Jair Bolsonaro als Präsident vereidigt – nicht nur Brasilianer befürchten das Schlimmste
02.01.2019, 08:0011.04.2024, 16:51
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Der neue Staatschef will das größte Land Lateinamerikas gründlich
umkrempeln: Jair Bolsonaro verspricht eine harte Hand gegen Korruption und
Kriminalität sowie mehr Freiheit für die Wirtschaft. Seine Anhänger
hoffen auf einen Neuanfang, seine Kritiker fürchten das Schlimmste.
Mit dem früheren Fallschirmjäger Bolsonaro übernimmt
ein ultrarechter Populist das höchste Staatsamt in Brasilien. Der
63-Jährige legte am Dienstag im Kongress seinen Amtseid ab und
übernahm im Regierungspalast Planalto die Präsidentenschärpe von
seinem Amtsvorgänger Michel Temer. Damit steuert Brasilien auf einen
radikalen Richtungswechsel zu.
Bolsonaro freut sich sichtlich.Bild: imago stock&people
"Wir haben jetzt die einzigartige Möglichkeit, unser Land neu
aufzubauen", sagte Bolsonaro.
"Heute ist der Tag, an dem die Menschen beginnen, sich vom Sozialismus, vom staatlichen Gigantismus und dem politisch Korrekten zu befreien."
Zuvor war er gemeinsam mit seiner Ehefrau Michelle in einem offenen
Rolls Royce durch die Hauptstadt Brasilia gefahren. Seine Anhänger
skandierten Bolsonaros Wahlkampfslogan:
"Brasilien über alles, Gott über allen."
Kritiker befürchten diese Konsequenzen durch die Wahl Bolsonaros:
Unternehmen könnte bei ihren Geschäften weitgehend freie Hand gelassen werden.
Manche sehen in ihm eine Gefahr für die noch junge Demokratie Brasiliens.
Lob hingegen kam von Bolsonaros Vorbild Donald Trump:
"Glückwunsch an Präsident Jair Bolsonaro, der gerade eine großartige Rede zur Amtseinführung gehalten hat – die USA sind bei Ihnen!"
Der Ex-Militär, der von Analysten auch als
"Trump der Tropen" beschrieben wird, revanchierte sich umgehend:
"Lieber Präsident Trump, ich weiß Ihre ermutigenden Worte wirklich zu schätzen. Gemeinsam und unter Gottes Schutz werden wir unseren Völkern Wohlstand und Fortschritt bringen."
Persönlich gratulierten bei den Feierlichkeiten in Brasilia
US-Außenminister Mike Pompeo, der israelische Ministerpräsident
Benjamin Netanjahu, der ungarische Regierungschef Viktor Orban, der
chilenische Präsident Sebastián Piñera und sogar der linke
bolivianische Staatschef Evo Morales.
Mit seiner Frau.Bild: imago stock&people
Bolsonaros Anhänger feierten
den Amtsantritt ihres Helden auf den Straßen und Plätzen. "Mythos,
Mythos", skandierten sie und:
"Der Hauptmann ist gekommen."
Menschenrechtsaktivisten und Umweltschützer erwarten nach Bolsonaros
Amtsantritt das Schlimmste:
Der neue Präsident hatte sich zuletzt immer wieder abfällig über Schwarze, Indigene und Homosexuelle geäußert und die Militärdiktatur in Brasilien gelobt.
Er kündigte an, keine weiteren Schutzgebiete für indigene Gemeinschaften auszuweisen und den Zugang zu Waffen zu erleichtern.
Zudem liebäugelt Bolsonaro mit einem Ausstieg aus dem Pariser Klimaschutzabkommen und will zusätzliche Flächen im Amazonasgebiet für die wirtschaftliche Nutzung freigeben.
Das könnte die internationalen Bemühungen im Kampf gegen den Klimawandel ausbremsen, da der brasilianische Regenwald als CO2-Speicher von globaler Bedeutung ist.
Die Ideologie des neuen Staatschefs wird als "Bala, Boi e Bíblia" (Kugel, Vieh und Bibel) beschrieben. Evangelikale Christen, nationalistische Militärs und die neoliberale Wirtschaftselite unterstützten seinen Wahlkampf.
Welche dieser Gruppen – mit zum Teil sehr unterschiedlichen Interessen – während Bolsonaros Amtszeit den Ton angeben wird, ist noch unklar.
Peter Hakim vom Forschungsinstitut Inter-American Dialogue sagt:
"Er übernimmt Brasilien in schwierigen Zeiten."
Er müsse Koalitionen
bilden, da seine Partei nur über zehn Prozent der Sitze im Parlament
verfügt. "Gelingt ihm das nicht, wird er Probleme haben, seine Politik
umzusetzen", sagte Hakim.
In seiner Rede kündigte Bolsonaro einen "nationalen Pakt" an, um
Brasilien voranzubringen. In den kommenden vier Jahren will der
Rechtspopulist die weit verbreitete Korruption bekämpfen,
Kriminalität eindämmen und die Wirtschaft ankurbeln. Zu seinem
Kabinett gehören der prominente Anti-Korruptionsermittler Sergio Moro
und der ultraliberale Wirtschaftswissenschaftler Paulo Guedes. Unter
seinen Ministern sind zudem sieben Ex-Militärs.
"Korruption, Privilegien und Vorteile müssen enden. Wir werden Tag
und Nacht unser Ziel verfolgen, Wohlstand und Sicherheit für unsere
Bürger zu schaffen", sagte Bolsonaro. Zum Abschluss seiner
Antrittsrede machte er seinem Ruf als Kommunistenfeind noch einmal
alle Ehre. Er schwenkte die brasilianische Fahne und rief:
"Das ist unsere Flagge – und sie wird niemals rot sein."
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