Der G20-Gipfel verpasst die Chance ein Signal gegen den Klimawandel zu senden.Bild: ANSA via ZUMA Press / Palazzo Chigi/ Attili
International
Die großen Wirtschaftsmächte haben sich zum Abschluss
ihres G20-Gipfels in Rom nicht auf eine ehrgeizige Erklärung zum
Klimaschutz verständigen können. Wie aus dem ausgehandelten Text für
das Kommuniqué hervorgeht, gibt es weiter kein klares Zieldatum für
die wichtige Kohlendioxidneutralität und den Ausstieg aus der
Kohleverstromung. Das Dokument lag der Deutschen Presse-Agentur am
Sonntag vor. Statt des erhofften "starken Signals" zum Auftakt der
Weltklimakonferenz (COP26) in Glasgow, herrschte bis zuletzt
Uneinigkeit. Klimaschützer äußerten sich "enttäuscht", weil die
G20-Gruppe für 80 Prozent der Emissionen verantwortlich ist.
Während anfangs konkret das Jahr 2050 für "Netto-Null-Emissionen von
Treibhausgasen oder Kohlendioxidneutralität" festgeschrieben werden
sollte, ist als Ziel nur noch allgemein von "bis oder um die Mitte
des Jahrhunderts" die Rede. Damit ist gemeint, dass nur soviel
Emissionen ausgestoßen werden wie auch gebunden werden kann. Der
Rückzug erfolgte offenbar aus Rücksicht auf China und Russland, die
das Ziel erst 2060 anstreben. Indien möchte sich nicht festlegen.
Das 1,5-Grad-Ziel scheint außer Reichweite
Auch gab es keine Einigung mehr auf "sofortiges Handeln", wie es in
einem anfänglichen Entwurf noch geheißen hatte. Jetzt ist weniger
dringlich von "bedeutungsvollem und wirksamen Handeln" die Rede. Nur
allgemein bekräftigt die G20, dass sie weiter den Zielen des Pariser
Abkommens verpflichtet seien, die Erderwärmung "deutlich unter zwei
Grad zu halten und Bemühungen zu verfolgen, sie auf 1,5 Grad zu
begrenzen". Experten halten dafür aber eine deutliche Nachbesserung
der Aktionspläne der einzelnen Länder für erforderlich.
Ein Kohleausstieg wurde nicht einmal direkt erwähnt. Auch die Zusage,
die Investitionen in Kohlekraftwerke auslaufen zu lassen, blieb wenig
konkret. Sollte das ursprünglich "in den 2030er Jahren" geschehen,
fehlte im Abschlusskommuniqué die Jahreszahl. Es wird jetzt "so
schnell wie möglich" ins Auge gefasst. Damit könnte Rücksicht wieder
auf China oder Indien genommen worden sein, die ihre Stromerzeugung
stark auf Kohle stützen und dem Bedarf nur schwer nachkommen. Die G20
bekannte sich aber dazu, bis Ende dieses Jahres im Ausland den Bau
der Kohlekraftwerke nicht mehr mit öffentlichen Mitteln zu fördern.
Der G20-Gipfel: Eine verpasste Chance
Selbst ein Hinweis auf die "alarmierenden Berichte" des
Weltklimarates, der vor den Gefahren der Erderwärmung gewarnt hatte,
wurde im finalen Text mit "jüngste Berichte" abgeschwächt. Eine erste
Formulierung, in den 2030er Jahren eine "weitgehend kohlendioxidfreie
Stromversorgung" anzustreben, fehlt ebenfalls. Vielmehr wird
allgemein der Wunsch geäußert, saubere Energien auszubauen.
"Der G20-Gipfel hätte eine Steilvorlage für die UN-Weltklimakonferenz
COP26 in Glasgow werden müssen", sagte Klimaexperte Jan Kowalzig von
der Entwicklungsorganisation Oxfam. "Das ist nicht gelungen." Die G20
habe es versäumt, die Unzulänglichkeit ihrer Selbstverpflichtungen
unter dem Pariser Abkommen anzuerkennen und sich zur "dringend
notwendigen, sofortigen Nachbesserung" zu verpflichten.
Auch Deutschland verfehlt das Ziel
"Auch Deutschland und die Europäische Union sind nach wie vor nicht
bereit, ihren fairen Anteil zu leisten", beklagte Kowalzig. So
steuere die Welt derzeit auf eine katastrophale Erwärmung um 2,7 Grad
zu, obwohl maximal 1,5 Grad als kritische Schwelle gilt. Es dürfe
nicht erst in fünf Jahren nachgebessert werden. "Der Planet brennt – den Luxus für weitere Verzögerungen haben wir schlichtweg nicht."
Auch reichten die Finanzzusagen für die Anpassung an die klimatischen
Veränderungen in ärmeren und stark betroffenen Ländern nicht. Nur ein
Viertel gehe derzeit in Programme zum Schutz der Menschen. So könnten
wichtige Programme etwa zur Sicherung der Ernten gegen Dürren,
Überschwemmungen oder für Frühwarnsysteme nicht umgesetzt werden.
Fossile Brennstoffe haben kein festes Enddatum
Die G20-Staaten hatten sich in der Erklärung noch einmal zu dem
eigentlich schon bis 2020 angestrebten Ziel bekannt, armen Ländern
rund 100 Milliarden US-Dollar jährlich an Hilfe zuzusagen. Im
Kommuniqué heißt es jetzt, dass die Summe 2023 erreicht werde.
Auch beim Auslaufen von Subventionen für fossile Brennstoffe, das
nach einem früheren Entwurf bis 2025 angestrebt worden war, gab es
keine Einigung. So wurde das Zieldatum am Ende wieder gestrichen.
Stattdessen wurde nur das alte Bekenntnis von 2009 in Pittsburgh
bekräftigt, die Subventionen "mittelfristig" auslaufen zu lassen.
"Hier wird mit Steuergeldern die Klimakrise durch die Regierungen
mutwillig weiter angeheizt", kritisierte Kowalzig.
(lfr/dpa)
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