Die aktuelle Weltlage ist anscheinend sowohl für Russlands Präsidenten Wladimir Putin, als auch für seinen chinesischen Amtskollegen Xi Jinping vorteilhaft.Bild: imago images / Kyodo News
International
06.11.2023, 10:2906.11.2023, 12:28
Der Krieg im Nahen Osten brodelt weiter. Mehr als 1400 Israelis und 9700 Palästinenser:innen wurden bislang getötet. Die Angaben lassen sich nicht unabhängig überprüfen, aber klar ist: Der Israel-Gaza-Krieg kostet zahlreiche Menschenleben. Mittlerweile hat Israel die Gaza-Region gezweiteilt – wohl auch, um das Leben von unschuldigen Zivilist:innen zu schützen.
Die Stadt Gaza im Norden sei vollständig eingekreist, sagte ein Armeesprecher am Sonntagabend. Dies sei ein entscheidender Schritt im Kampf gegen die islamistische Hamas. Zivilisten solle es aber weiterhin möglich sein, in den südlichen Teil des Gazastreifens zu fliehen. Währenddessen läuft auf Social Media der Krieg der Informationen. Wie die "New York Times" recherchiert hat, sollen da auch alte Bekannte kräftig mitmischen: Russland, China und der Iran.
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Israel: Experten sprechen von einem Informationskrieg
Die US-Zeitung spricht in diesem Zusammenhang von einem Online-Weltkrieg. So hätten der Iran, Russland und in geringerem Maße auch China ihre staatlichen Medien und Social Media genutzt, um die Hamas zu unterstützten und Israel in diesem Zusammenhang zu delegitimieren. Auch die Unterstützer Israels, wie etwa die USA, würden schlechtgemacht.
Die Flut von Online-Propaganda und Desinformation sei größer, als je zuvor. Die "New York Times" zitiert in diesem Zusammenhang Rafi Mendelsohn vom Social-Media-Intelligence-Unternehmen Cyabra. Er sagt:
"Es wird von Millionen, Hunderten Millionen Menschen auf der ganzen Welt gesehen. Und es beeinflusst den Krieg auf eine Weise, die wahrscheinlich genauso effektiv ist wie jede andere Taktik vor Ort."
Konkret habe Cyabra mindestens 40.000 Bots und unechte Konten identifiziert, die seit dem Überfall der Hamas aus dem Boden geschossen sind. Der Inhalt wurde auf der ganzen Welt verbreitet und hat aus Sicht der Wissenschaftler:innen Wut und Gewalt geschürt. Die Sorge bestehe, dass so auch ein größerer Konflikt ausgelöst werden könnte.
Das Institute for Strategic Dialogue in London veröffentlichte darüber hinaus die von ihnen ausgewerteten Einflusskampagnen des Iran, Russlands und Chinas. "Es ist, als wären alle beteiligt", erklärt Moustafa Ayad, Geschäftsführer für Afrika, den Nahen Osten und Asien gegenüber der US-Zeitung. Zwar wirke es, als seien die Kampagnen untereinander nicht koordiniert, eine Zusammenarbeit wollen Expert:innen aber wohl nicht ausschließen.
Die Unterstützer-Staaten hätten unterschiedliche Gründe für ihr Engagement. Die Herangehensweise sei aber die Gleiche: So leisteten sie nicht nur moralische Unterstützung, sondern führten gezielte Informationskampagnen durch, um einander zu unterstützen und die eigenen Ansichten global auf unterschiedlichen Plattformen zu verbreiten.
Propaganda-Maschinerie läuft auf Hochtouren
Die "New York Times" nennt als Beispiele für solche Kampagnen etwa einen Bericht des spanischen Untersenders von RT, dem globalen russischen Fernsehsender. Darin wurde eine Erklärung des iranischen Präsidenten zur Explosion im Al-Ahli Arab Hospital in Gaza erneut veröffentlicht. Ebrahim Raisi nannte die Explosion ein israelisches Kriegsverbrechen – während westliche Geheimdienste und unabhängige Geheimdienste zu dem Schluss kamen, dass die Rakete aus Gaza stammte.
Bei einer Explosion im Al-Ahli Arab Hospital in Gaza starben zahlreiche Menschen.Bild: AP / Abed Khaled
Sputnik India – ein weiterer russischer Sender im Ausland – soll zudem einen Militärexperten zitiert haben, der, ohne Beweise zu liefern, erklärte, dass die Bombe, die das Krankenhaus getroffen hat, aus den USA stamme. Zehntausende Menschen würden diese Beiträge sehen. Der Leiter des Global Engagement Center des US-Außenministeriums erklärte kürzlich in einem Interview: "Wir befinden uns in einem nicht erklärten Informationskrieg mit autoritären Ländern."
Die Hamas und ihre Unterstützer verfolgten eine ausgetüftelte Medienstrategie. Seit Beginn des Krieges fluteten Beiträge von diversen Bots Social Media. Darunter auch der Vergleich mit der Selbstverteidigung der Ukraine, die vom Westen als richtig anerkannt werde – und dem "Befreiungskampf der Palästinenser", der als Terror verstanden würde. Die Erzählung: die sind gegen uns.
Weltweit kommt es zu zahlreichen Pro-Palästina-Demos.Bild: AP / Ginnette Riquelme
Expert:innen gehen laut der US-Zeitung davon aus, dass die Pro-Hamas-Propaganda auch so gut ankommt, weil der Konflikt seit jeher emotional extrem aufgeladen ist. Aber auch die Bilder der Brutalität, mit der Israel auf den Überfall reagierte, emotionalisierten zusätzlich. Das Social-Media-Intelligence-Unternehmen Cyabra stellte fest, dass am ersten Tag nach Beginn des Krieges wohl etwa jeder vierte Account, der sich auf Social Media zum Krieg äußerte, gefälscht war. Und auch au Telegram würden zahlreiche Falschmeldungen geteilt.
Laut der Wissenschaftler:innen soll außerdem ein Netzwerk von Konten identische Nachrichten und Fotos unter dem Hashtag #AmericasponsorIsraelTerrorism veröffentlicht haben und damit innerhalb eines Tages mehr als 6000 Interaktionen erreicht haben. Laut Cyabra hatten diese Posts das Potenzial, 10 Millionen Zuschauer:innen zu erreichen.
Aber auch Israels Propaganda-Maschinerie läuft auf Hochtouren. Auf Tiktok etwa posten diverse Militärs regelmäßig Videos. Auch klassische Tiktok-Tanzvideos von israelischen Soldat:innen erreichen hohe Klickzahlen. Der Social-Media-Experte Martin Fuchs sagte dazu in einem früheren Gespräch mit watson: "Im Krieg gibt es keine Wahrheit, sondern nur die medial vermittelte."
Und weiter:
"Zum einen soll der Krieg normalisiert werden, die Bevölkerung soll neben all den schrecklichen Bildern positive Bilder sehen und es dient der internen Mobilisierung beziehungsweise Aufrechterhaltung der Kampfbereitschaft."
(Mit Material der dpa)
Der Krieg in der Ukraine produziert auch nach zweieinhalb Jahren neue Superlative des Grauens. Als besonders brutal stellen sich immer wieder russische Truppen heraus. Die Vorwürfe reichen von Missbrauch, Entführung von Zivilist:innen und Kindern, bis hin zu systematischer Folter, Vergewaltigung und Mord.