Das hätte man so kurz nach dem Eklat-Interview nicht erwartet. Trump und May halten Händchen. bild: screenshot/youtube/theguardian International
13.07.2018, 12:4113.07.2018, 17:00
Trumps Besuch in Großbritannien startete stürmisch: In einem beispiellosen Interview anlässlich seines
ersten Besuchs als US-Präsident in Großbritannien attackierte er Premierministerin Theresa May für ihre Brexit-Strategie.
- Im Gespräch mit der Boulevard-Zeitung "The Sun" drohte er ihr mit dem Scheitern eines möglichen Handelsabkommens zwischen Großbritannien und den USA.
- Stattdessen schmeichelte er einem anderen: Boris Johnson. Der wäre ein "toller Premierminister".
- In einer Pressekonferenz am Freitagnachmittag reagierten Trump und May dann auf das Aufsehen erregende Interview.
Blieb Trump bei seiner Einschätzung? Nein: Bei einer Pressekonferenz mit May bezeichnete Trump am Nachmittag das Interview mit der Boulevard-Zeitung als "Fake News" und May als "unglaubliche Frau".
Die Pressekonferenz im Video:
Trump stellte den Bericht der "Sun"nicht allgemein infrage. Die Story sei "allgemein in Ordnung" gewesen, aber sie habe die "positiven Äußerungen" ausgespart, die er über May gemacht habe.
Auch zum Verhältnis von Deutschland und Russland äußerte sich Trump kritisch: "50, 60, 70 Prozent... Ich weiß nicht, wie hoch die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl ist." Er sei aber sicher: "Es ist sehr schlecht für Deutschland, es ist sehr schlecht für die Deutschen."
Während sich sein Land um "Frieden in der Welt" bemühe, zahle Deutschland "Milliarden Dollar in die russischen Kassen".
Großes Thema: das Händchenhalten der Staatschefs
Gerade noch schießt Donald Trump gegen Theresa May, kurz darauf tauchen Bilder auf, auf denen er mit ihr Hand in Hand über den roten Teppich Richtung Gala-Dinner schreitet. Nicht das erste Mal: Schon bei Mays Besuch im Weißen Haus im Januar hielten sie Händchen.
Der Beweis:
What a couple...Bild: Christopher Furlong/Getty Images
Hier gibt es den kurzen Moment vom Donnerstagabend im Video:
Was auffällt: Trump lässt ziemlich zügig ihre Hand wieder los. Es mag wirken, als hätte er doch keinen Bock mehr und das wäre ja nicht sehr Gentleman-like. Oder unterstreicht dies vielleicht ein Gerücht, mit dem Trump-Supporter das Handgegriffel schon im Januar rechtfertigen wollten?
Demnach soll Trump ja Angst vor Treppen haben und er greift deshalb angeblich immer nach helfenden Händchen. (BBC)
Was dafür sprechen würde: Als nur noch zwei Stufen übrig sind, schüttelt er May ab und schreitet hoch. Nach ihm die Sinnflut. Classic Trump.
Vielleicht war ihm das Händehalten aber auch unangenehm, weil er kurz zuvor noch gegen seine Gastgeberin ausgeteilt hatte.
Das waren die Reaktionen auf das Trump-Interview:
Premierministerin Theresa May will US-Präsident Trump nun ihre Brexit-Pläne erklären.
"Sie freut sich darauf, sich mit dem Präsidenten zusammenzusetzen und mit ihm das Weißbuch durchzugehen."
Eine Sprecherin der Regierungschefin
Gemeint ist das gestern vorgestellte Weißbuch, in dem die britische Regierung ihre Vorstellungen über den Brexit und die künftigen EU-Beziehungen erläutert.
Andere britische Politiker sahen in Trumps Äußerungen einen offenen Affront. Kulturministerin Margot James schrieb auf Twitter über Trumps Lob für den zurückgetretenen Außenminister Boris Johnson: "Nein Herr Präsident, Johnson würde einen schrecklichen Premierminister abgeben."
Großbritanniens Forschungs-Staatsminister Sam Gyimah fragte auf Twitter einfach nur: "Wo sind Ihre Manieren, Herr Präsident?"
Trump tut indessen, als wäre nichts gewesen. Er bezeichnete das Verhältnis der USA zu Großbritannien nach seinem beispiellosen Affront gegen May als "sehr, sehr stark". Beim öffentlichen Auftakt eines bilateralen Gesprächs mit May am Freitag ging er nicht darauf ein, dass er die Premierministerin zuvor in einem Interview heftig kritisiert hatte. Er wolle mit May über Handel- und Militärfragen reden.
Warum kam das Interview gerade jetzt?
Nach Angaben der "Sun" fand das Interview bereits am Mittwoch vor dem
Nato-Gipfel in der US-Botschaft in Brüssel statt. Die Zeitung aus dem
Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps
Politik nachgesagt wird, veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs
aber erst am Donnerstagabend – kurz nachdem May Trump im Blenheim
Palace nahe Oxford zu einem festlichen Gala-Dinner empfangen hatte.
Der Zeitpunkt war wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner sollte
es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über
ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu
überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische
Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer
Begrüßungsrede äußerte sich May noch enthusiastisch über die "beispiellosen Möglichkeiten" eines solchen Abkommens.
Vielleicht sind es die Haare: Trump findet Johnson richtig super
Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt
die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin
zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und
Außenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den
Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen
unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU
vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg
zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.
Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher
Johnson, dessen Rücktritt er mit "großem Bedauern" zur Kenntnis
genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen,
betonte er zwar – doch dann folgte eine Aussage, die als volle
Breitseite gegen May interpretiert werden kann.
"Ich sage nur, ich denke, er wäre ein großartiger Premierminister."
Donald Trump über Boris Johnson
Trump sagte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem
Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit
Großbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten. "Also wird
es das Abkommen wahrscheinlich töten", fügte er mit Blick auf einen
möglichen Deal Großbritanniens mit den USA hinzu. "Wir haben genug
Schwierigkeiten mit der Europäischen Union, wir gehen gerade jetzt
gegen die Europäische Union vor, weil sie beim Handel nicht fair mit
den Vereinigten Staaten umgegangen sind."
Trump hätte alles viel besser gemacht – eh klar
Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten:
"Ich hätte das sehr anders gemacht. Ich habe Theresa May tatsächlich gesagt, wie man das macht, aber sie hat nicht auf mich gehört."
Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. "Das ist in
Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann." Bei der
von May angestrebten Vereinbarung handele es sich aber nicht mehr um
das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.
Darüber hinaus übte Trump in dem Interview erneut scharfe Kritik an
der aus seiner Sicht zu großzügigen Migrationspolitik in Europa. Die
Zuwanderung sei "eine Schande", sagte er. "Ich denke, dass sie das
Gefüge Europas verändert hat, und wenn man nicht sehr schnell
handelt, wird es nie wieder sein, was es war, und ich meine das nicht
positiv." Er fügte hinzu: "Millionen über Millionen Menschen zu
erlauben, nach Europa zu kommen, ist sehr, sehr traurig." Aus seiner
Sicht würden die Europäer damit "ihre Kultur verlieren".
Und dann noch eine Klatsche gegen Sadiq Khan
Trump griff auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut
scharf an. Khan ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten
und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen.
"Ich denke, dass er einen sehr schlechten Job beim Terrorismus gemacht hat, einen sehr schlechten Job bei der Kriminalität."
Donald Trump über Sadiq Khan
Am Freitag wird der US-Präsident zu Gesprächen mit May auf dem
Landsitz Chequers erwartet. Später reist er weiter nach Windsor, wo
er von Queen Elizabeth II. empfangen wird.
In London wird mit massiven Anti-Trump-Protesten gerechnet. Die
Organisatoren rechnen mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Am
Donnerstagabend waren es nur wenige Dutzend, die Trump vor der
US-Botschafterresidenz in der britischen Hauptstadt empfingen, wo er
die Nacht verbrachte. Mit Trillerpfeifen, Töpfen und Vuvuzelas
versuchten sie, den Staatsgast um den Schlaf zu bringen.
Kritik in Trumps eigener Partei
Die Angriffe von US-Präsident Donald Trump auf Deutschland und andere europäische Nato-Verbündete stoßen auch in seiner eigenen Partei auf Kritik. Der republikanische Gouverneur des US-Bundesstaats Ohio, John Kasich, sagte am Donnerstag vor Journalisten in Washington:
"Das Bündnis, das 70 Jahre lang den Frieden bewahrt hat, wird ausgefranst. Es gibt wachsende Uneinigkeit, ein wachsendes Gefühl von Vertrauensmangel, ein wachsendes Gefühl, ob wir uns in bestimmten Momenten auf die Vereinigten Staaten verlassen können."
John Kasich
Er warnte die US-Regierung vor einer "Strategie der Abrissbirne". Zu Trumps Kritik an Gasgeschäften Deutschlands mit Russland sagte der Gouverneur, die Pipeline Nord Stream 2 sei zwar "ein Thema". "Aber Deutschland wird keinen Kotau vor Russland machen. Lassen Sie mich auch sagen: Ich denke, dass (Bundeskanzlerin Angela) Merkel eine unglaubliche Anführerin ist." Wenn überhaupt, dann verstehe die in der früheren DDR aufgewachsene Kanzlerin, was es bedeute, "ein Opfer kommunistischer Herrschaft zu sein".
So sieht der Protest in London zum Beispiel aus:
(pbl/sg/dpa)
Was Donald Trump vermisst:
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Bye, Mr. Johnson – mehr Zeit für tolle Bilder wie diese!
quelle: getty images europe / leon neal
Weitere Informationen zur Einwanderungspolitik von Donald Trump findest du hier: