Bundeskanzlerin Angela Merkel und Wladimir Putin bei einer Pressekonferenz 2020.Bild: dpa / Pavel Golovkin
International
Bundeskanzlerin Angela Merkel reist inmitten massiver
Spannungen zwischen Moskau und Berlin an diesem Freitag zu Gesprächen
im Kreml mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin. Ihr Besuch in Moskau fällt mit dem Jahrestag der Vergiftung des
russischen Putin-Gegners Alexej Nawalny zusammen. Der 45-Jährige
sitzt in Russland im Straflager und macht den Kremlchef persönlich verantwortlich
für das Attentat am 20. August 2020. Merkel hatte Moskau
aufgefordert, den Anschlag mit dem chemischen Kampfstoff Nowitschok
aufzuklären.
Russland lehnt Ermittlungen ab und behauptet, es habe kein Verbrechen
gegeben. Die Kanzlerin hatte zudem die Freilassung Nawalnys verlangt.
Der Politiker wurde am 17. Januar in Moskau festgenommen – nach
seiner Rückkehr aus Deutschland, wo er sich hatte behandeln lassen
und auch Merkel traf. Seine Haft im Straflager verbüßt er, weil er nach
einem umstrittenen Urteil während seiner Zeit in Deutschland gegen
Meldeauflagen in Russland verstoßen haben soll.
Vor einem Jahr wurde der russische Putin-Gegner Alexej Nawalny vergiftetBild: dpa / Alexander Zemlianichenko
Der Fall des vor einem Jahr beinahe getöteten Oppositionellen steht
in einer Reihe von zahlreichen Konfliktthemen, die die Beziehungen
beider Länder schwer belasten. Nach dem international verurteilten
Anschlag auf Nawalny hat die EU auch Sanktionen gegen Russland
verhängt. Strafmaßnahmen gegen Russland sind zudem etwa wegen eines
Hackerangriffs auf den Deutschen Bundestag 2015 und wegen des
Ukraine-Konflikts in Kraft. Die Liste der Probleme ist lang:
Ukraine-Konflikt
Regierungssprecher Steffen Seibert sagte vorab, es gehe auch um den
Konflikt in der Ostukraine, "zu dessen Lösung, Beilegung Russland
sehr viel mehr tun könnte, als es tut". Deutschland vermittelt
zwischen Russland und der Ukraine in dem Konflikt, bei dem sich Teile
der von Moskau unterstützten Regionen Luhansk und Donezk von der
Zentralregierung in Kiew losgesagt haben. Ein Friedensplan liegt auf
Eis. Nach ihrem Besuch bei Putin trifft Merkel am Sonntag in Kiew den
ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj. Seit langem geplant
wird ein Ukraine-Gipfel in Berlin. Einen Termin gibt es nicht.
Nord Stream 2
Sprechen wollen Merkel und Putin zudem über die umstrittene
russisch-deutsche Ostseepipeline Nord Stream 2, die noch in diesem
Monat fertiggestellt werden soll. Deutschland will erreichen, dass
Russland auch nach Inbetriebnahme der Leitung dauerhaft weiter Gas
durch die Ukraine nach Europa pumpt. Der Vertrag läuft vorerst bis
2024. Unklar ist, ob es eine Lösung in dem Streit geben wird.
Belarus
Auch die Situation in Belarus, wo ein Diktator in schlimmster Weise
gegen seine eigene Bevölkerung vorgehe und auf den die russische
Führung Einfluss habe, werde Thema in Moskau sein, sagte Seibert. Der
belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko hindert Flüchtlinge
nicht mehr an der Weiterreise in die EU – als Reaktion auf westliche
Sanktionen gegen die vom Westen isolierte Ex-Sowjetrepublik. Seitdem
kämpft vor allem Litauen mit einem verstärkten Andrang von Migranten
aus dem Nahen Osten über die Grenze zu Belarus.
Wahlen und Fake News
Themen dürften zudem die Lage in Afghanistan und die Parlamentswahlen
in beiden Ländern in der zweiten Septemberhälfte sein. Beide Seiten
werfen sich gegenseitig Versuche der Einflussnahme auf die Abstimmung
vor. Deutschland ist nach Einschätzung von EU-Experten größtes Ziel russischer Desinformationskampagnen. Deutschland wählt am 26.
September einen neuen Bundestag, Russland schon eine Woche davor eine
neue Staatsduma. Bei der Abstimmung sind Politiker um den
inhaftierten Nawalny ausgeschlossen.
Menschenrechte
Menschenrechtler beklagen zunehmende Repressionsmaßnahmen gegen
Andersdenkende in Russland. So mussten zuletzt mehrere unabhängige
Medien und Organisationen ihre Arbeit einstellen. Menschenrechtler,
Vertreter der Zivilgesellschaft und Journalisten sehen sich als
"ausländische Agenten" verfolgt. Betroffen waren zuletzt auch drei
deutsche Nichtregierungsorganisationen, die von Moskau für
unerwünscht erklärt wurden.
Die deutsche Seite hat deshalb ihre Arbeit in dem vor 20 Jahren
gegründeten Petersburger Dialog eingefroren. Putin hatte die
Verständigungsplattform für die Zivilgesellschaft beider Länder mit
dem damaligen Kanzler Gerhard Schröder ins Leben gerufen. Putin hatte
zuletzt erklärt, er sei bereit zur Zusammenarbeit mit dem für
Russland in der EU wichtigsten Wirtschaftspartner Deutschland.
Merkel war zuletzt im Januar 2020 in Moskau gewesen. Sie will 80
Jahre nach dem Überfall Hitler-Deutschlands auf die Sowjetunion auch
einen Kranz am Grab des unbekannten Soldaten am Kreml niederlegen.
(dpa/drob)
Sie inszenierte sich als Vorkämpferin für gerechtes Wohnen, machte Wahlkampf mit bezahlbaren Mieten, mit dem Ausbau von Sozialwohnungen: Die SPD hat gut vorgelegt. Viel passiert ist aber nicht. Und das, obwohl das neu geschaffene Bauministerium sozialdemokratisch besetzt ist.