aviv: Ein Überblick über die weitgehend leeren Straßen in der Nähe der Strandpromenade von Tel Aviv. Foto: Leo Correa/AP/dpa +++ dpa-Bildfunk +++
Israel, Tel Aviv: Ein Überblick über die weitgehend leeren Straßen in der Nähe der Strandpromenade.Bild: AP / Leo Correa

Auch in Tel Aviv waren die Straßen spürbar leerer als sonst, wie ein Bericht von "Zeit Online" bestätigt. Gleichzeitig bereiten sich Krankenhäuser im Land auf Notfälle vor: Einige Einrichtungen entließen Patient:innen, die stabil genug für eine Versorgung zu Hause sind. Israels Rettungsdienste mobilisierten landesweit Blutspendedienste. Im Westjordanland wurde laut BBC über sämtliche palästinensische Städte eine Ausgangssperre verhängt.

Nahost: Israel und Iran setzen auf eskalative Sprache

Wie geht es jetzt weiter? Ist die weitere Eskalation unaufhaltsam? Das sind wohl die drängendsten Fragen. Israels Verteidigungsminister Israel Katz rief nach den Luftschlägen den Ausnahmezustand aus. Premierminister Benjamin Netanjahu bezeichnete den Angriff als erfolgreichen Präventivschlag.

Irans Oberster Führer Ajatollah Ali Chamenei sprach hingegen von einem "Verbrechen gegen den Iran" und kündigte eine "harte Strafe" an. Laut iranischen Staatsmedien habe Israel mit dem Angriff seine "abscheuliche Natur" gezeigt. "Mit diesem Angriff hat das zionistische Regime sich selbst ein bitteres Schicksal bereitet, auf das es sich definitiv gefasst machen kann", so Chamenei.

Sorge in Israel und Iran: "Nichts mehr, wie es war"

Inmitten dieser geopolitischen Eskalation ist die Angst auf beiden Seiten greifbar. Eine iranische Journalistin erklärte gegenüber der dpa, ein militärischer Angriff auf das eigene Land sei inakzeptabel: "Ich habe Angst und hoffe, dass das Land nicht noch mehr ins Chaos stürzt."

Ein Journalist aus Teheran formuliert es noch deutlicher: "Wir sollten alle Angst haben, denn nun ist nichts mehr, wie es einmal war."

Israels Außenminister äußert sich zu Genozid-Vorwürfen und kritisiert Europa
Die israelische Regierung steht angesichts der Angriffe auf Gaza immer mehr in der internationalen Kritik. Außenminister Gideon Saar sieht darin eine voreingenommene Haltung gegenüber seinem Land.

Der Überfall der Terrororganisation Hamas auf Israel am 7. Oktober 2024 liegt mittlerweile mehr als zwanzig Monate zurück. Dabei wurden etwa 1200 Menschen ermordet. Laut Erhebungen der Vereinten Nationen wurden bei den anschließenden Angriffen Israels auf den Gazastreifen mindestens 54.000 Menschen getötet und 125.000 Menschen verletzt.

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