Trumps Besuch in Großbritannien startete stürmisch: In einem beispiellosen Interview anlässlich seines ersten Besuchs als US-Präsident in Großbritannien attackierte er Premierministerin Theresa May für ihre Brexit-Strategie.
Blieb Trump bei seiner Einschätzung? Nein: Bei einer Pressekonferenz mit May bezeichnete Trump am Nachmittag das Interview mit der Boulevard-Zeitung als "Fake News" und May als "unglaubliche Frau".
Trump stellte den Bericht der "Sun"nicht allgemein infrage. Die Story sei "allgemein in Ordnung" gewesen, aber sie habe die "positiven Äußerungen" ausgespart, die er über May gemacht habe.
Auch zum Verhältnis von Deutschland und Russland äußerte sich Trump kritisch: "50, 60, 70 Prozent... Ich weiß nicht, wie hoch die Abhängigkeit Deutschlands von russischem Öl ist." Er sei aber sicher: "Es ist sehr schlecht für Deutschland, es ist sehr schlecht für die Deutschen."
Während sich sein Land um "Frieden in der Welt" bemühe, zahle Deutschland "Milliarden Dollar in die russischen Kassen".
Gerade noch schießt Donald Trump gegen Theresa May, kurz darauf tauchen Bilder auf, auf denen er mit ihr Hand in Hand über den roten Teppich Richtung Gala-Dinner schreitet. Nicht das erste Mal: Schon bei Mays Besuch im Weißen Haus im Januar hielten sie Händchen.
Was auffällt: Trump lässt ziemlich zügig ihre Hand wieder los. Es mag wirken, als hätte er doch keinen Bock mehr und das wäre ja nicht sehr Gentleman-like. Oder unterstreicht dies vielleicht ein Gerücht, mit dem Trump-Supporter das Handgegriffel schon im Januar rechtfertigen wollten?
Demnach soll Trump ja Angst vor Treppen haben und er greift deshalb angeblich immer nach helfenden Händchen. (BBC)
Was dafür sprechen würde: Als nur noch zwei Stufen übrig sind, schüttelt er May ab und schreitet hoch. Nach ihm die Sinnflut. Classic Trump.
Vielleicht war ihm das Händehalten aber auch unangenehm, weil er kurz zuvor noch gegen seine Gastgeberin ausgeteilt hatte.
Premierministerin Theresa May will US-Präsident Trump nun ihre Brexit-Pläne erklären.
Gemeint ist das gestern vorgestellte Weißbuch, in dem die britische Regierung ihre Vorstellungen über den Brexit und die künftigen EU-Beziehungen erläutert.
Andere britische Politiker sahen in Trumps Äußerungen einen offenen Affront. Kulturministerin Margot James schrieb auf Twitter über Trumps Lob für den zurückgetretenen Außenminister Boris Johnson: "Nein Herr Präsident, Johnson würde einen schrecklichen Premierminister abgeben."
Großbritanniens Forschungs-Staatsminister Sam Gyimah fragte auf Twitter einfach nur: "Wo sind Ihre Manieren, Herr Präsident?"
Trump tut indessen, als wäre nichts gewesen. Er bezeichnete das Verhältnis der USA zu Großbritannien nach seinem beispiellosen Affront gegen May als "sehr, sehr stark". Beim öffentlichen Auftakt eines bilateralen Gesprächs mit May am Freitag ging er nicht darauf ein, dass er die Premierministerin zuvor in einem Interview heftig kritisiert hatte. Er wolle mit May über Handel- und Militärfragen reden.
Nach Angaben der "Sun" fand das Interview bereits am Mittwoch vor dem Nato-Gipfel in der US-Botschaft in Brüssel statt. Die Zeitung aus dem Medienimperium von Robert Murdoch, dem großer Einfluss auf Trumps Politik nachgesagt wird, veröffentlichte Ausschnitte des Gesprächs aber erst am Donnerstagabend – kurz nachdem May Trump im Blenheim Palace nahe Oxford zu einem festlichen Gala-Dinner empfangen hatte.
Der Zeitpunkt war wohl kaum zufällig gewählt: Bei dem Dinner sollte es darum gehen, Trump von einem baldigen Start der Verhandlungen über ein Handelsabkommen mit London für die Zeit nach dem EU-Austritt zu überzeugen. Mit der Aussicht auf Deals wie diesen hatte die britische Regierung Brexit-Gegner zu besänftigen versucht. In ihrer Begrüßungsrede äußerte sich May noch enthusiastisch über die "beispiellosen Möglichkeiten" eines solchen Abkommens.
Dass Trump ihr im Interview nun derart in die Parade fährt, schwächt die politisch ohnehin schwer angeschlagene Premierministerin zusätzlich. Erst am Montag waren Brexit-Minister David Davis und Außenminister Boris Johnson im Streit über die Strategie in den Verhandlungen mit Brüssel zurückgetreten. Mays Brexit-Pläne sehen unter anderem eine Freihandelszone und ein Zollabkommen mit der EU vor. Sie ist dringend darauf angewiesen, den Trump-Besuch als Erfolg zu verkaufen. Doch das dürfte nun schwierig werden.
Statt May den Rücken zu stärken, lobte Trump erneut ihren Widersacher Johnson, dessen Rücktritt er mit "großem Bedauern" zur Kenntnis genommen habe. Er wolle die beiden nicht gegeneinander ausspielen, betonte er zwar – doch dann folgte eine Aussage, die als volle Breitseite gegen May interpretiert werden kann.
Trump sagte, eine zu enge Bindung an die Europäische Union nach dem Brexit würde dazu führen, dass die USA bei einem Handelsabkommen mit Großbritannien doch wieder mit der EU verhandeln müssten. "Also wird es das Abkommen wahrscheinlich töten", fügte er mit Blick auf einen möglichen Deal Großbritanniens mit den USA hinzu. "Wir haben genug Schwierigkeiten mit der Europäischen Union, wir gehen gerade jetzt gegen die Europäische Union vor, weil sie beim Handel nicht fair mit den Vereinigten Staaten umgegangen sind."
Mays Brexit-Strategie kommentierte Trump mit den unverblümten Worten:
Stattdessen scheine May das Gegenteil getan zu haben. "Das ist in Ordnung, sie sollte verhandeln, wie sie es am besten kann." Bei der von May angestrebten Vereinbarung handele es sich aber nicht mehr um das, wofür die Briten im Referendum gestimmt hätten.
Darüber hinaus übte Trump in dem Interview erneut scharfe Kritik an der aus seiner Sicht zu großzügigen Migrationspolitik in Europa. Die Zuwanderung sei "eine Schande", sagte er. "Ich denke, dass sie das Gefüge Europas verändert hat, und wenn man nicht sehr schnell handelt, wird es nie wieder sein, was es war, und ich meine das nicht positiv." Er fügte hinzu: "Millionen über Millionen Menschen zu erlauben, nach Europa zu kommen, ist sehr, sehr traurig." Aus seiner Sicht würden die Europäer damit "ihre Kultur verlieren".
Trump griff auch Londons populären Bürgermeister Sadiq Khan erneut scharf an. Khan ist ein ausgesprochener Kritiker des US-Präsidenten und hatte sich gegen dessen Staatsbesuch ausgesprochen.
Am Freitag wird der US-Präsident zu Gesprächen mit May auf dem Landsitz Chequers erwartet. Später reist er weiter nach Windsor, wo er von Queen Elizabeth II. empfangen wird.
In London wird mit massiven Anti-Trump-Protesten gerechnet. Die Organisatoren rechnen mit bis zu 100.000 Teilnehmern. Am Donnerstagabend waren es nur wenige Dutzend, die Trump vor der US-Botschafterresidenz in der britischen Hauptstadt empfingen, wo er die Nacht verbrachte. Mit Trillerpfeifen, Töpfen und Vuvuzelas versuchten sie, den Staatsgast um den Schlaf zu bringen.
Die Angriffe von US-Präsident Donald Trump auf Deutschland und andere europäische Nato-Verbündete stoßen auch in seiner eigenen Partei auf Kritik. Der republikanische Gouverneur des US-Bundesstaats Ohio, John Kasich, sagte am Donnerstag vor Journalisten in Washington:
Er warnte die US-Regierung vor einer "Strategie der Abrissbirne". Zu Trumps Kritik an Gasgeschäften Deutschlands mit Russland sagte der Gouverneur, die Pipeline Nord Stream 2 sei zwar "ein Thema". "Aber Deutschland wird keinen Kotau vor Russland machen. Lassen Sie mich auch sagen: Ich denke, dass (Bundeskanzlerin Angela) Merkel eine unglaubliche Anführerin ist." Wenn überhaupt, dann verstehe die in der früheren DDR aufgewachsene Kanzlerin, was es bedeute, "ein Opfer kommunistischer Herrschaft zu sein".
(pbl/sg/dpa)